Zwei Ären geprägt Hitzfeld verlässt Bundeliga
16.05.2008, 12:58 UhrNoch einmal gibt der General das Kommando, dann ist auch die zweite Ära Ottmar Hitzfeld bei Bayern München beendet. Mit dem Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal verabschiedet sich der Erfolgstrainer vom deutschen Fußball-Rekordmeister - und er geht zufrieden, obwohl er das historische Triple mit dem angestrebten UEFA-Cup-Sieg durch das klare Halbfinal-Aus gegen den neuen Titelträger Zenit St. Petersburg verpasst hat.
"Ich freue mich seit langem auf diesen Tag, auf einen erfolgreichen Abschied. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass alles so erfolgreich verlaufen ist", sagt Hitzfeld kurz vor dem Bundesliga-Finale gegen Hertha BSC am Samstag (15.30 Uhr/live bei Premiere) und fügt mit Blick auf die Schwächeperiode im Herbst hinzu: "Ich möchte mir gar nicht ausdenken, was alles hätte passieren können, ich hätte ja auch entlassen werden können. Das wäre ein trauriger Abschied gewesen. Nochmal das Double zu holen ist eine große Bereicherung meines Lebens."
Angenehmeres Trainerleben in der Oase Schweiz
An dieser Leistung wird auch sein Nachfolger Jürgen Klinsmann gemessen werden. Hitzfeld sagt es so: "Ich gehe davon aus, dass Klinsmann einen neuen Lebensabschnitt bei Bayern beginnt und einige erfolgreiche Jahre vor sich haben wird. Er hat ja eine super Mannschaft. In der nächsten Saison hat man die Mannschaft, um auch in Europa mit um die Krone zu spielen." In der Champions League.
Wenn der ehemalige Bundestrainer die Mannschaft um Franck Ribery und Luca Toni übernimmt, um sie in die Moderne und an die Spitze der Königsklasse zu führen, beschäftigt sich Hitzfeld schon mit seiner neuen Aufgabe. Als Nationalcoach der Eidgenossen wird der 59-Jährige dem Fußball verbunden bleiben. Aber anders als im aufgeregten München soll die Schweiz wie eine ruhige Oase für ein anderes, ein angenehmeres Leben als Trainer sorgen.
Nächsten Ziel Südafrika
"Die Vernunft hat gesiegt", erklärt Hitzfeld seine Entscheidung, den Vereins-Fußball aufzugeben. Er freue sich darauf, jetzt nur noch 15 Spiele im Jahr zu haben und nicht mehr 60 oder 70, sagt der frühere Olympia-Auswahlspieler. Und außerdem sei es schon immer sein Ziel gewesen, "einmal eine WM als Trainer zu erleben". Das Ziel heißt Südafrika 2010. Nach dem Turnier endet sein Vertrag.
"Zu einem Klub ins Ausland wollte ich nicht mehr. Ich habe Real Madrid, Chelsea und ManU abgesagt", erklärte Hitzfeld jüngst in der Sport Bild: "Freiheit heißt nicht, dass man machen kann, was man will, sondern dass man nicht mehr machen muss, was man nicht will." Deshalb nahm er sich auch die Freiheit, im vergangenen Herbst eine konsequente Entscheidung zu treffen. Nicht lange nach der Verbal-Attacke von Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge ("Fußball ist keine Mathematik") kündigte der ehemalige Mathematik-Lehrer Hitzfeld an, am Saisonende zu gehen.
"Explosives Gebilde"
Er habe damals auch überlegt, weiterzumachen. "Aber die Presse ließ nicht mehr locker, wenn man einen Fehler macht. Die waren wie Hyänen hinter mir her. Da weiß man, auf welch wackligen Füßen das steht. Wie explosiv das Gebilde Bayern München ist. Das wollte ich mir nicht mehr antun", sagte Hitzfeld.
Viel gewinnen hätte er auch nicht mehr können. Wenn sich am Samstagabend mit der Meisterfeier auf dem Münchner Rathausplatz das jüngste Kapitel seiner beispiellosen Karriere schließt, kehrt Hitzfeld der Bundesliga als einer der erfolgreichsten Vereinstrainer der Welt den Rücken.
In insgesamt 24 Jahren bei den Schweizer Erstligisten FC Aarau und Grashopper Zürich sowie Borussia Dortmund und den Bayern holte der Ausnahmecoach 26 Titel - Höhepunkte waren die Champions-League-Siege mit dem BVB (1997) und den Bayern (2001). Allein fünfmal wurde Hitzfeld mit den Münchnern Meister, dreimal gelang ihm das Double.
Bayerns neue Zeitrechnung mit Klinsmann
Rummenigge beförderte den scheidenden Coach zuletzt zum "Vier-Sterne-General", Manager Uli Hoeneß betonte, dass man "immer befreundet" bleiben werde. Zwei Ären hat Hitzfeld bei den Bayern geprägt: Zunächst von 1998 bis 2004, dann beerbete er seinen Nachfolger Felix Magath am 1. Februar 2007. Wehmut sei nicht dabei, nun zu gehen, aber die Emotionen werden kommen, da ist sich Hitzfeld sicher: "Bis jetzt gab es noch keine Tränen. Ich muss immer auf die Zähne beißen, weil ich da schon sensibilisiert bin für solche Momente. Das wird sicherlich schwierig. Ich hoffe, dass ich das schaffe."
Wenn die Tränen getrocknet sind, soll mit Klinsmann eine neue Zeitrechnung beim erfolgreichsten deutschen Fußball-Klub anbrechen. Für den scheidenden Coach spiele das keine Rolle mehr, versichert er. Und doch spürt man, dass auch Hitzfeld gespannt ist, wie es unter seinem Nachfolger weitergeht: "Klinsmann bringt frischen Wind, weil er neu ist. Dann sehen wir weiter."
Von Maik Rosner, sid
Quelle: ntv.de