Struff trotzt "brutalem Tag" Jule Niemeier gewinnt - auch dank ungewöhnlicher Methoden
04.07.2024, 05:58 Uhr
Jule Niemeier zeigte sich in guter Form.
(Foto: IMAGO/Hasenkopf)
Regen wirbelt in Wimbledon die Abläufe durcheinander. Jule Niemeier ist davon betroffen - und beeindruckt trotzdem. Sie greift auf ein besonderes Hilfsmittel zurück. Jan-Lennard Struff erledigt seine Aufgabe ebenfalls nervenstark.
Jule Niemeier setzte im regnerischen London erfolgreich auf ihr Notizbuch, Jan-Lennard Struff brauchte für sein Weiterkommen starke Nerven und Espresso. Im langen Schatten von Olympiasieger Alexander Zverev und an einem Wimbledon-Tag mit zahlreichen verschobenen und verlegten Matches sorgten die beiden Tennisprofis beim Rasen-Grand-Slam-Turnier für ganz unterschiedliche Stimmungsaufheller.
Die Wimbledon-Viertelfinalistin von 2022, Niemeier, zeigte sich bei ihrem nachgeholten Zweitrunden-Einzug in guter Form. Struff stellte sein bisher bestes Wimbledon-Resultat ein und steht nach dem 5:7, 6:3, 7:6 (7:1) 7:6 (10:8) gegen den Chinesen Zhang Zhizhen als erster deutscher Teilnehmer bereits in Runde drei. Dort wartet auf den 34-Jährigen der russische Weltklassespieler Daniil Medwedew.
Langes Warten mit Espresso
Es sei ein "ein schwieriges Match" gewesen, meinte Struff bei Prime: "Irgendwie musste ich einen Weg finden, das habe ich geschafft." Weil das schlechte Wetter mit immer wieder einsetzendem leichtem Regen den Ablaufplan mehrmals nach hinten verschob und ein langes Damen-Match vor ihm lief, kam Struff viel später dran als gedacht. Das Warten habe ihm Probleme bereitet, sagte Struff: "Es war ein brutaler Tag", meinte er: "Ich hab noch mal gepennt zwischendurch und zwei Espressi getrunken." Gegen Medwedew stehe er nun vor einer "brutal" schwierigen Aufgabe.
Gegen den an Position 32 gesetzten Chinesen leistete er sich im zwar zu einem ungünstigen Zeitpunkt eine Schwächephase bei eigenem Aufschlag und gab das Spiel zum 5:6 ab. Nach dem Satzrückstand und einer Regenpause drehte er aber die Partie. Im Tiebreak des vierten Satzes bewahrte die deutsche Nummer zwei auch bei drei Satzbällen gegen sich die Nerven.
Zverev und Co. mit Chance auf Runde drei
Daniel Altmaier wartete dagegen auf seinen Einsatz am Mittwoch vergeblich, seine Partie wurde abgesagt. Am Donnerstag möchte Tokio-Goldmedaillengewinner Alexander Zverev (gegen Marcos Giron aus den USA) Struff folgen. Laura Siegemund fordert die kasachische frühere Wimbledon-Siegerin Jelena Rybakina heraus.
Ob Niemeiers Leistung für einen Sieg gegen die Ukrainerin Jelina Switolina reicht, wird sich zeigen. Zum Auftakt gewann sie 6:2, 6:1 gegen Viktorija Golubic. Ihre höher eingestufte, aber chancenlose Schweizer Gegnerin blieb ratlos zurück. "Das Viertelfinale vor zwei Jahren hilft mir natürlich wenig, weil ich es natürlich besser machen möchte", sagte Niemeier.
Niemeier kritzelt Gedanken auf
In ihrer ursprünglich für Dienstag geplanten und am Mittwoch mehrfach verschobenen Partie half ihr auch ein Notizbuch. Was sie darin notierte, wollte die Dortmunderin allerdings nicht verraten. "Ich finde es sehr gut, Dinge aufzuschreiben, auch Gedanken aufzuschreiben, sich im Match noch mal kurz an Dinge zu erinnern", erklärte Niemeier. "Natürlich tut es auch mal gut, Sachen loszuwerden oder einfach kurz aufzukritzeln."
Vor zwei Jahren feierte Niemeier in traumhaften Wimbledon-Wochen an der Londoner Church Road ihren bisher größten Erfolg. Die geweckten Hoffnungen konnte sie allerdings nicht bestätigen und erlebte ein sehr schwieriges Jahr 2023. "Da habe ich auch ein bisschen den Spaß am Sport verloren. Es ist einfach schwierig, wenn man wenig Matches gewinnt", gestand die 24-Jährige. "Ich habe mich nicht gut gefühlt. Man will erfolgreich sein. Gerade nach dem Jahr davor, dass sehr erfolgreich war." Sie habe versucht, "einfach dran zu glauben, dass es alles wieder kommt". Das letzte Jahr sei abgehakt. "Ich glaube, man sieht, dass ich wieder Spaß habe und dass ich auf dem richtigen Weg bin."
Keine klare Antwort von Kerber
Niemeier verlängerte so ihren Wimbledon-Aufenthalt, was auch der dreimaligen Grand-Slam-Turniersiegerin Kerber zu gern gelungen wäre. Die 36-Jährige saß nach ihrem Erstrunden-Aus gegen die Kasachin Julia Putinzewa mit schimmernden Augen da und ließ die Frage nach ihrer Zukunft offen. Weder mit Ja noch mit Nein beantwortete sie, ob dies ihr letzter Wimbledon-Auftritt gewesen sei.
"Weiß ich nicht. Mit dem Gedanken bin ich nicht hergekommen", gab die frühere Nummer eins der Welt und Wimbledon-Siegerin von 2018 zu Protokoll, als sie den Tiefpunkt ihrer geliebten, aber diesmal trostlosen Rasensaison verdauen musste.
Emotional ging Kerber, die Turniersiegerin von 2018, auf ihre Wimbledon-Geschichte ein. "Wenn ich auf Wimbledon schaue, ist es gefühlt mein Turnier", sagte Kerber. "Ich habe immer noch die schönsten Momente im Kopf, und das wird auch so bleiben unabhängig von dem Match."
Quelle: ntv.de, Kristina Puck, dpa