"Warum all dieser Schmerz?" Kwang Hyouk Choi, ein Sportleben als Drama
15.03.2018, 12:10 Uhr
Kwang Hyouk Choi, paralympischer Eishockeyspieler.
(Foto: AP)
Es grenzt an ein Wunder, dass Kwang Hyouk Choi bei den Paralympics dabei ist. Geboren in Nordkorea, startet er in Pyeongchang für die Eishockeymannschaft aus Südkorea. Doch der Weg dorthin und sein früheres Leben verliefen dramatisch.
Wenn Kwang Hyouk Choi über seine Vergangenheit erzählt, verfinstert sich seine Miene. Am liebsten würde der 31-Jährige über diese dunkle Zeit seines Lebens "nicht mehr nachdenken". Es grenzt ohnehin an ein Wunder, dass Choi, der aus Nordkorea flüchtete und nun bei den Paralympics in Pyeongchang für Südkorea Eishockey spielt, überhaupt noch lebt. Der Reihe nach: Choi wächst im Nordosten Nordkoreas auf. Die Eltern lassen sich früh scheiden, er zieht als Siebenjähriger zur Oma, doch die stirbt zwei Jahre später. Er lebt fortan auf der Straße - und das in Zeiten der großen Hungersnot in Nordkorea zu Beginn der 90er-Jahre.
Choi ernährt sich von Essensresten und verdient sich etwas Geld, indem er in Zügen Lutscher verkauft. Da er sich kein Ticket leisten kann, fährt er heimlich auf den Trittbrettern oder Dächern der Waggons mit - mit schwerem Gepäck auf dem Rücken. 100 Lutscher wiegen rund 15 Kilogramm. Vier Jahre geht das so, bis Choi vor einen Zug fällt und sich dabei schwer verletzt.
Aufgrund der schlechten medizinischen Verhältnisse muss sein linker Fuß amputiert werden - und das ohne Betäubung, "denn Medikamente gab es nicht. In jedem anderen Land hätte mein Fuß operiert und gerettet werden können", sagt er. Da ist er 13. Es war eine Zeit, in der Behinderte in Nordkorea am Rande der Gesellschaft leben. Es sei damals ein Land gewesen, "in dem das Leben schon für Menschen mit gesunden Armen und Beinen schwierig war", erzählt Choi.
Neustart in Südkorea
Auch sein Leben bildet keine Ausnahme. Es gibt keine Prothesen, nur grobe Holzkrücken, die er aus Wut oft zerschmettert. "Ich dachte an Selbstmord", sagt er heute. Über einen Onkel und seinen Vater, der zu dieser Zeit bereits in Südkorea lebt, wird Choi als 14-Jähriger schließlich aus Nordkorea herausgeschmuggelt. Für ihn ist es ein Neustart. Er geht zur Schule, studiert Medizin-Technik - und trifft 2014 durch eine Fernsehsendung sogar seine Mutter wieder, die er 20 Jahre nicht gesehen hatte. Zum Para-Eishockey kommt er durch einen Lehrer. Sport ist wie eine Therapie für Choi, der 2017 erstmals fürs Nationalteam nominiert wird.
In Pyeongchang wäre er nun am liebsten ein ganz normales Mitglied seiner Mannschaft. Doch das funktioniert nicht. Er könne "der Aufmerksamkeit nicht entgehen", sagt er und sieht dabei nicht gerade glücklich aus. Immer wieder muss er seine dramatische Geschichte erzählen. Dabei könnte aus seiner Sicht alles so einfach sein: "Warum all dieser Schmerz, wenn wir in Frieden vereint sein können?"
Quelle: ntv.de, Thomas Niklaus, sid