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"Sind nicht fertig mit der EM" Makellose Volleyballerinnen überraschen

Das größte Versprechen des deutschen Volleyballs: Camilla Weitzel.

Das größte Versprechen des deutschen Volleyballs: Camilla Weitzel.

(Foto: imago images / East News)

Sechs Siege in Serie - und die deutschen Volleyballerinnen haben noch lange nicht genug. Im EM-Viertelfinale vor 12.000 Zuschauern in Lodz gegen Gastgeber Polen setzt das Team um Camilla Weitzel und Louisa Lippmann auf Qualität, Charakterstärke und Selbstbewusstein.

Die Annahme flog perfekt ans Netz, Denise Hanke wählte ein schnelles Zuspiel in die Mitte, wo Camilla Weitzel herangeflogen kam und den Ball mit brachialer Gewalt im gegnerischen Feld versenkte. Die Szene war nicht nur bemerkenswert, weil sie perfekt inszeniert wurde, sondern auch, weil es der Matchball im Spiel gegen Russland war. Die Überflieger Europas, der 17-fache Titelträger, den Deutschlands Volleyballerinnen seit 16 Jahren nicht mehr bezwungen hatten. Nun war es also mal wieder so weit.

Das dritte Vorrundenspiel war bislang das Glanzlicht einer Europameisterschaft, bei der die Frauen des Deutschen Volleyball-Verbandes eine makellose Bilanz vorzuweisen haben: Fünf Siege in der Vorrunde, dazu das souveräne 3:0 im Achtelfinale gegen Slowenien - das Team hat bei den kontinentalen Titelkämpfen, die in der Türkei, Polen, Ungarn und der Slowakei stattfinden, Eindruck hinterlassen. Nun geht es an diesem Mittwoch (ab 20.30 Uhr bei Sport1) im Viertelfinale in Lodz gegen die Polinnen. "Es läuft sehr gut", sagt Felix Koslowski. Der 35 Jahre alte Bundestrainer gehört zu den zurückhaltenden Vertretern seiner Zunft, doch wenn er auf das Auftreten seiner Auswahl bei der EM angesprochen wird, gerät er ins Schwärmen.

Im Grunde sei ein Gegner wie Russland für sein Team, das sich mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren noch im Aufbau befinde, eine Nummer zu groß. Die eigentliche Leistung habe das Team allerdings in den Partien danach geliefert. "Da hat es seinen wahren Charakter gezeigt", betont Koslowski. "Solch eine Sensation an einem perfekten Tag, das kann schon mal passieren. Aber du musst es in den Spielen danach weiter professionell durchziehen. Und das haben die Mädels getan." Es sei stets aufs Neue "überrascht, mit welcher Klasse und Souveränität die Mannschaft im Momentum spielt".

Camilla Weitzel trägt die Hoffnung

Koslowski leitet das Team seit November 2015 und ist selbst noch ein junger Trainer. Dieses deutsche Team vermittelt den Eindruck, dass es sich auf einem guten Weg befindet. Wobei er auch neben dem Feld sieht, "wie sich die Persönlichkeit entwickelt, wie das Selbstbewusstsein täglich wächst". Das Paradebeispiel dafür ist Camilla Weitzel, der ihr Trainer "eine überragende Europameisterschaft" attestiert. Aufgewachsen in Landau in der Pfalz, entschied sie sich im zarten Alter von 13 Jahren, nach Dresden zu wechseln, um die Strukturen beim VC Olympia zu nutzen. Mit nun 19 Jahren gilt sie als größtes Versprechen des deutschen Volleyballs, nebenbei absolvierte sie ihr Abitur mit einem Schnitt von 1,0.

Kenner der Szene vergleichen sie bereits mit Christiane Fürst, deren Werdegang hierzulande immer noch als Blaupause für eine perfekte Karriere am Netz gilt: 345 Länderspiele, dreifache Champions-League-Gewinnerin, Klubweltmeisterin und beste Mittelblockerin dieses Planeten. Die Athletin, die in Italien, der Türkei und Japan gut bezahlte Verträge erhielt, erlernte ihr Handwerk ebenfalls in Dresden. Nun soll ihr Camilla Weitzel folgen und eine große Karriere starten. Koslowski findet es bemerkenswert, "wie sie verinnerlicht, dass sie auf diesem Niveau mitspielen kann. Dass sie einfach hier hingehört".

Demnächst in Shanghai: Louisa Lippmann.

Demnächst in Shanghai: Louisa Lippmann.

(Foto: imago images / Newspix)

Eine andere Spielerin, die dieses Prädikat für sich in Anspruch nehmen kann, ist Louisa Lippmann. Die 24-Jährige sticht aus einem Team heraus, bei dem die Brechstange nicht im Werkzeugkasten zu finden ist. "Gegen die Top-Sechs in Europa können wir physisch nicht mithalten", sagt Koslowski. Um das Manko zu kompensieren, muss die deutsche Mannschaft auf eine stabile Annahme bauen und daraus ein schnelles Angriffsspiel aufziehen. Louisa Lippmann ist die Einzige, die Punkte auch mit roher Gewalt erzwingen kann. "Ich denke, das bringt meine Position mit sich", sagt die Herforderin, "Diagonalangreiferinnen sind ja immer die Hau-Drauf-Spielerinnen."

Wie gut die Deutsche das macht, hat sich auch international herumgesprochen: Louisa Lippmann wechselt in der neuen Saison aus Florenz nach Schanghai, wo sie einen gut dotierten Vertrag erhält. Doch erst einmal ist sie beim Viertelfinale gefordert. Dann wartet vor knapp 12.000 frenetischen Zuschauern in der Atlas-Arena in Lodz gegen Gastgeber Polen die nächste besondere Herausforderung auf das junge deutsche Team. "Die spielen eine starke Saison und dürfen zuhause vor ihrem Publikum antreten", sagt Koslowski, der allerdings auch um die kämpferischen Qualitäten seiner Spielerinnen weiß: "Wir werden alles, was wir haben, auf den Platz werfen. Wir sind noch nicht fertig mit dieser EM."

Quelle: ntv.de

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