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"Scheiß DFB" und Lob für DB Kurioser Darts-Abend in Berlin endet mit genervtem Star

Michael van Gerwen gewinnt das Finale von Berlin gegen Luke Littler mit 6:5.

Michael van Gerwen gewinnt das Finale von Berlin gegen Luke Littler mit 6:5.

(Foto: Jonas Hunold/PDC)

Michael van Gerwen hat den Premier-League-Spieltag in Berlin gewonnen. Im Finale setzt sich der Niederländer gegen den 17-jährigen neuen Stern am Darts-Himmel, Luke Littler, durch. Kurios war der Abend aus mehreren Gründen.

Michael van Gerwen war genervt. Dabei hatte der dreifache Darts-Weltmeister kurz vor Mitternacht das Finale des zweiten Premier-League-Spieltags in Berlin gegen Luke Littler gewonnen. Auf der kurzen Pressekonferenz nach dem 6:5 gegen das 17-jährige Wunderkind wollte "MvG" seinen jungen Gegner aber noch eine kleine verbale Watschn mitgeben, ihn zumindest ein wenig einnorden. So wirkte es jedenfalls, als van Gerwen auf die Frage, ob der Sieg über Littler ein besonderer Sieg sei, antwortete: "Nein, nichts Besonderes, das war kein spezielles Finale, wir werden in diesem Jahr noch zehnmal so ein Finale haben."

"MvG" gefällt es nicht, dass ein anderer Spieler mehr Aufmerksamkeit bekommt als er selbst. Die Erfolge von Littler nicht zu hoch hängen, die Begeisterung für das Darts-Wunderkind nicht noch zusätzlich befeuern. Das scheint die Strategie des niederländischen Superstars zu sein.

Wie es in Michael van Gerwen wirklich aussah, konnten die knapp über 10.000 Zuschauer in der Mercedes-Benz-Arena wenige Minuten zuvor sehen, als sich der Niederländer nach dem verwandelten Matchdart noch etwas mehr als üblich auf der Bühne aufplusterte, dicke Backen machte und seinen neuen Widersacher Luke Littler ein paar Sekunden über dessen verpasste Chancen nachdenken ließ. Der 17-jährige Engländer konnte sich mit Recht ordentlich ärgern, schließlich hatte er im entscheidenden Leg gleich zwei Chancen zum Matchgewinn auf sein Lieblingsdoppel 10 ausgelassen.

Das schmeckte van Gerwen richtig gut. Der 34-Jährige schnappte sich nach dem Erstrunden-Aus am ersten Spieltag in Cardiff vor einer Woche wichtige fünf Punkte für die Premier-League-Tabelle. Littler muss nach der Halbfinal-Teilnahme in der walisischen Hauptstadt auch nach dem Darts-Auftritt in der Bundeshauptstadt weiter auf den ersten Tagessieg warten, steht mit fünf Zählern aber punktgleich mit van Gerwen sehr gut da.

Weltmeister hat Leichtigkeit verloren

Tabellenführer nach Spieltag zwei ist weiter Michael Smith. Der Weltmeister von 2023 konnte spielerisch an das Niveau von Cardiff anknüpfen, der Tagessieg war dem "Bully Boy" dagegen nicht vergönnt. Im Halbfinale unterlag Smith mit 5:6 gegen Michael van Gerwen. Insgesamt wirkt der Engländer derzeit aber deutlich befreiter und unbekümmerter als voriges Jahr, als er nie so recht an seinen WM-Triumph anknüpfen konnte.

Der neue Weltmeister Luke Humphries scheint die Leichtigkeit der vergangenen Monate dagegen etwas verloren zu haben. In seiner Debüt-Saison in der Premier League steht der Weltranglistenerste nach zwei Spieltagen bei nur einem Sieg. Gegen Sorgenkind Peter Wright - dazu später mehr - gewann Humphries noch mit 6:4. Im Halbfinale war allerdings Endstation, gegen WM-Finalgegner Littler verlor "Cool Hand Luke" knapp mit 5:6.

Für Humphries war es bereits die dritte Niederlage in Folge im Duell mit dem 17-jährigen Riesentalent, das nach wie vor deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt als der Weltmeister. "Das stört mich persönlich nicht. Luke Littler ist großartig, er erzeugt mehr und mehr Lärm für unseren Sport. Das ist gut für Darts. Ich hoffe, er kann die Erfolge auch etwas genießen", sagte Humphries im ntv.de-Interview.

Der neue Weltmeister selbst, im Finale am 3. Januar mit 7:4 siegreich gegen Littler, habe seinen Triumph noch nicht richtig aufarbeiten können. "Es war ein sehr intensiver Januar für mich. Ich kann noch gar nicht glauben, dass das WM-Finale schon fünf Wochen her ist", kommentierte Humphries. "Ich wollte mir unbedingt das Finale anschauen, aber ich habe es immer noch nicht geschafft. Und die wenigen freien Tage wollte ich dann doch lieber mit meiner Familie verbringen."

Humphries hat seit dem WM-Titelgewinn mehr Spiele verloren als gewonnen, was nur bedingt an Jürgen Milski lag. An der Seite der 9Live-Legende war Humphries drei Tage nach dem Finale von London bei der Promi-Darts-WM früh ausgeschieden. Aber auch danach setzte es bei sämtlichen Turnieren jeweils ein schnelles Aus, zuletzt beim Masters sogar im Auftaktspiel gegen den späteren Champion Stephen Bunting.

Peter Wright verliert nur noch

Größere Sorgenkinder sind dann aber doch andere. Eher weniger Rob Cross, der zwar noch nicht sonderlich auffällt in dieser Premier-League-Saison, das aber sonst auch kaum tut. Dafür schon eher Nathan Aspinall. Sowohl in Cardiff als auch jetzt in Berlin verliert der Engländer seine Auftaktpartie. Dabei hatte er gegen Michael van Gerwen im ersten Spiel an diesem Donnerstagabend sogar mit 4:1 geführt. Und noch mehr ist Peter Wright ein einziges großes Fragezeichen. Der Weltmeister von 2020 und 2022 spuckt im Wochentakt große Töne, liefert aber nicht mehr ab. Nach seinem peinlichen Auftritt am ersten Spieltag zeigte sich "Snakebite" immerhin deutlich verbessert, zum Sieg reichte es im Spiel gegen Luke Humphries in Berlin aber trotzdem nicht.

Dieselbe Leichtigkeit der WM- und vergangenen Wochen strahlt dagegen Vizeweltmeister Luke Littler aus. Die Darts-"Atombombe" ("The Nuke"), wie Littler genannt wird, scheint die ersten Wochen und Monate als Profi auf der PDC-Tour zu genießen. Der 17-Jährige bekam auch am Berliner Abend die meiste Unterstützung der Fans, höchstens bei Michael van Gerwen sind die Darts-Zuschauer an diesen Tagen ähnlich enthusiastisch.

Nur für kurze Momente ließen sich die Fans in Berlin von der Begeisterung für Littler und die sieben anderen Premier-League-Akteure abbringen. "Scheiß DFB, scheiß DFL" stimmte ein beträchtlicher Teil der Zuschauer gleich mehrfach an. Die Fanproteste aus dem Fußball, sie waren auch beim Darts allgegenwärtig. Nicht der einzige kuriose Moment des Premier-League-Gastspiels in Berlin.

Gestört hat es Littler, selbst Fan des Investoren-geführten Manchester United, wenig überraschend nicht. Zumal die Fans gesanglich jeweils schnell ins "Littler-Wunderland" abgleiteten. Und selbst Littlers eigentlich eher austauschbarer Walk-On-Song - "Greenlight" von Pitbull - hat sich in wenigen Wochen zu einem beliebten Mitgröl-Hit für die Fans entwickelt.

Gerwyn Price lobt die Deutsche Bahn

Irrungen und Wirrungen sind es indes, die die Musikauswahl von Gerwyn Price derzeit am besten beschreiben. Jahrelang ging der "Iceman" zu den Klängen von "Ice Ice Baby" auf die Darts-Bühnen dieser Welt, nur unterbrochen von einem einmaligen "Roar"-Intermezzo (Katy Perry). Vorige Woche beim Heimspiel in Cardiff tönte dann plötzlich "Don't Stop Believin'" von Journey aus den Boxen. "Ich wollte die Menge etwas mehr einbeziehen. Ich werde den Song ein paar Wochen behalten. Wenn ich das Gefühl habe, dass es nicht mehr funktioniert, wechsle ich einfach wieder zu etwas anderem", sagte Price einen Tag vor seinem Berlin-Auftritt zu ntv.

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Gut 24 Stunden später hatte es sich der Waliser dann aber schon wieder anders überlegt. Price betrat die Bühne zu einem zumindest hierzulande völlig unbekannten Song aus Schottland ("Belter" von Gerry Cinnamon). Vielleicht hat sich Price einfach in der Woche vertan. Nächste Woche gastiert die Premier League in Glasgow.

Auch abseits der Walk-On-Thematik überraschte der "Iceman" in Berlin, am Vortag sorgte Price für offene Münder im Presseraum der Arena. "Berlin ist ein besonderer Ort. Die Zuschauer zeigen mir den größten Respekt." Price komme sehr gerne nach Deutschland, betonte der Weltmeister von 2021. "Ich mag das Essen, ich mag die Kultur, die Gebäude, ich mag alles. Ich mag es, dass die Züge pünktlich sind. Das ist in Großbritannien nicht der Fall", sagte der "Iceman" auf ntv.de-Nachfrage. Es ist ein guter Zeitpunkt, um diesen Text zu beenden. Kurioser als die Zeile "Darts-Star lobt die Deutsche Bahn für ihre Pünktlichkeit" wird es nicht mehr.

Quelle: ntv.de

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