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Traumfinale bei der Darts-WM Luke Littler sprengt alle Dimensionen - und konkurriert mit Trump

Luke Littler kann am heutigen Freitagabend mit 17 Jahren Darts-Weltmeister werden.

Luke Littler kann am heutigen Freitagabend mit 17 Jahren Darts-Weltmeister werden.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Wer soll Luke Littler schlagen? Fünf Engländer haben sich im Laufe der WM daran versucht, das größte Talent der Darts-Geschichte zu bezwingen. Keiner hat es geschafft. Jetzt kann nur noch Michael van Gerwen den "Wunderjungen" stoppen.

Es läuft erst der dritte Satz im Halbfinale der Darts-WM zwischen Luke Littler und Stephen Bunting, da weiß Michael van Gerwen schon längst, gegen wen er im Endspiel am heutigen Freitagabend im Londoner Alexandra Palace antreten muss. Während der dreifache Weltmeister aus den Niederlanden seine Sieger-Pressekonferenz nach dem kompromisslosen 6:1-Sieg über Chris Dobey abhält, guckt van Gerwen kurz zum Fernseher. "Wenn Stephen weiter die Doppel nicht trifft, wird Luke auch 6:1 gewinnen", sagt der 35-Jährige und sollte mit der Prognose genau ins Schwarze treffen.

Eine Dreiviertelstunde später ist auch das zweite Halbfinale der Darts-WM 2025 im "Ally Pally" vorbei. Luke Littler bezwingt seinen englischen Landsmann Stephen Bunting ohne Probleme mit 6:1. Genau so hatte es "MvG" zuvor vorausgesagt.

Damit hat eine an Geschichten wie immer reiche, zwischen den Feiertagen teils spektakuläre, aber im neuen Jahr oft einseitige WM ihr Traumfinale: Der dreifache Weltmeister Michael van Gerwen trifft auf den 17-jährigen "Wunderjungen" Luke Littler. "MvG" selbst hat seinen Finalgegner so getauft. Und der Niederländer greift mit diesen Worten keineswegs zu hoch ins Regal.

Wird Littler Weltmeister vor der Volljährigkeit?

Luke Littler sprengt alle Dimensionen des Denkbaren. Erst am 21. Januar wird der Engländer volljährig. Mit 16 Jahren zieht Littler im Vorjahr bei seinem WM-Debüt bereits ins Endspiel ein, wird dort aber von Luke Humphries gestoppt. Auf den Tag genau ein Jahr später nimmt "The Nuke" (Die Atomwaffe) den zweiten Anlauf. Zwei Weltmeisterschaften, zwei Finalteilnahmen. Hintereinander haben das überhaupt erst sieben Spieler in der Darts-Geschichte geschafft.

Als van Gerwen 2014 erstmals Weltmeister wurde, war Littler sechs Jahre alt. Elf Jahre später kann der junge Engländer zum jüngsten Weltmeister aller Zeiten werden. Für den Rekord hat Littler sogar "noch viele Jahre Zeit", merkt van Gerwen an. "Ich wäre überrascht, wenn er es nicht schafft."

Littler aber will es natürlich unbedingt heute schon schaffen. Der 17-Jährige könnte Darts-Weltmeister werden, bevor er ein Auto steuern darf. Der Irrsinn hat einen Namen: Luke Littler.

Mit dem glatten Sieg über Stephen Bunting hat der Teenager seine Ambitionen eindrucksvoll untermauert. Dabei hatte sein Gegner stark begonnen. Doch Littler, immer eine Antwort parat, gewann den ersten Satz trotz eines herausragenden 113-Punkte-Averages von Bunting. Und während sein 22 Jahre älterer Gegner, immerhin die neue Nummer fünf der Weltrangliste, entscheidende Doppel immer wieder ausließ, spielte Littler beeindruckend konsequent eine 4:0-Führung heraus.

Nur wenige Minuten nach der Prognose von Michael van Gerwen, kassierte der 17-Jährige zwar einen Satzverlust zum 1:4, doch Bunting ließ fahrlässig mehrere Möglichkeiten zum 2:4 in den Sätzen aus. Littler bedankte sich herzlich, mit einem Checkout auf das Bullseye. Mittiger als Littler kann man den kleinen roten Knopf im Zentrum des Dartboards nicht treffen. Mit dem 5:1 ist die Partie endgültig entschieden. Bunting hat nichts mehr entgegenzusetzen und muss seinen Traum vom WM-Titel begraben.

"Ich habe keinen Druck"

Littler dagegen kann längst mehr als nur träumen. Nach den bisherigen Leistungen in diesem Turnier und einem herausragenden Debüt-Jahr auf der Profitour geht der junge Engländer sogar als leichter Favorit ins Endspiel. "Es war bislang ein erstaunliches Turnier für mich. Die Leute sagen, dass ich den Titel während der gesamten WM im Auge hatte. Aber nach der ersten Partie gegen Ryan Meikle habe ich einfach nur alles besiegt, was ich vor mir hatte", sagte Littler mit gewohnt leiser Stimme auf der Pressekonferenz nach dem Halbfinal-Sieg.

Vor dem Auftaktmatch gegen Außenseiter Meikle hatte Littler bei seiner Rückkehr in den "Ally Pally" erstmals so etwas wie Druck verspürt und das auch zugegeben. Darunter litt sein Spiel. Nur dank eines Kraftakts setzte sich Littler mit 3:1 durch und legte damit den Grundstein für das zweite WM-Finale im zweiten Jahr. Im Anschluss an das Auftaktspiel musste Littler vor allem im Achtelfinale beim knappen 4:3-Sieg gegen Ryan Joyce zittern. Dass es auf dem Weg ins Endspiel nicht in jeder Runde einfach war, könnte "The Nuke" rückblickend sogar geholfen haben. "Das war eine wirklich gute Herausforderung für mich", blickte Littler auf Nachfrage von ntv.de auf den Moment zurück, in dem alles auf der Kippe stand. "Der Sieg hat mir viel Selbstvertrauen gegeben."

Im Finale sieht sich Littler in einer komfortablen Situation. "Ich habe keinen Druck", meint der 17-Jährige. "Wahrscheinlich wird Michael das über sich auch sagen. Aber ich will einfach dieses Spiel genießen, gut reinkommen und den ersten Satz gewinnen. Wenn nicht, dann dreh' ich das Ding hoffentlich."

Littler hat die nötige Ruhe

"The Nuke" ist definitiv alles zuzutrauen. Auch, weil Littler trotz seines Status als britischer Sportstar den Fokus auf die Darts nicht verliert. Am Board zählt es. Das notwendige Brimborium drumherum fährt Littler auf Sparflamme. Pressekonferenzen mit dem Teenager sind wahrlich keine Quelle der Euphorie oder der bedeutungsvollen Worte. Littler spielt sein Programm ab, im Hintergrund sorgen seine Eltern und sein Management dafür, dass der nun zweifache WM-Finalist die Ruhe bekommt, die er für den Titel-Coup braucht. Das klappt in diesem Jahr außerordentlich gut.

Im Vorjahr sah das noch etwas anders aus. Littler stand für gefühlt jeden als Interviewpartner zur Verfügung, machte jeden Quatsch mit und fand sich dann auch im Boulevard-Teil britischer Medien wieder. Littler ließ sich beim Döneressen ablichten, seinem Ritual nach jedem Sieg. Seine damalige Freundin wurde unfreiwillig zum Thema in den Boulevardmedien. Klatsch und Tratsch um Littler sind auch diesmal nicht aus der Welt, allerdings deutlich geringer ausgeprägt als bei der WM 2024.

Drittmeiste Google-Suchanfragen

Stattdessen mischt Littler plötzlich auch außerhalb des Dartsports im Konzert der ganz Großen mit. Kurz vor der WM wurde Littler von der BBC zur "Nachwuchs-Sportpersönlichkeit des Jahres" gewählt. Bei der Wahl zur "Sportpersönlichkeit des Jahres" wurde Littler zudem Zweiter, einzig besiegt von 800-Meter-Olympiasiegerin Keely Hodgkinson.

Vor der Ankunft von Littler im Darts-Olymp waren Auszeichnungen dieser Kategorie undenkbar für Dartspieler. Der 17-Jährige erschließt neue Märkte und jüngere Zielgruppen. Es wagen sich auf einmal Sponsoren an den Sport heran, die vor Littler nicht einmal darüber nachgedacht haben, die eigenen Produkte ausgerechnet im Rahmen von Darts-Übertragungen zu bewerben.

Wie groß die Popularität von Littler inzwischen ist, zeigt auch eine Auswertung von Google. Laut des Internetriesen war der Name Luke Littler die am dritthäufigsten gesuchte Person in der Online-Suchmaschine - nur Prinzessin Kate und Donald Trump wurden noch häufiger ins Suchfeld eingegeben. Mittlerweile lässt sich die Geschichte des Pfeilesports in zwei Zeitalter pressen: Es gibt Darts vor Littler und es gibt Darts mit Littler.

Michael van Gerwen? Hat besonders starke Nerven

Die Voraussetzungen auf die WM-Krönung stehen gut für den "Prinzen des Alexandra Palace". Littler wirkt unbezwingbar. Halbfinal-Gegner Bunting und Viertelfinal-Kontrahent Nathan Aspinall wurden jeweils früh im Spiel von der unglaublichen Scoring-Wucht Littlers gebrochen. Wenn ihn aber einer besiegen kann, ist es Michael van Gerwen.

Der Niederländer hat im Laufe der vergangenen Spiele eine verloren geglaubte Qualität zurückgewonnen. Der Weltmeister von 2014, 2017 und 2019 gewinnt Legs, gewinnt Sätze, gewinnt Spiele, die kaum zu gewinnen sind. Für van Gerwen allerdings schon. Im Viertelfinale gegen Callan Rydz sprach so gut wie jede Statistik gegen "MvG". Das Match gewann der Niederländer trotzdem.

Auf sein starkes Timing und auf besonders starke Nerven in wichtigen Momenten setzt Michael van Gerwen auch heute. Über das Scoring wird "MvG" den amtierenden Vize-Weltmeister nicht eindämmen können. Aber auf die Doppel könnte etwas gehen. Wenn die Sätze eng sind, ist van Gerwen oft zur Stelle. Die letzten sieben Sätze, die über die vollen fünf Legs gingen, gewann "MvG" in diesem Turnier alle. "Wenn ich etwas tun musste, habe ich es in den richtigen Momenten getan. Das ist es, was man tun muss, wenn man Spiele gewinnen will", kommentierte van Gerwen seine derzeit größte Stärke.

Eine Prognose, wie das Endspiel gegen Littler ausgehen wird, gab "MvG" aber nicht ab.

Quelle: ntv.de

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