DFB-Elf und Fans feiern Erfolg Frauenfußball kann Stimmung
26.06.2011, 22:24 Uhr
Beeindruckende Choreographie auf den Rängen des Olympiastadions.
(Foto: dapd)
Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Stimmung beim Eröffnungsspiel der Frauenfußball-WM ist prima und die deutschen Spielerinnen lassen sich von der Rekordkulisse in Berlin nicht nervös machen. Die knapp 74.000 Zuschauer kommen, um zu feiern. Was sie auch dürfen. Denn Deutschland gewinnt gegen Kanada, wenn auch knapp.
Sie sind dann tatsächlich alle gekommen. Bundespräsident Christian Wulff nebst Gattin Bettina, Bundeskanzlerin Angela Merkel und auch Joseph Blatter, umstrittener Chef des Weltfußballverbandes Fifa. Vor allem aber die 73.676 anderen Menschen, die beim 2:1-Eröffnungssieg der deutschen Mannschaft gegen Kanada im Berliner Olympiastadion für einen Rekordbesuch bei einem Frauenfußballspiel außerhalb der USA sorgten.
Es war die stimmungsvolle, fröhliche Kulisse, die auch die Gäste aus Kanada mit warmem Applaus bedachte und auf die sich die Spielerinnen gefreut hatten. Auch wenn so mancher vorher geunkt hatte, sie könne das deutsche Team nervös machen. Schließlich sind bei den Spielen in der Frauen-Bundesliga im besten Fall einige Tausend Fans dabei, im Schnitt knapp mehr als 800. Und schließlich hatte Mittelfeldspielerin Kim Kulig schon bei den Proben für die Eröffnungsfeier am Freitag vor leeren Rängen gestaunt: "Ja krass, oh mein Gott. Und das machen die alles für uns?" Klar war auch: Simulieren kann man das nicht. Wie auch? "Wir können ja nicht einfach 74.000 Zuschauer einladen und das mal proben", hatte Torhüterin Nadine Angerer in der Woche vor dem großen Spiel gesagt. Aber ein ausverkauftes Olympiastadion – kann das nicht auch Angst machen? "Nö, das ist cool." War es dann auch.
"Nur für uns kommen die Zuschauer"
Der Mannschaft von Silvia Neid war die Last der Bürde, als großer Favorit in dieses Turnier zu gehen und alle erwarten, dass die Weltmeister wird, gegen Kanada kaum anzumerken. Auch wenn die deutsche Trainerin vorher sicherheitshalber schon gewarnt hatte: "Das ganze Spektakel darf nicht zum Hemmnis für die Mädels werden." Doch es war vielmehr so, wie es Kapitänin Birgit Prinz und ihre Kolleginnen vorher allesamt unisono und nicht ohne Stolz zu Protokoll gegeben hatten: "Nur für uns kommen die Zuschauer."
Spätestens am Sonntagmittag war in Berlin zu sehen, dass irgendetwas im Busch sein muss, das mit Fußball zu tun hat. Ob am Hauptbahnhof, am Zoologischen Garten, auf dem Kurfürstendamm, am Potsdamer Platz oder vor dem Brandenburger Tor, überall waren Menschen zu sehen, die ihr altes Deutschlandtrikot aus dem Schrank gekramt hatten und es mit sichtlicher Vorfreude auch trugen. Auch sehr beliebt: schwarz-rot-goldene Blumenketten und Hüte. Viele Frauen, Familien mit Kindern, aber auch Männer waren unterwegs. Wie das halt so ist, wenn ein großes Spiel bevorsteht. Noch nicht die ganz große Euphorie auf den Straßen und Plätzen, aber das Turnier hatte da ja auch noch gar nicht begonnen.
"Oh, wie ist das schön!"
Die im Stadion waren jedenfalls mit dem festen Vorsatz gekommen, einen schönen Spätnachmittag zu erleben – und das deutsche Team zu feiern. Es ist beileibe kein Phänomen des Frauenfußballs, dass sich das Geschehen auf den Rängen bisweilen von dem abkoppelt, was gerade auf dem Rasen passiert. Anfangs bedachten die Fans gar jeden gelungenen Pass mit Szenenapplaus, während das deutsche Team sich noch darum bemühte, überhaupt ins Spiel zu kommen. Und bereits vor dem Anpfiff schwappte die Welle durchs Stadion.
Die deutsche Mannschaft blieb bei ihren Anhängern nicht lange in der Bringschuld. Nach zehn Minuten köpfte Kerstin Garefrekes das erste Tor, drei Minuten vor der Pause erhöhte Celia Okoyino da Mbabi auf 2:0, alles prima, von Nervosität keine Spur. In einem einseitigen Spiel sorgte anschließend vor allem Alexandra Popp, die nach knapp 60 Minuten für Birgit Prinz in die Partie kam, für Schwung und gute Laune. Auch Popstar Fatmire Bajramaj durfte noch knapp 20 Minuten mitmachen, was das Publikum sichtlich goutierte.
Und spätestens als es im Olympiastadion nach gut 70 Minuten von den Rängen schallte: "Oh, wie ist das schön!", war klar: Frauenfußball kann auch Stimmung. Als die kanadische Fußball-Legende Christine Sinclair ein wunderschönes Freistoßtor zum 1:2 für die Gäste erzielte, legte die Kulisse sogar noch einen drauf, La Ola inklusive. Der erste Sieg ist eingefahren, der Anfang ist gemacht. Und auch wenn niemand weiß, wohin die Reise geht und wieviel Fahrt diese WM noch aufnehmen wird: Es war ein guter Anfang. Oder wie Silvia Neid es formulierte: "Das Publikum hat meine Erwartungen ganz klar übertroffen. Das war sensationell. Ich konnte kaum mein eigenes Wort verstehen. Die Fans haben alles gegeben."
Quelle: ntv.de