"Wut, die in einem kocht" Klinsmann ist sauer
05.04.2009, 16:53 UhrNach dem Debakel gegen den VfL Wolfsburg hat sich Bayern Münchens Trainer Jürgen Klinsmann die Versager vom 1:5 vorgeknöpft. "Mir ist wichtig, dass jeder begreift, was auf dem Spiel steht: Das Jahr 2009 des FC Bayern, die Zukunft des FC Bayern", sagte Klinsmann und nahm nach einer Kabinen-Ansprache drei Tage vor dem Spiel gegen den FC Barcelona das Team in die Pflicht.
"Jeder muss Verantwortung tragen und den Kopf hinhalten. Ich habe zehn Monate den Kopf hingehalten." Alles sei noch zu gewinnen, betonte Klinsmann, der mit einem Aussortieren am Saisonende drohte. "Spieler müssen wissen, dass es irgendwann mal Konsequenzen geben kann."
Hausaufgaben für das Team
Nach der Demütigung durch die Niedersachsen und deren Trainer Felix Magath nahm Klinsmann noch eine nächtliche Analyse der "individuellen Fehler" vor und verspürte nach der höchsten Bayern-Niederlage seit über sieben Jahren eine "Wut, die in einem kocht". "Dementsprechend gab es eine deutliche Ansprache", berichtete Klinsmann von einem sachlichen, ruhigen Gespräch und gestattete danach "keine Diskussion".
"Die Spieler wurden mit der klaren Botschaft nach Hause geschickt, dass jeder nach Hause geht und sich Gedanken macht", sagte ein aufgewühlter Klinsmann.
Kritik an Magaths Torwartwechsel
Übel stieß beim Rekordmeister auf, dass Wolfsburgs Trainer Felix Magath in der Schlussphase den Wechsel von Andr Lenz für Stammkeeper Diego Benaglio in der 89. Minute vorgenommen hatte. "Wenn der gegnerische Trainer den Torwart auswechselt, tut das weh", merkte Klinsmann an. Kapitän Mark van Bommel kritisierte den Wolfsburger Coach, der sagte, den Austausch unabhängig vom Gegner vorgenommen zu haben. "Ich finde das respektlos, weil Magath auch hier gearbeitet hat. In meinen Augen ist das eine Demütigung, schlimmer geht es fast nicht", sagte van Bommel.
Gegenüber der "Welt" wies Magath die Vorwürfe des Münchner Kapitäns zurück. "Ich habe kein Verständnis für van Bommels Kritik. Das ist ein reines Ablenkungsmanöver. Er sollte sich besser um seine eigene Leistung kümmern", sagte der Wolfsburger Trainer. "Mit Provokation oder ähnlichem hat das nichts zu tun."
Bayern moralisch angeschlagen
Die spanische Presse indes erwartet nach der 1:5-Schlappe beim VfL Wolfsburg einen moralisch angeschlagenen deutschen Meister zum Champions-League-Gastspiel am Mittwoch beim FC Barcelona. "Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann wird nun wohl ein Handbuch über Psychologie für Fortgeschrittene zu Rat ziehen müssen, um seiner Elf für das Viertelfinal-Hinspiel bei Bara Mut zu machen", schrieb das in Barcelona erscheinende Fachblatt "Sport".
"Bei den Bayern stehen alle Alarmleuchten auf Rot. Die Abwehr der Münchner war durchlässig wie ein Sieb. Solche Niederlagen können Wunden hinterlassen, vor allem wenn man bedenkt, dass es am Mittwoch gegen Angreifer wie Lionel Messi, Samuel Eto'o oder Thierry Henry geht."
Guardiola fürchtet Trotzreaktion
Bara-Trainer Josep Guardiola meinte dagegen, dass die Blamage der Bayern für die Katalanen nicht von Vorteil sei. Die Münchner dürften nun in Barcelona auf Wiedergutmachung bedacht sein, betonte der Coach. "Die Bundesliga hat nichts mit der Champions League zu tun. Das 1:5 der Bayern ist für uns das denkbar schlechteste Ergebnis."
Demgegenüber geht das Sportblatt "El Mundo Deportivo" davon aus, dass beim FC Bayern nun eine Krisenstimmung aufkommen werde: "Man wird wieder über die Zukunft von Klinsmann diskutieren. Vielleicht wird in den zwei Partien gegen Barcelona sogar der Trainerposten auf dem Spiel stehen."
Das Madrider Sportblatt "Marca" brachte die Bayern-Pleite auf die Formel: "Die Bayern schießen sich vor ihrem Gastspiel in Barcelona selbst ins Bein. Der neue Tabellenführer der Bundesliga zermalmt die Klinsmann-Elf."
Klinsmann mit Verletzungssorgen
Hinzu kommt: Die Bayern haben vor dem Viertelfinal-Hinspiel in Barcelona mit neuen Verletzungssorgen zu kämpfen. So sei der Einsatz von Innenverteidiger Lucio am Mittwoch wegen Adduktorenproblemen fraglich, teilte der Verein mit.
Angeschlagen kehrten auch Franck Ribry (Fußprellung) und Philipp Lahm (Wadenprobleme) von der herben 1:5-Pleite beim VfL Wolfsburg zurück. Einem Einsatz der beiden in Barcelona steht aber voraussichtlich nichts im Wege. Innenverteidiger Daniel van Buyten weilt aus privaten Gründen weiter in seiner belgischen Heimat.
Quelle: ntv.de