Meier-Plan wird hart attackiert Hingsen will "Zehnkampf nicht beschneiden"
06.07.2017, 14:45 Uhr
Stabhochsprung könnte nach der neuen Reform der Vergangenheit angehören.
(Foto: dpa)
Der Zehnkampf ist die Königsdisziplin in der Leichtathletik - aber er könnte nach dem Plan eines Ex-Athleten beschnitten werden. Doch der "Verzwerge"-Vorschlag von Paul Meier wird immer schärfer kritisiert. Dabei sind sich im Kern der Sache fast alle einig.
Jürgen Hingsen kann über die Idee nur lachen. Acht- statt Zehnkampf? "Das ist Schwachsinn, den Vorschlag finde ich voll daneben", sagte der deutsche Rekordhalter. Einen entsprechenden Reformvorstoß von Paul Meier kann Hingsen, der 8832-Punkte-Mann, nicht nachvollziehen: "Der Zehnkampf ist die Königsdisziplin der Leichtathletik, die sollte man nicht beschneiden." Das Rütteln am Mythos, für ihn ein No-Go. "Der König der Athleten sollte auch ein König bleiben", sagte Hingsen.
Meier sorgt mit seinem Vorschlag in der Szene derzeit für ordentlich Zündstoff, viele Athleten lehnen ihn ab, andere verstehen zumindest die Idee dahinter. Der WM-Dritte von 1993 hatte zuletzt einen Achtkampf ins Gespräch gebracht, um die Attraktivität des Mehrkampfes zu steigern. Dabei stellte der 45-Jährige - pikanterweise Präsident des Vereins Zehnkampf-Team - den Stabhochsprung und Diskuswurf zur Disposition.
Den Siebenkampf der Frauen will Meier zudem um eine Disziplin aufstocken. "Mir geht es nicht darum, den Zehnkampf abzuschaffen, sondern darum, den Mehrkampf attraktiver und zukunftsfähig zu gestalten", sagte Meier: "Wenn dazu Veränderungen notwendig sind, bin ich gerne bereit, darüber kontrovers zu diskutieren und revolutionäre Vorschläge einzubringen."
"Das ist kein seriös geführter Verein"
Der Vorschlag führte nun aber erst einmal dazu, dass unter anderem die beiden deutschen Top-Zehnkämpfer Rico Freimuth und Kai Kazmirek aus dem Zehnkampf-Team, einem Verein für Mehrkampf-Enthusiasten, ausgetreten sind. Auch Zehnkampf-Bundestrainer Rainer Pottel, Freimuths Coach Wolfgang Kühne sowie der ehemalige Vize-Weltmeister Michael Schrader erklärten ihren Austritt. "Wir können gerne über revolutionäre Ideen reden, aber nicht über die Abschaffung des Zehnkampfes", sagte Freimuth: "Wir lehnen den Vorschlag ab".
Zudem beklagte der Weltranglistenerste aus Halle (8663 Punkte), dass Meier nie mit ihm über das Thema gesprochen habe. "Das ist kein seriös geführter Verein", sagte Freimuth. Am Vorabend der WM-Qualifikation für London (4. bis 13. August) in Ratingen sei auf der Hauptversammlung des Zehnkampf-Teams zwar darüber gesprochen worden, aber da lag Freimuth schon im Bett. Und fühlte sich vom Lärm der anschließenden Party auch noch gestört. Grundsätzlich zeigte sich aber auch Hingsen offen für Reformen, etwa, um den Zeitplan bei internationalen Großereignissen zu straffen. "Vielleicht sollte man einen Stunden-Zehnkampf machen", sagte der Olympia-Zweite von 1984 - dabei werden alle zehn Disziplinen in 60 Minuten absolviert.
Den Weltrekord hält der Tscheche Robert Zmelik - mit immerhin 7897 Punkten. Meier geht es mit seinem Vorstoß vor allem darum, "wie wir die Zukunft unserer Sportart sichern und die Attraktivität steigern können." Der Mehrkampf verkomme bei den Großereignissen zunehmend zu einer "Randerscheinung", sagte er. Veränderungen seien "oft unbequem, und der Weg zu neuen Ufern ist oftmals beschwerlich und mit Opfern verbunden. Die Frage ist für mich vielmehr, ob der König der Athleten am Ende ein König ohne Königreich ist?"
Quelle: ntv.de, Kristof Stühm, sid