
In Frankfurt bislang immer siegreich: Christian Eckerlin.
(Foto: Oktagon MMA)
Christian Eckerlin ist nicht nur der bekannteste und schillerndste Käfigkämpfer Deutschlands, sondern mittlerweile ein großer Youtuber. Mit seinem Einfluss will er den Sport in der Bundesrepublik "salonfähig" machen - und schielt bereits auf ein Megaevent in seiner Heimatstadt Frankfurt.
Kampfsportler jagen in der Regel den Titeln in den großen Organisationen auf dem Globus nach, für Christian Eckerlin ist Mixed Martial Arts (MMA) vielmehr zur Lebensaufgabe geworden. Der 37-Jährige ist das Gesicht der deutschen MMA-Szene und ein Missionar - weil er den Sport durch seine Vita und seine Persönlichkeit in Bereiche bringt, in die MMA sonst nur selten vordringt. Diese Rolle als kämpfender Botschafter des Sports nimmt er gerne an, wie er im Gespräch mit ntv.de erklärt.
"Man hat viel mehr Verantwortung", sagt Eckerlin (Kampfbilanz 15 Siege, 6 Niederlagen). Er wolle seine Situation nicht mit Conor McGregor vergleichen, "das wäre zu hoch gegriffen". Aber die UFC habe es schon vor McGregor gegeben und der Ire habe den Sport weltweit auf ein ganz anderes Level gebracht. "Und so sehe ich das hier in Deutschland auch. MMA war mal klein, aber durch meine Youtube-Arbeit und die Einblicke habe ich den Sport auch auf eine andere Plattform gehoben."
Die Youtube-Arbeit, von der der 37-Jährige spricht, erreicht mittlerweile Hunderttausende Menschen. Auf seinem Kanal zeigt Eckerlin nicht nur, was den MMA-Sport ausmacht, er spricht dort auch über seine bewegte Vergangenheit, seine Familie und seinen Alltag abseits des Käfigkampfes. Und das Leben des Christian Eckerlin darf man durchaus als bunt beschreiben: Er hatte in jungen Jahren einen Profi-Vertrag bei Darmstadt 98, führt in seiner Heimatstadt Frankfurt unter anderem ein Tabledance-Lokal und ein Bordell.
"Die Niederlage in Köln hat mich gewurmt"
Durch seine mediale Präsenz verlässt Eckerlin deutlich häufiger die sportliche MMA-Blase. Egal ob er Schauspieler oder Bundesligaprofis treffe, "MMA wird durch die Bank weg positiv wahrgenommen", sagt er. "Negatives Feedback gibt es von Leuten, die nur sehen, wie jemand auf dem Boden liegt und geschlagen wird. Da fehlt dann das Verständnis für den Sport, der im Bereich Technik und auch im Regelwerk sehr ausgereift ist. Nur wer sich damit befasst, weiß, dass man den Kampf in jeder Lage noch für sich entscheiden kann - selbst wenn man auf dem Rücken liegt."
MMA in der Gesellschaft "salonfähig" machen, sei das langfristige Ziel. Seine letzten Kämpfe zeigen, dass er auf einem guten Weg ist. In Frankfurt war die Festhalle, immer, wenn er in den Käfig gestiegen ist, ausverkauft. Bei seinem letzten Kampf im November in Köln kamen 20.000 Menschen in die Lanxess Arena. "Gänsehaut pur", sagt Eckerlin, wenn er daran zurückdenkt. Dabei hatte er den Kampf gegen Apollo Silva nach Punkten verloren. Nach drei Runden mit dem Brasilianer erklärte er im Käfig, dass die wahren Gewinner des Abends MMA Deutschland und die Fans seien. Die Auseinandersetzung war ohnehin beste Werbung für den Sport, hatte Elemente im Stand, am Boden, im Clinch und durch seinen Gegner auch ein bisschen Show und Provokation.
"Die Niederlage hat mich natürlich trotzdem gewurmt", sagt Eckerlin heute. "Wenn ich aktiver gewesen wäre, hätte ich ihm mehr Schwierigkeiten bereiten können. Mit runtergelassener Deckung hat mich Apollo aber geschickt aus dem Konzept gebracht. Insgesamt war es aber einfach nur ein Riesenerfolg für MMA Deutschland - und dafür kämpfe ich."
Brož hat einen Lauf, ist aber ausrechenbar
So soll es auch am 4. Mai in der Frankfurter Festhalle sein, nur mit anderem Ausgang. Gegen den Tschechen Miroslav Brož (Bilanz 17-3) ist ein Sieg fest eingeplant. "Das ist ein ernstzunehmender Gegner", meint Eckerlin. Brož kommt mit sieben Siegen in Serie nach Frankfurt. "Ein komplett anderer Kämpfer als Apollo. Er ist nicht so technisch, schwingt viel und kommt mehr über Kraft und Wille. Ich bin aber in allen Bereichen besser", gibt sich der Lokalmatador dennoch zuversichtlich. Der Schlüssel zum Sieg sei, in Bewegung zu bleiben. Sein 35-jähriger Kontrahent sei statisch und laufe immer sehr geradlinig nach vorne, "aber man muss auf alle Facetten im MMA vorbereitet sein. Das sind wir und dann wird Brož hier in Frankfurt durch die Hölle gehen."
Tickets gibt es keine mehr, das Event war nach sechs Tagen bereits ausverkauft. Per Pay-Per-View-Stream (PPV) lässt sich der Eckerlin-Kampf noch verfolgen. Die Festhalle sei der perfekte Ort, um Werbung für den Sport zu machen - "weil es so kompakt und von den Rängen sehr steil ist. Die Stimmung wird geisteskrank", verspricht Eckerlin.
Auch wenn der 37-Jährige mittlerweile mit seiner Familie auf dem Land lebt, ist die Liebe zu Frankfurt geblieben. "Ich liebe diese Stadt und ich habe ihr alles zu verdanken", sagt er. Er sei noch täglich wegen seiner Geschäfte und wegen des Trainings in Frankfurt. "Außer Sonntag - da ist Familientag", sagt er. "Es fühlt sich an, als hätte ich fünf oder sechs Jobs. An erster Stelle bin ich aber Familienvater. Wenn es auf den Kampf zugeht, hilft mir die Familie sehr, damit ich mich acht Wochen im Training vorbereiten kann. Ich habe Geschäftsführer, die dann die Geschäfte übernehmen. Und dennoch habe ich manchmal das Gefühl, die Familie kommt zu kurz - das bedauere ich am meisten."
Spätestens mit 40 will Eckerlin die Handschuhe an den Nagel hängen. Bis dahin habe er aber noch viel vor. Auf die Veranstaltung Oktagon 62 im Frankfurter Waldstadion blickt er bereits voller Vorfreude. Dort will er am 12. Oktober unbedingt in den Käfig steigen. "Das ist ein Kindheitstraum für mich. Ich war Fußballprofi und wollte immer für die Eintracht auflaufen. Das ist mir verwehrt geblieben. Dort jetzt zu kämpfen - ich kann das immer noch nicht glauben."
Stadion-Event mit Pütz, Coga, Weichel?
55.000 Menschen sollen dann Kampfsport in Stadionatmosphäre erleben. Es wäre auf deutscher Ebene eine Rekordkulisse. Die sechs Monate Vorlauf bis zum Event brauche es aber, um kräftig die Werbetrommel zu rühren, so Eckerlin. Er hofft, dass auch noch andere große Namen dabei helfen, damit das Stadion-Event ein Erfolg wird. "Die lokalen Kämpfer, die hier im MMA Spirit in Frankfurt ansässig sind, braucht es, denke ich. Ein Stephan Pütz, ein Max Coga, das sind Kandidaten. Aber vielleicht kommt auch Daniel Weichel zurück - für ihn wäre das sicherlich ein würdiger Abschied vom Sport." Man dürfe aber auch andere Kämpfer nicht vergessen, die eine große Fanbase haben.
Während die Veranstaltung im Stadion wie der Gipfel der sportlichen Wanderung für MMA in Deutschland wirkt, stellt sich schon die Frage, wer einmal den Staffelstab von Eckerlin übernimmt. "Das ist eine gute Frage. Er muss sportlich gut sein, reden können, die nötige Ausstrahlung haben - und vielleicht auch noch gut aussehen", sagt er und lacht: "Dieses Komplettpaket zu finden, ist schwer. Wir haben im MMA Spirit viele Talente, die sind vom sportlichen Teil super. Aber es fehlt noch der letzte Funke." Aber auch in diesem Bereich wolle er künftig mehr tun und junge Talente in ihrer Entwicklung fördern. Gegenwärtig müsse man aber nicht über Nachfolger nachdenken, "denn noch bin ich nicht am Ende", gibt sich Eckerlin kämpferisch.
Quelle: ntv.de