Umbruch im DHB-Team Hart kritisierter Kapitän Gensheimer tritt ab
12.08.2021, 10:10 Uhr
Gensheimer räumt seinen Posten.
(Foto: dpa)
Die deutsche Handball-Nationalmannschaft steht vor einem Umbruch. Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei den Olympischen Spielen verlässt Kapitän Uwe Gensheimer das Team. Auch Steffen Weinhold wird nicht mehr für den DHB auflaufen. Weitere Spieler wollen zumindest pausieren.
Kapitän Uwe Gensheimer hat nach dem enttäuschenden Olympia-Turnier seinen Rücktritt aus der Handball-Nationalmannschaft erklärt. Zudem muss Bundestrainer Alfred Gislason künftig auf weitere Routiniers verzichten, wie der Deutsche Handballbund (DHB) mitteilte. Neben Gensheimer steht auch Rückraumspieler Steffen Weinhold (THW Kiel) nicht mehr zur Verfügung, Abwehrchef Hendrik Pekeler (THW Kiel) will eine längere Pause vom Nationalteam einlegen und lässt künftige Einsätze für die DHB-Auswahl offen. Torwart-Oldie Johannes Bitter (HSV Hamburg) möchte nach der verpassten Olympia-Medaille in Japan nur noch im Notfall einspringen.
"Nationalspieler zu werden, war ein Kindheitstraum", sagte Gensheimer: "Den Adler auf der Brust zu tragen und Kapitän zu sein, war für mich immer eine riesige Ehre." Und weiter: "Ich blicke mit Stolz und Dankbarkeit auf eine lange Zeit beim Deutschen Handballbund zurück und werde die damit verbundenen Erlebnisse niemals vergessen." Der 34-Jährige setzt seine Vereinskarriere fort. Diese verbrachte er abgesehen von einem dreijährigen Einsatz für Paris St. Germain komplett bei den Löwen.
Gislason bemühte sich in einer Mitteilung des Deutschen Handballbundes (DHB) um Gelassenheit. "Alle vier werden der Nationalmannschaft fehlen, aber das ist der Lauf der Dinge. Auf ihren Positionen werden wir neue Spieler mit anderen Qualitäten sehen", erklärte Gislason. DHB-Präsident Andreas Michelmann bedankte sich bei allen Spielern. "Alle vier sind Gesichter unserer Sportart, haben das Publikum begeistert und viele Kinder motiviert", sagte er.
Bei Olympia nicht mehr Stammspieler
Die Nationalmannschaft steht damit vor einem personellen Umbruch. Der 34-jährige Gensheimer spielte zuletzt beim Turnier in Tokio nur noch eine Nebenrolle, statt seiner spielte zumeist Marcel Schiller. Davor aber zählte er jahrelang zu den Stützen des Teams. Nach seinem Länderspiel-Debüt im November 2005 feierte er 2016 seinen größten Erfolg im DHB-Trikot, als er mit dem Team Bronze bei Olympia in Rio gewann.
Bei der WM im Januar in Katar hatte er Kritik einstecken müssen, als er sich gegen Bewertungen seiner Leistung wehrte. Sein Weltklasse-Potenzial konnte er nicht ausspielen. Vielleicht ist es zu viel für ihn: ein wichtiger Spieler zu sein und Kapitän der Mannschaft. Seine Körpersprache erstaunt mich", hatte Markus Baur, DHB-Kapitän beim deutschen WM-Titel 2007, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" gesagt und damit Zweifel gesät, ob Gensheimer in seiner Rolle als Kapitän noch der Richtige ist. Der 34-Jährige wehrte sich harsch, auch mittels einer Verbandsmitteilung: "Die ständige externe Kritik empfinde ich als respektlos und mangelnde Wertschätzung. Was von außen an unsere Nationalmannschaft herangetragen wird, entspricht in keiner Weise meinen Werten sowie dem Zusammenhalt und Geist unseres Teams", wird Gensheimer darin zitiert, zu der sich der DHB genötigt sah.
Zu Olympia fuhr er zwar als Kapitän von Gislason, kam jedoch meist für Siebenmeter von der Bank zur Kurzeinsätzen. Sportlich schwerer wiegt für den Bundestrainer also der Verlust von Weltklasse-Abwehrspieler Pekeler und Rückraumspezialist Weinhold, auch der mittlerweile 38-jährige Bitter ist noch immer einer der besten deutschen Torhüter.
"Handball hat mich geformt"
"Was ich an Steffen und Peke habe, weiß ich seit unserer gemeinsamen Zeit beim THW Kiel", sagte Gislason über die beiden Profis des deutschen Meisters. "Und Jogi, den ich noch als jungen Mann beim SC Magdeburg kenne, ist ein extrem erfahrener Torwart." Selbst zuletzt in Japan, wo die deutsche Mannschaft bereits im Viertelfinale gegen Ägypten ausgeschieden war und damit die angepeilte Medaille verpasste, zählten Pekeler, Weinhold und Bitter noch zu den besseren Spielern einer ansonsten schwachen Auswahl. Vor allem Pekeler hatte sich seit seinem Länderspieldebüt im März 2012 Schritt für Schritt zu einem der herausragenden Defensivspezialisten der Welt entwickelt.
"Handball hat mich geformt und tut das noch immer, aber ich bin auch Vater von drei kleinen Kindern. Jetzt habe ich mich für meine Familie entschieden, die mich braucht", sagte Pekeler. Ob er überhaupt nochmal für die Nationalmannschaft auflaufen wird, lässt der Routinier offen. Für die anstehende EM im nächsten Winter wird Gislason ziemlich sicher nicht mit ihm planen können.
Quelle: ntv.de, ara/dpa