Job gerettet, Vertrauen verspielt Klinsmann ist "ein Kämpfer"
12.04.2009, 12:35 UhrDas Votum der treuesten Fans war eindeutig. Auch am Ende eines Spiels, in dem Bayern München mit einem lockeren 4:0 (3:0) gegen Eintracht Frankfurt seine letzte Titelhoffnung am Leben hielt und teilweise Wiedergutmachung für das Desaster von Barcelona leistete, forderten sie den Kopf von Trainer Jürgen Klinsmann. Dem rettete der Sieg den Job - der Stolz der Bayern aber ist nachhaltig verletzt, die Seele des Meisters hat irreparablen Schaden genommen.
Noch immer geschockt vom 0:4 beim FC Barcelona in der Champions League verweigerten die Bosse jeglichen Kommentar, nur Klinsmann und einzelne Profis stellten sich. Er habe Verständnis für die Fans, sagte Klinsmann - und hielt ein Plädoyer für seine längst nicht mehr sichere Weiterbeschäftigung. "Der Vorstand weiß sehr gut, was ich kann - und das werde ich mit aller Kraft und Freude weiter tun. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen fast jedes Spiel gewinnen, aber das werden wir auch", sagte er.
"Am Ende gab es ein Sommermärchen"
Der Rückstand auf Tabellenführer VfL Wolfsburg beträgt weiter drei Punkte. "Wir werden jetzt jedes einzelne Bundesligaspiel wie ein Endspiel angehen, um noch deutscher Meister zu werden. Und dass wir das schaffen, glauben wir", sagte der 44-Jährige. Dass über seine Nachfolge schon öffentlich diskutiert wird, nimmt er hin. "Das ist normal. Ich bin ein Kämpfer und habe schon extremere Momente erlebt, wie drei Monate vor der WM, als mich viele absägen wollten. Das hat man nicht geschafft und am Ende gab es das Sommermärchen."
An ein Happy End glaubt in München aber fast niemand. Gegen die Eintracht überzeugten die Bayern immerhin, doch sie glänzten nicht. Es gab tolle Tore von Franck Ribery (3.) und Luca Toni (17. ), dazu die Treffer von Lucio (36.) und Bastian Schweinsteiger (48. ) - doch "Frankfurt ist nicht Barcelona", merkte Kapitän Mark van Bommel an. Und wohl auch deshalb stellte Günter Netzer via Bild am Sonntag per Ferndiagnose fest: "Klinsmann ist bei Bayern gescheitert." Konkret wirft der Experte ihm "Arroganz und Selbstüberschätzung" vor.
"Stehen alle gemeinsam in der Scheiße"
Der Coach sitzt am Dienstag gegen Barcelona aber auf der Bank, und Jörg Butt steht dann wieder im Tor der Bayern. Am Samstag durfte er wie in Barcelona für Michael Rensing ran, weil er laut Klinsmann "zu einem Leader geworden ist". In einer "Phase, in der es in jedem Spiel um alles oder nichts geht", setzt er auf die Erfahrung des 34 Jahre alten Butt, der Rensing hier "einen Schritt voraus" sei.
Immer einen Schritt hinterher waren dagegen die Bayern zuletzt, das Trainer-Thema wollten sie am Wochenende aber nicht diskutieren. "Wir stehen alle gemeinsam in der Scheiße", sagte Lukas Podolski zu der anhaltenden Kritik an Klinsmann. "Nicht nur er, sondern auch die Mannschaft ist jetzt gefragt", meinte Schweinsteiger. Und van Bommel nahm die Kollegen in die Pflicht: "Wir müssen Meister werden. Noch ein Jahr im UEFA-Cup - das will ich nicht."
Kampfansage für Dienstag
Mit sieben Liga-Siegen und einem anständigen Abschied von der europäischen Bühne will Klinsmann retten, was langfristig nicht mehr zu retten scheint: seine Zukunft in München. Weil der Sieg gegen die allzu schwache Eintracht "nicht alles reparieren kann", was zuvor in Wolfsburg und Barcelona kaputt gegangen war, sollen die Zuschauer am Dienstag beruhigt werden. "Wir wollen Barca schlagen, auch wenn wir sie nicht mehr ausschalten können, und unsere Fans mit Leidenschaft, Kampf und Power versöhnen", sagte Klinsmann.
Weniger existentiell ist die Lage bei Frankfurt, das nach wie vor sechs Punkte vor dem Relegationsplatz liegt. Trainer Friedhelm Funkel sorgte sich eigentlich nur darum, den kurz nach Spielende startenden Flieger nicht zu verpassen. "Wir haben heute überhaupt nicht ins Spiel gefunden und die Stärken der letzten Spiele vermissen lassen", war noch sein griffigster Kommentar. Und der zum am Knie verletzten Benjamin Köhler: "Es sieht sehr, sehr schlecht aus."
Quelle: ntv.de, von Marco Mader, sid