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Mit unheimlicher Zuversicht DFB-Team startet in die WM

Viele Vorschusslorbeeren, riesiges Selbstbewusstsein, grenzenloser Optimismus: Bereits vor dem WM-Auftakt gegen Australiens Defensivkünstler herrscht im DFB-Team eine ähnliche Euphorie wie nach dem erfolgreichen Start in die Heim-WM 2006.

Ob sie mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit im Konzert der Weltbesten mithalten können?

Ob sie mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit im Konzert der Weltbesten mithalten können?

(Foto: dpa)

Jetzt geht's los: Am dritten Tag der Fußball- Weltmeisterschaft greift auch die deutsche Nationalmannschaft in das Turnier in Südafrika ein. Um 20.30 Uhr (ZDF und im n-tv.de Liveticker) trifft das Team von Bundestrainer Joachim Löw in Durban auf Australien. "Wir haben uns eine gute Form erarbeitet", sagte Löw nach dem Abschlusstraining der DFB-Auswahl für das erste Gruppenspiel.

Elf Siege, vier Unentschieden und nur eine Niederlage 1982 in Spanien beim 1:2 gegen Algerien stehen für Deutschland in den WM- Auftaktspielen zu Buche. Bei den drei Titelgewinnen 1954, 1974 und 1990 wurde das erste Spiel jeweils gewonnen.

Zeigen, dass Lahm Recht hat

"Jetzt müssen wir uns beweisen", hat DFB-Teammanager Oliver Bierhoff vor der Abreise der deutschen Nationalmannschaft nach Durban zu ihrem ersten WM-Spiel gefordert. Bierhoff hat das nicht nur einfach so dahingesagt, er hat damit auf die Aussage des neuen Kapitäns Philipp Lahm angespielt. Der hatte das aktuelle Team als beste deutsche Nationalmannschaft bezeichnet hatte, in der er je gespielt hat und Lahm war seit 2004 bei allen großen Turnieren dabei.

Rückschläge bieten auch Chancen, sagt der Bundestrainer.

Rückschläge bieten auch Chancen, sagt der Bundestrainer.

(Foto: dpa)

Nicht nur Bierhoff findet: "Das ist eine starke Aussage. Jetzt muss die Mannschaft gegen Australien zeigen, dass er Recht hat." Fragt man bei Lahms Nationalmannschaftskollegen oder dessen Chef Joachim Löw nach, erntet der Ersatzkapitän viel Zustimmung. Vor allem bei der von WM-Keeper Manuel Neuer und Kreativspieler Mesut Özil angeführten siebenköpfigen U21-Europameister-Fraktion im WM-Kader sind Vorfreude und Optimismus groß. Klares Ziel ist es laut Özil, "in Südafrika den Titel zu holen. Dafür werden wir alles geben".

Unheimliche Zuversicht

Die Zuversicht, die das jüngste deutsche WM-Team seit 76 Jahren ausstrahlt, erscheint fast unheimlich angesichts der Probleme in der kurzen und zerfahrenen Vorbereitung, die im Winter schon denkbar schlecht angefangen hatte. Damals schwächte der DFB seinen Bundestrainer mit dilettantischen Vertragsverhandlungen. Später gingen Löw mit Stammkeeper Rene Adler, Mittelfeldabräumer Simon Rolfes und Kapitän Michael Ballack zentrale Teile seines WM-Puzzles verloren. Zuletzt mussten auch noch die Ersatzleute Christian Träsch und Heiko Westermann verletzungsbedingsbedingt absagen.

Trotzdem ist Löw überzeugt: "Wir hatten eine super Vorbereitung und sind sehr positiv gestimmt. Ich glaube, dass wir uns eine gute Form erarbeitet haben. Alle Spieler sind einsatzbereit." Die Mannschaft sei in den letzten Wochen, auch durch die Rückschläge, eng zusammengewachsen. Die vielen Ausfälle, sie bieten auch viele Chancen. Wo die Platzhirsche fehlen, können Neulinge nachrücken. Jeder kann und will sich anbieten. "Die Atmosphäre ist gut. Aber man merkt, dass keiner dem anderen etwas schenkt", beschrieb Bierhoff das Binnenklima: "Es ist eine Wettbewerbstimmung, jeder kämpft um seinen Platz."

Manuel Neuer hat erst fünf mal im deutschen Tor gestanden.

Manuel Neuer hat erst fünf mal im deutschen Tor gestanden.

(Foto: REUTERS)

Ob die jugendliche Unbekümmertheit, die Frische und der propagierte Optimismus im Konzert der Weltbesten tatsächlich schon die Unerfahrenheit des durchschnittlich knapp 25-jährigen Kaders ausgleichen können, muss sich schon gegen die robusten Australier zeigen. "Wir haben nicht viel Zeit, wir müssen die Leistungen jetzt abrufen. Gerade das Auftaktspiel ist für unsere junge Mannschaft eine harte Sache", mahnte Bierhoff.

Trochowski muss noch zittern

Nach dem Abschlusstraining am Samstagabend wollte Löw in Einzelgesprächen mit den Spielern nach und nach die Geheimnisse um die Startelf lüften, die eigentlich keine Überraschungen mehr sein können. Alles deutet darauf hin, dass der Bundestrainer in Durban jene Elf aufbieten wird, die schon bei der WM-Generalprobe gegen Bosnien-Herzegowina (3:1) erste Wahl war. Damals hatte die DFB-Elf vor allem in der zweiten Halbzeit überzeugt und die allerdings auch stark nachlassenden Bosnier spielerisch dominiert.

Philipp Lahm spielt seit 6 jahren in der Nationalmannschaft - erstmals übernimmt er die Kapitänsbinde.

Philipp Lahm spielt seit 6 jahren in der Nationalmannschaft - erstmals übernimmt er die Kapitänsbinde.

(Foto: dpa)

Im Tor wird der Schalker Manuel Neuer stehen, Deutschlands jüngster WM-Keeper seit Wolfgang Fahrian 1962. Der 24-Jährige brennt auf sein WM-Debüt, das erst sein sechstes Länderspiel sein wird. "Ich habe ein gesundes Selbstbewusstsein und weiß, dass ich meinen Mann stehen werde", sagte er nach der letzten Übungseinheit.

Vor ihm werden Lahm, Per Mertesacker, Arne Friedrich und Holger Badstuber die Abwehrreihe bilden. Das Mittelfeld stellen Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger, Piotr Trochowski, Özil und Lukas Podolski, die zentrale Spitze ist Miroslav Klose. Im rechten offensiven Mittelfeld ist am ehesten ein Wechsel möglich, falls sich Löw doch noch für den aufstrebenden Münchner Youngster Thomas Müller und gegen den in der Vorbereitung schwachen Hamburger Trochowski entscheidet. Der Mannschaft will Löw die Aufstellung erst in einer längeren Sitzung am Spieltag bekanntgeben.

Defensivkünstler aus Down under

Gegen die Australier müssen sich die Fans in der Heimat, die auf ein ähnlich stimmungsvolles Fest wie 2006 in Deutschland hoffen, wohl in Geduld üben. "Ich erwarte ein äußerst intensives Spiel und unglaublich viel Widerstand. Sie verteidigen enorm gut und sie haben einen leidenschaftlichen Kampfgeist", sagte Löw über den Gegner: "Es macht sie so stark, dass sie kein Spektakel bieten wollen." Lahm & Co. haben in der Vorbereitung viele Videos studieren müssen. "Da haben wir gesehen, wie stark die Australier sind. Sie haben in den letzten 27 Spielen 17 mal zu Null gespielt. Das zeigt, wie konsequent sie in der Abwehr sind, wie hart sie zur Sache gehen", bemerkte Bierhoff.

Australiens Trainer Pim Verbeek verhehlte nach dem letzten Training in Durban seine Taktik nicht: "Erstmal geht es darum, Tore zu verhindern", erklärte er. Löw will mit Offensive dagegen halten: "Wir wollen versuchen, zu agieren, um Australien in Verlegenheit zu bringen." Ziel sei es, "schnell nach vorne zu spielen".

Ballack fordert das Halbfinale

Eine Taktik, die dem spielfreudigsten deutschen Team seit langer Zeit ebenso entgegen kommen dürfte wie die Bedingungen im 70.000 Zuschauer fassenden Moses Mabidha Stadium in Durban. Auch am Abend herrschen dort noch angenehme 20 Grad, die Arena sei "toll" und der Rasen sei "sehr gut bespielbar", schwärmte Löw. Kurzum: "Es ist ideal, um Fußball zu spielen."

Das deutsche Team ist vom Auftaktsieg überzeugt. "Wir haben eine spielstarke Mannschaft, die Chancen kreieren kann. Wir haben mehr Spieler, die sich im Eins-gegen-Eins durchsetzen können, die technisch und taktisch gut sind", betonte Lahm. Der Beweis muss nun zunächst gegen Australien folgen.

Der verletzte Kapitän Michael Ballack hat die Messlatte vorab via "Bild" sehr hoch gelegt. "Das Halbfinale sollte es schon werden", findet der 33-Jährige und den jungen WM-Fahrern in seiner Zuversicht in nichts nach: "Die Jungs brennen, aber sie sind ruhig. Sie sind einfach gut drauf. Ich glaube, dass wir Australien schlagen."

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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