Fotofinish bei Tour de France Kittel sprintet hauchdünn zum Sieg
07.07.2017, 17:36 Uhr
Vorneweg ins Ziel: Marcel Kittel - das ist der Mann im blauen Trikot.
(Foto: REUTERS)
Der deutsche Radprofi Marcel Kittel gewinnt bei der Tour de France die siebte Etappe - und das hauchdünn. Damit feiert er seinen bereits dritten Tagessieg. Der 29-Jährige siegt nach 213,5 Kilometern im Massensprint vor Edvald Boasson Hagen und Michael Matthews.
Marcel Kittel sprintet bei der Tour de France weiter in einer eigenen Liga. Der 29-Jährige holte sich auch auf der siebten Etappe nach 213,5 Kilometer in Nuits-Saint-Georges den Sieg und egalisierte am 47. Geburtstag Erik Zabels dessen deutsche Bestmarke mit seinem insgesamt zwölften Tour-Tageserfolg. Diesmal war es für den Thüringer aber ganz knapp. Erst nach minutenlanger Auswertung des Zielfotos stand sein erneuter Triumph fest.
"Ich hatte keine Ahnung, ob ich gewonnen habe. Es war gerade so genug", sagte Kittel. Mit dem bloßen Auge war der Abstand auf den zweitplatzierten Norweger Edvald Boasson Hagen nicht zu erkennen. Wieder kam Kittel erst spät aus dem Windschatten seiner Konkurrenten, hätte sich allerdings fast verpokert. Die ersten ganz schweren Bergprüfungen am Wochenende kann der Quick-Step-Profi nun gelassen angehen. Er ist schon längst über dem Soll und trägt nun auch das Grüne Trikot, nachdem Konkurrent Arnaud Démare nur Elfter wurde.
Das starke deutsche Gesamtergebnis rundeten John Degenkolb auf Platz fünf, Rüdiger Selig als Siebter, André Greipel auf Rang neun und Rick Zabel am Ehrentag seines Vaters als Zwölfter ab. Zwischen den Weinbergen des Burgunds herrschte auf den letzten 40 km immer wieder einmal die Gefahr von Seitenwinden, die das Feld hätten auseinanderreißen können. Deshalb zeigte sich auch das Team Sky mit Titelverteidiger Christopher Froome oft an der Spitze, um für eine solche Situation gewappnet zu sein. Auf der ewig langen Zielgeraden war dann Geduld gefragt - und Kittel wartete bis zum letzten Augenblick.
"Derzeit ist Kittel der Schnellste"
Die Flachetappe hatte bis ins Finale das altbekannte Format. Einige Ausreißergruppen durften sich im Fernsehen zeigen, wurden aber unter Kontrolle gehalten. Wie in den Vortagen sparte Kittel dann auch Kräfte beim Zwischensprint. Das Gelbe Trikot des Gesamtführenden behauptete Froome problemlos. Die Konkurrenten hatten bereits nach dem zweiten Streich Kittels Überlegenheit anerkannt - ohne jedoch aufzugeben. "Derzeit ist Kittel der Schnellste", sagte etwa der Norweger Alexander Kristoff aus dem Team Katjuscha-Alpecin: "Wir müssen uns etwas Besonderes einfallen lassen oder auf einen Fehler hoffen, um ihn zu schlagen." Auch Greipel stellte nüchtern fest: "Kittel und Démare sind sehr stark in diesem Jahr."
Um auf das Niveau zu kommen, hat Kittel lange geschuftet. Nach seinem Seuchenjahr 2015 war er zwar schon im vergangenen Sommer wieder auf einem hohen Level, aber keineswegs derart dominant. "Es war ein harter Weg zurück." Es war auch ein Weg der Suche nach innerer Balance. Die Viruserkrankung und in der Folge die Tour-Ausbootung hatten ihn vor zwei Jahren an vielen Dingen zweifeln lassen. Gerade weil Kittel 2013 und 2014 bei der Tour zum weltbesten Sprinter aufgestiegen war. "In einer Karriere gibt es immer Hochs und Tiefs. Aber am Ende zählt, dass ich dieses Level und diese Siege wieder erreicht habe."
Am Wochenende treten die Sprinter um Kittel aus dem Rampenlicht. Es wird bergig bei der Großen Schleife, der Abschnitt am Samstag zur Station des Rousses im Jura darf als Ouvertüre angesehen werden. Am Sonntag aber müssen die Favoriten ihre Karten auf den Tisch legen. Das Teilstück zwischen Nantua und Chambéry betrachten viele Experten als die Königsetappe der 104. Tour. Sieben kategorisierte Anstiege stellen sich den Profis auf 181,5 Kilometer in den Weg, darunter drei der Sonderkategorie. Hier werden sich unter Froome und Co. die Kräfteverhältnisse offenbaren.
Quelle: ntv.de, sgi/sid