Sport

Überflieger, Fighter, Zocker Medwedew - das "eigenartige" Tennis-Genie

Daniil Medwedew siegt und siegt und siegt - und verliert aktuell frühestens im Finale, wenn überhaupt.

Daniil Medwedew siegt und siegt und siegt - und verliert aktuell frühestens im Finale, wenn überhaupt.

(Foto: imago images/Imaginechina)

Sechs Finals in Folge, drei Turniersiege, schon Nr. 4 der Welt: Daniil Medwedew ist derzeit der "beste Spieler" auf der Tennis-Tour. Die Konkurrenz ist überzeugt: Der 23-jährige Russe wird Grand Slams gewinnen. Seinen Durchbruch verdankt er einer radikalen Wandlung.

Sein perfektes Wochenende hat sich Daniil Medwedew schnell ausgemalt. "Ich würde rund um die Uhr Playstation zocken", sagte der 23 Jahre alte Tennis-Jungstar jüngst im Interview mit dem russischen Verband. Und sein größter Makel? "Zu viel Playstation." Auch sein größtes Talent abseits des Tennisplatzes hatte Medwedew direkt parat. "Ich war früher wirklich gut auf der Playstation", scherzte er, sogar "genauso gut wie der Typ, der eben die russische Fifa-Meisterschaft gewonnen hat".

Weil Medwedew dann aber doch nicht Tag für Tag stundenlang vor der Konsole saß, ist aus ihm auch ein ganz guter Tennisspieler geworden. Sogar "der beste Spieler der Welt momentan", wie Alexander Zverev nach seiner deutlichen Finalniederlage gegen den Russen beim Masters in Shanghai lobte.

Daniil Medwedew ist aktuell der beste Spieler der Welt - sagt Alexander Zverev.

Daniil Medwedew ist aktuell der beste Spieler der Welt - sagt Alexander Zverev.

(Foto: imago images/Xinhua)

Der heißeste Spieler ist Medwedew derzeit zweifelsohne: 29 seiner 32 Matches seit Ende Juli gewann er - bei sechs Turnierteilnahmen standen sechs Finals zu Buche, dreimal hielt Medwedew die Siegertrophäe in den Händen. Seinen ersten Grand-Slam-Titel verpasste er bei den US Open in einem Fünfsatz-Krimi gegen Superstar Rafael Nadal nur hauchdünn.

"Eine große Zukunft"

"Er hat eine große Zukunft vor sich und wird bestimmt einige Grand-Slam-Turniere gewinnen", sagte Nadal im Anschluss über Medwedew, der mit seinem cleveren, unkonventionellen und nahezu fehlerlosen Spiel gepaart mit einer Riesenportion Coolness und unbändigem Willen seine Gegner reihenweise zur Verzweiflung treibt. Schon bis auf Rang vier der Weltrangliste stieß Medwedew auf diese Weise vor, beim Heimturnier in dieser Woche in seiner Geburtsstadt Moskau soll der Lauf weitergehen.

Die Weichen dafür hatte das Schicksal schon früh gestellt. Die Eltern wollten ihren sechsjährigen Sohn eigentlich zum Schwimmtraining schicken, aber "in dem Moment, als wir am Pool ankamen, sahen wir eine Ankündigung für Tennis-Klassen", erzählte Medwedew. Also ging es auf Anraten des Vaters zum Tennis. Eine weise Entscheidung - auch wenn Medwedew sein emotionaler Charakter lange im Weg stand. Vor allem als Jugendlicher habe er große Probleme mit Wutausbrüchen gehabt, erzählte er: "Viele Leute dachten wohl, der Typ ist völlig wahnsinnig."

"Manchmal versteht man Genies nicht"

In Wimbledon hatte er vor zwei Jahren einer Schiedsrichterin aus Unzufriedenheit über deren Leistung Münzen vor den Stuhl geworfen. Und erst bei den US Open legte er sich wiederholt mit den Zuschauern an - mit Kämpferqualitäten und Charme eroberte er deren Herzen wieder zurück. "Ich finde, dass ich eine eigenartige Person bin", sagte Medwedew, der neben Russisch auch fließend Englisch und Französisch spricht, in Monaco lebt und großer Fan von Bayern München ist. Zudem besitzt er einen Abschluss an einer auf Mathematik und Physik spezialisierten Schule. "Es ist, wie wenn man ein Genie trainiert", berichtete Coach Gilles Cervara: "Manchmal versteht man Genies einfach nicht."

Dass Medwedew nun von einem Erfolg zum nächsten eilt, hat er einer radikalen Wandlung vor anderthalb Jahren zu verdanken. Als damalige Nummer 65 der Welt beschloss er, härter zu trainieren, stellte die Ernährung um und vergrößerte sein Team durch einen Mentaltrainer und einen Physio. Und dazu, erzählte er, sei er nun "nicht mehr die ganze Nacht auf einer Party, und ich spiele während der Turniere auch weniger auf der Playstation". Dafür ist an perfekten Wochenenden genug Zeit.

Quelle: ntv.de, Tobias Schwyter, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen