Sport

Ohne Wunderanzug, mit Zweifeln Lochte läutet neue Rekord-Ära ein

Rekordmann Ryan Lochte. Mit seinem Weltrekord hat er ein Stück Schwimm-Geschichte geschrieben.

Rekordmann Ryan Lochte. Mit seinem Weltrekord hat er ein Stück Schwimm-Geschichte geschrieben.

(Foto: dpa)

Bei der WM 2009 fielen die 43 Schwimm-Weltrekorde zum Teil im Minutentakt, am Jahresende wurden die Wunderanzüge wieder verboten. Das warf die Frage auf: Wer setzt die nächste Bestmarke? Die Antwort: Ryan Lochte in Shanghai. Nur: Kann das sein? Der Zweifel schwimmt mit.

US-Superstar Michael Phelps hat in einem packenden Finale seinen Landsmann Ryan Lochte zum ersten Weltrekord seit Verbot der Hightech-Anzüge Ende 2009 getrieben. Über 200 Meter Lagen schlug Lochte nach 1:54,00 Minuten an und verbesserte seine eigene zwei Jahre alte Bestmarke um 0,10 Sekunden. "Eigentlich kann ich nur Yeah sagen. Wenn man einen Rekord bricht, dann ist das immer aufregend", sagte der Amerikaner sechs Tage vor seinem 27. Geburtstag: "Ich wollte einfach zeigen, dass das, was viele für unmöglich halten, möglich ist."

Im Duell mit Superstar Michael Phelps übertraf Lochte die Bestmarke über 200 Meter Lagen.

Im Duell mit Superstar Michael Phelps übertraf Lochte die Bestmarke über 200 Meter Lagen.

(Foto: dpa)

In einem packenden Rennen schlug Lochte wie schon über die 200 Meter Freistil vor dem 14-maligen Olympiasieger an, der kurz vor dem Ziel schon an den Sieg geglaubt hatte. "Ryan hat viele kleine Dinge verbessert", sagte Phelps über den Rivalen. "Rennen werden immer von denen gewonnen, die besser vorbereitet sind. Und um ehrlich zu sein, er war besser vorbereitet." 43 Weltrekorde hatte es bei der Schwimm-WM in Rom gegeben, dann hatte der Schwimm-Weltverband Ende 2009 die Kleiderordnung wieder geändert. Nun brach Lochte den Rekordbann. "Es werden noch mehr Weltrekorde fallen", sagte Bundestrainer Dirk Lange. Er hatte schon vor zwei Jahren prophezeit, die Bestmarken aus "Plastik" würden nicht ewig Bestand haben.

Der Zweifel schwimmt mit

Dass diese Bestmarken jetzt zu fallen beginnen, ruft aber auch Zweifel hervor, und Schuld daran ist der Welt-Schwimmverband. Die Wunderanzüge boten den Athleten durch ihren starken Auftrieb einen ungeheuren Vorteil. Sie führten dazu, dass viele Bestmarken nicht einfach verbessert wurden, sondern pulverisiert. Hinzu kam aber, dass der Schwimmsport seit Jahren als höchst anfällig für Doping gilt und es seit Jahren keine vernünftigen Wettkampf-Kontrollen gibt. 2009 in Rom verzichtete die FINA wieder einmal komplett auf WM-Bluttests - und heizte damit das Weltrekordfestival weiter an, monierten Experten mit Blick auf schwimmende Muskelberge wie den Franzosen Alain Bernard.

Aber: Der Zweifel schwimmt mit.

Aber: Der Zweifel schwimmt mit.

(Foto: AP)

Für die Titelkämpfe in Shanghai wurden zwar erstmals seit 2005 Blutkontrollen angekündigt. Trotzdem sagte Dopingjäger Werner Franke vorab: "Ich kann keinen ernsthaften Willen erkennen. Ich habe im Wesentlichen nur täuschendes und korruptes Verhalten in den letzten Jahrzehnten gesehen." Ins Bild passt da, dass gar nicht feststeht, wie viele Bluttests es geben soll. Das bleibt ein Geheimnis der FINA und bietet Verschwörungstheoretikern Raum für Spekulationen. Weil der Brasilianer Cesar Cielo vom Internationalen Sportgerichtshof CAS zudem trotz eines positiven Dopingtests ein Startrecht erhielt, lag schon vor Beginn der Wettkämpfe ein Schatten auf den Titelkämpfen.

DSV droht historisches Debakel

Während Lochte Geschichte schrieb, hatte Deutsche mit den Final-Entscheidungen nichts zu tun. Nach dem Absturz der Hoffnungsträger Marco Di Carli und Britta Steffen droht den deutschen Schwimmern bei der WM in Shanghai ein historisches Debakel. Mit nur drei Bronzemedaillen durch den entthronten Doppel-Weltmeister Paul Biedermann und die Freistilsprintstaffel der Frauen steuert der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) in Shanghai auf die schlechteste Ausbeute seiner WM-Geschichte zu.

Lediglich in zwei Halbfinals waren Athleten des Deutschen Schwimm-Verbandes vertreten. Für Kurzbahn-Europameister Yannick Lebherz bedeutete Platz zwölf in 1:58,56 Minuten beim Halbfinal-Erfolg von Lochte über 200 Meter Rücken die Endstation. Dagegen ließ Christian vom Lehn aufhorchen. Die Nummer zwei der aktuellen Weltjahresbestenliste war im Halbfinale in 2:08,44 Minuten der drittschnellste.

Deutsche Hoffnung: Der 19-jährige Christian vom Lehn geht mit Medaillenambitionen ins Finale über 200 Meter Brust.

Deutsche Hoffnung: Der 19-jährige Christian vom Lehn geht mit Medaillenambitionen ins Finale über 200 Meter Brust.

(Foto: dpa)

"Es war super, mit der Zeit bin ich voll zufrieden", sagte der 19-Jährige und darf an diesem Freitag (ab 12.00 Uhr) mit einer Medaille liebäugeln. "Er hat eine reelle Chance unter die ersten drei, vier zu kommen mit Option sogar noch oben", sagte Bundestrainer Dirk Lange. "Das sind die Jungs, die wir brauchen."

Wie in der Staffel über 4 x 100 Meter stand James Magnussen (Australien) auch im Einzel ganz oben auf dem Podest. 47,63 Sekunden standen in der Disziplin zu Buche, in der Marco Di Carli im Vorlauf gescheitert war. Weltmeisterin über 50 Meter Rücken wurde die Russin Anastasia Sujewa in 27,79 Sekunden. Über 200 Meter Schmetterling ließ die Chinesin Jiao Liuyang nach 2:05,55 Minuten ihre Landsleute jubeln. Über 4 x 200 Meter gewann die Frauen-Staffel der USA. Melissa Franklin, Dagny Knutson, Kathryn Hoff und Allison Schmitt schlugen nach 7:46,14 Minuten vor Olympiasieger Australien (7:47,42) und Titelverteidiger China (7:47,66) an.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

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