Sport

Motzen, meckern, Megastar John McEnroe - der ewige "Rotzbengel" des Tennis

Lockige Haare, rotes Stirnband - beides waren McEnroes Markenzeichen.

Lockige Haare, rotes Stirnband - beides waren McEnroes Markenzeichen.

Sein Name steht für Ausraster und Erfolge, seine schmerzhafte Tennis-Rivalität mit Björn Borg ist legendär. John McEnroe wird durch Wutanfälle und Schiedsrichter-Beschimpfungen ebenso bekannt wie durch sieben Grand-Slam-Titel. Nun feiert "Big Mac" seinen 60. Geburtstag.

Wäre es nach seinen Eltern gegangen, dann wäre John McEnroe Zahnarzt geworden. Vielleicht ist es ganz gut, dass es anders kam. Zum einen hätte die Sportwelt eine Ikone weniger gehabt. Zum anderen möchte man sich gar nicht vorstellen, wie John McEnroe in seiner bekannt motzenden Manier, mit der er die Schiedsrichter auf den Tennis-Plätzen dieser Welt anfauchte, zum verunsicherten Patienten auf dem Zahnarztstuhl sagt: "Haben Sie auch immer schön Zähne geputzt? Beantworten Sie die Frage! Haben Sie?"

McEnroes Meckereien sind ebenso legendär wie seine Erfolge auf den Tennis-Plätzen. Die britische Boulevardpresse hatte ihn bei seinen ersten Auftritten in Wimbledon als "McTantrum" (Wutanfall), "Superbrat" (Rotzbengel), oder auch "King Sneer" (König Hohn) bezeichnet. McEnroes Return kam knallhart: "Ich denke, London ist eine großartige Stadt, aber die Presse nervt."

"You cannot be serious"

McEnroe arbeitet heute als TV-Experte.

McEnroe arbeitet heute als TV-Experte.

(Foto: dpa)

Sein bekanntester Wutausbruch ist bis heute Kult - und brachte ihm sogar einen Werbedeal für eine Automarke ein. "You cannot be serious" - das kann nicht dein Ernst sein - ist ebenso untrennbar mit dem New Yorker verbunden wie seine einst langen, lockigen Haare oder das rote Stirnband. McEnroe hat mindestens so viele Schläger zertrümmert wie Turniere gewonnen und ist bis heute der größte Rüpel der Tennisgeschichte.

Er sei "sanfter" geworden, sagt der Jubilar, der am 19. Februar 1959 in Wiesbaden zur Welt kam, wo sein Vater als US-Soldat diente. Als McEnroe acht Monate alt war, zog die Familie nach New York. Hier wohnt er bis heute. Dem Tennis ist der ehemalige Weltranglisten-Erste natürlich noch verbunden - als Experte für ESPN und BBC. Und er pflegt auch weiterhin seine künstlerische Ader: McEnroe spielt liebend gern Gitarre und besitzt eine Kunstgalerie in Manhattan.

Giganten-Gipfel McEnroe gegen Borg

Wer McEnroe erwähnt, muss unweigerlich auch den Namen Björn Borg nennen. Der Schwede prägte ab Mitte der 70er-Jahre das Herrentennis - und der Amerikaner war ab Anfang der 80er sein größter Kontrahent. Das Wimbledon-Finale 1980 zwischen beiden galt bis zum Endspiel zwischen Rafael Nadal und Roger Federer 2008 an gleicher Stelle als das beste Match aller Zeiten. Es war ein Duell der Gegensätze. Der Gentleman aus Stockholm, der das Turnier die vorangegangenen vier Jahre gewonnen hatte, gegen den "Bad Boy" aus dem Big Apple, der im Halbfinale wegen Schiedsrichter-Beleidigung die erste Verwarnung in der Turniergeschichte bekommen hatte. "Björn war ein Gott in Wimbledon, er konnte einfach nichts verkehrt machen. Bei John hingegen kam schon beim Aufstehen Dampf aus den Ohren", sagt Mary Carillo, mit der McEnroe 1977 das Mixed-Turnier der French Open gewann

Beim Einmarsch begrüßte das ansonsten für seine Fairness bekannte Publikum McEnroe mit Buh-Rufen - ein Tabubruch im edlen All England Lawn Tennis and Croquet Club. Anschließend entwickelte sich ein Spiel, das der berühmte US-Tennis-Journalist Bud Collins mit "einem Schwergewichtskampf im Boxen" verglich. McEnroe verlor zwar in fünf Sätzen, doch sein unbändiger Wille hatte die englischen Zuschauer beeindruckt. Knapp zwei Monate später gewann McEnroe sein Heimspiel in New York und besiegte Borg im Finale der US Open.

Denkwürdiges Davis Cup-Duell gegen Becker

Seine Finalerfolge gegen den viele Jahre dominierenden Schweden in Wimbledon 1981 und bei den anschließenden US Open waren die Wachablösung im Herrentennis. Als sein Rivale Anfang 1983 im Alter von 26 Jahren überraschend sein Karriere-Ende bekannt gab, war es McEnroe, der versuchte, ihn zum weitermachen zu überreden. "Chris Evert und Martina Navratilova haben rund 80 Mal gegeneinander gespielt, bei Rafael Nadal und Novak Djokovic waren es ungefähr 50 Matches. Aber Björn und ich haben uns nur 14 Mal gegenübergestanden - das ist unglaublich enttäuschend", sagte McEnroe im Sommer 2018 im Gespräch mit dem englischen "Guardian".

McEnroe gegen Becker - ein "großartiges Match", wie der Amerikaner sagt.

McEnroe gegen Becker - ein "großartiges Match", wie der Amerikaner sagt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ebenso historisch wie seine Matches gegen Borg war das denkwürdige Davis Cup-Duell mit Boris Becker im Juli 1987 in Hartford/Connecticut. Rekordsieger USA und Deutschland spielten um den Verbleib in der Weltgruppe. McEnroe hatte vorher getönt, dass es "im schlimmsten Fall ein knapper 3:2-Sieg" für die Gastgeber werde. Doch letztlich gewann Deutschland 3:2. McEnroe verlor vor 16.000 euphorischen Fans ein episches Einzel gegen Becker trotz 2:1-Satzführung nach insgesamt 6:21 Stunden noch in fünf Durchgängen. "Ich habe alles gegeben. Es war schön, ein Teil dieses großartiges Matches gewesen zu sein. Aber ich hatte am Ende einfach nichts mehr zuzusetzen", sagte McEnroe.

Noch zwei bis zehn Jahre als Kommentator

Er war 170 Wochen die Nummer eins der Weltrangliste und gewann sieben Grand Slam-Turniere im Einzel, darunter dreimal Wimbledon. Seinen letzten Auftritt als Aktiver hatte McEnroe beim wichtigsten Rasenturnier der Welt 1999, als er mit Steffi Graf das Halbfinale im Mixed erreichte, ehe die Deutsche zurückzog, um sich auf ihre Einzel zu konzentrieren. Wie lange McEnroe noch als Tennis-Kommentator arbeiten will, weiß er nicht genau. Es können zwei, aber auch zehn Jahre sein, sagt der Amerikaner. "Und wenn es dann vorbei ist, werde ich hoffentlich körperlich und emotional stark genug sein, um das zu akzeptieren."

Quelle: ntv.de

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