Eisschrank, DJ Ötzi, Bettnässer Miesestem Mahomes droht eisigste aller Niederlagen
13.01.2024, 08:25 Uhr
Findet Patrick Mahomes mit seinen Kansas City Chiefs gegen die Miami Dolphins wieder in die Spur?
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Achtung, Eisschrank-Gefahr: Bei minus 20 Grad steigt das hitzigste Duell der ersten Runde der NFL-Playoffs zwischen den Kansas City Chiefs und den Miami Dolphins. Superstar-Quarterback hat aber ganz andere Probleme, er spielt so schlecht wie nie zuvor. Dazu lauert noch eine weitere Bedrohung.
Als die Kansas City Chiefs und die Miami Dolphins letztes Mal aufeinandertrafen, rastete ganz Football-Deutschland aus. Drei Millionen Tickets hätten verkauft werden können. Der Super-Bowl-Sieger und die damals beste Offensive der NFL waren Anfang November zu Gast in Frankfurt, erstere setzten sich in einem spektakulären Duell durch - und die deutschen Fans sangen und tanzten zu DJ Ötzi und Country Roads. Das zweite Germany Game der Geschichte mutierte zu einem riesigen Erfolg.
Jetzt heißt es aber: Playoffs, K.-o.-Spiel, es geht um alles. Dass die Klubs sich so schnell, in der Wildcard-Runde bereits (2 Uhr in der Nacht auf Sonntag/live im Free-TV bei RTL), wiedertreffen, hätten beide nicht gedacht. Und froh darüber sind die Superstar-Teams garantiert nicht. Denn es lauert die große Gefahr, die Ambitionen und Hoffnungen einer gesamten Saison in nur 60 Minuten in den Sand zu setzen.
Ein Aus bereits in der ersten Runde der Playoffs wäre nach einer spektakulären bis turbulenten Spielzeit für die Dolphins, die die NFL Mitte der Saison dominierten, ganz bitter. Ein K.o. der Chiefs aber wäre gar eine Sensation - obwohl der amtierende Meister genauso wie Miami mit einigen Problemen in die Playoffs startet. Und dann kündigt sich ja auch noch das Eisschrank-Wetter mit minus 20 Grad Celsius an.
Chiefs
Dieses Jahr ist alles anders in der AFC. Die Chiefs sind zum ersten Mal, seit Patrick Mahomes 2018 ihr Starting Quarterback wurde, nicht mehr das Team, das es in der Conference zu schlagen gilt. In jeder Saison seit Mahomes' Durchbruch, fünfmal in Folge, stand das Team von Cheftrainer Andy Reid im Championship Game der AFC. Dreimal zog es in den Super Bowl ein. Experten sprachen vom Beginn einer Dynastie, wie es sie im Football nur ganz selten gibt. Doch in dieser Saison schwächeln die Chiefs. Und nicht nur phasenweise.
Mit einer Bilanz von elf Siegen bei sechs Niederlagen (seit 2017 waren sie nicht mehr so schlecht) sind die Chiefs zwar immer noch Favorit im Wildcard-Spiel gegen die Dolphins (über deren noch größere Probleme später mehr). Aber vor ihnen liegt der wohl schwerste Weg zum Super Bowl in der AFC und sogar in der NFL: Sollte der Champion die Dolphins schlagen, müsste er danach wohl zu den Buffalo Bills reisen, wenn diese wie erwartet den Underdog Pittsburgh Steelers schlagen. Alle Fans des American Footballs erinnern sich noch an den epischen Thriller-Sieg der Chiefs über die Bills vor zwei Jahren in der zweiten Runde der Playoffs.
Anschließend müssten sie nach Baltimore zu den Ravens, dem zuletzt besten Team der gesamten Liga, mit dem wahrscheinlichen MVP: Quarterback Lamar Jackson. Ein weiterer Super-Bowl-Ring scheint für Seriensieger Mahomes und Co. diesmal beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, obwohl man den besten Quarterback der Welt natürlich nie abschreiben darf. Allerdings: Ist er das überhaupt noch?
Mahomes spielte die schlechteste Saison seiner Karriere. MVP wird er definitiv nicht. Der Quarterback und seine Mitspieler wirkten teilweise müde, uninspiriert und nicht mehr so hungrig, wie vor den vielen Erfolgen. Auch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Mahomes warf sieben Yards pro Versuch, ein Karrieretief. Dazu gelangen ihm nur 27 Touchdown-Pässe (Rang acht in der NFL), der niedrigste Wert in einer Saison seit 2019, als er 26 warf, aber nur 14 Spiele bestritt. Im Gegensatz dazu misslangen so viele seiner Versuche wie nie zu vor, was im Karrierehoch von 14 Interceptions resultierte. Seine einst so mächtige Offensive fiel ligaweit in dieser Saison auf Platz 14 bei den erzielten Punkten und Platz elf bei der offensiven Effizienz ab.
Das liegt auch daran, dass der Rest des Chiefs-Angriffs, der zu sehr auf Pässen basiert und viel zu wenige Läufe unternimmt, ebenfalls stotterte. Immer wieder rieben sich die Anhänger des Champions die Augen, erst verwundert und bald verzweifelt, als Passempfänger selbst einfachste Zuspiele fallen ließen. Kansas City führt die NFL mit 38 fallen gelassenen Pässen an, drei mehr als das zweitplatzierte Team (Cleveland Browns). Wenn man nur nach Wide Receivern filtert, führen die Chiefs immer noch bei den Drops mit 25 - sieben mehr als die zweitplatzierten Los Angeles Rams.
Tight End Travis Kelce hat wie Mahomes die schlechteste Saison seiner Karriere hinter sich, zum ersten Mal seit 2015 keine 1000 Receiving Yards erreicht und nur einen Durchschnitt von 10,6 Yards pro Catch (ein absolutes Karrieretief) auf den Rasen gebracht. Dabei hieß es zu Beginn der Saison noch, seine Liebschaft mit Sängerin Taylor Swift verleihe ihm und seiner Mannschaft Flügel. Können die Kansas City Chiefs in den Playoffs nun doch noch den Schalter umlegen, wie es etwa den New England Patriots mit Tom Brady nach durchwachsenen Saisons oft gelang?
Dolphins
Als erster Gegner stellen sich die Dolphins dem Meister auf der schwierigen Mission Titelverteidigung in den Weg. Doch dies ist nicht mehr das Team vom September, das mit imposanten Auftritten und einem 70-Punkte-Spiel die Football-Fans begeisterte. Die gesamte Mannschaft hat abgebaut, auch der zuvor hochgejubelte Quarterback Tua Tagovailoa schwächelte immer mehr. Immerhin: Nach schweren Gehirnerschütterungen und Ausfällen im vergangenen Jahr absolvierte er diese Saison alle 17 Spiele.
Zwar besitzt Miami immer noch die beste Offensive der Liga, aber nach 32 Punkten pro Spiel in den ersten 12 Duellen, erzielte der Klub nur noch 22 in den letzten fünf. Drei der letzten fünf Partien gingen verloren. Darunter die herbe 19:56-Klatsche gegen die Ravens - und die emotionale Pleite gegen die Bills am vergangenen Wochenende. Die 14:21-Pleite war ein Schlag in die Magengrube für die Dolphins, die zuvor immer an erster oder zweiter Stelle in der AFC standen, nun aber auf Platz sechs abfielen.
Dadurch verpuffen die großen Träume vom dritten Super-Bowl-Sieg nach 1972 und 1973, die einige Anhänger heimlich gehegt hatten während der dominanten Herbst-Wochen. Und auch die kleinen Träume vom ersten Playoff-Sieg seit 2000 werden geschmälert. Denn nun müssen die Dolphins zu den Chiefs. Ins kalte Kansas City (für Samstagabend sind minus 20 Grad Celsius und starker Wind angesagt, was besonders den Quarterbacks und Passempfängern auf beiden Seiten zusetzen dürfte) anstatt zu Hause, im warmen Miami (derzeit 25 Grad), gegen die Steelers zu spielen. "Miami darf sich bei diesem Wetter keinerlei Hoffnung machen", sagte Analyst Stephen A. Smith vom TV-Sender ESPN. "Die einzige Chance, die Miami hat, ist, dass die Receiver von Patrick Mahomes den Football fallen lassen."
In Frankfurt hatte die Offensive ihre liebe Mühe gegen Kansas City (zweiter Platz im Defense-Ranking). Doch die Achillesferse des Teams aus Florida ist die Defensive. Sie hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr zwar verbessert, ist aber längst noch nicht elitär (Rang zehn). Und die Einheit, die die meiste Zeit der Saison gespielt hat, ist nicht die, mit der die Dolphins in die Postseason gehen werden. Das Team hat mit so vielen Verletzungen zu kämpfen, dass Experten damit rechnen, dass das Team noch kurzfristig Free Agents aufsammeln wird. Etwa die beiden besten Edge Rusher, Jaelan Phillips und Bradley Chubb, fallen bis zum Saisonende aus.
Die Jagd um den Super Bowl ist eröffnet. "Alles oder nichts" heißt es ab dem 13. Januar, wenn die NFL in den K.-o.-Modus schaltet. Wer schafft den Sprung ins Endspiel in Las Vegas? RTL überträgt die Spiele der Conference Championships live im Free-TV:
- Kansas City Chiefs @ Baltimore Ravens: Sonntag, 28. Januar 2024, ab 20.55 Uhr live bei RTL (Kickoff 21 Uhr) oder im Livestream auf RTL+
- Detroit Lions @ San Francisco 49ers: Montag, 29. Januar 2024, ab 0.30 Uhr live bei RTL sowie online im Livestream auf RTL+
Zwar kehrten in dieser Woche zwei Stars zurück. Aber Running Back Raheem Mostert (Knie/Knöchel), der die NFL mit 18 Touchdown-Läufen anführte, und Receiver Jaylen Waddle (Knöchel) sind ebenso nicht bei hundert Prozent wie Tyreek Hill (Knöchel). Der Superstar-Passempfänger, der möglicherweise zum Offensivspieler des Jahres gewählt wird, hat sich gegen seinen ehemaligen Klub sicherlich viel vorgenommen. Gegen die Bills sah er zuletzt jedoch schwach und erschöpft aus. Dass Hill ausgerechnet in den Playoffs zum ersten Mal an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt, sorgt für zusätzliches Drama. Kann Miami die Saison noch retten?
Wer gewinnt?
Bei diesem Eisschrank-Wetter? Auswärts im lauten Arrowhead Stadium? Mit diesen Verletzungen in der Defensive? Nach den jüngst schwachen Auftritten? Eigentlich dürfte niemand einen Cent auf die Dolphins verwetten. Hinzu kommt Miamis miserable Statistik gegen Teams, die es am Ende in die Playoffs schafften, in diesem Jahr: ein Sieg, fünf Niederlagen, darunter auch sehr hohe Pleiten, als die Ausfälle in der Abwehr noch nicht so enorm waren. "Ich habe es satt, dass sie jedes Mal das Bett nässen, wenn sie gegen starke Konkurrenten antreten, wenn wir Erwartungen an sie haben und sie diese nicht erfüllen", wetterte ESPN-Analyst Smith.
Mahomes hat dagegen im heimischen Arrowhead eine Bilanz von neun Siegen und zwei Niederlagen in der Postseason. Gegen die Dolphins soll Erfolg Nummer zehn hinzukommen, auch wenn natürlich die minus 20 Grad sein Spiel ebenfalls auf den Kopf stellen könnten. Der Quarterback konnte sich immerhin genauso wie Co-Superstar Kelce und viele Starter ausruhen am vergangenen Wochenende, während die Dolphins mit dem Spiel am Sonntag und der Auswärtsreise weitaus mehr Strapazen und weniger Zeit für Erholung hatten.
Weil Miami einige offensive Waffen besitzt und der Angriff um Mahomes schwächelt, wird es knapp. Wie in Frankfurt werden die Chiefs aber am Ende die Oberhand behalten - nur DJ Ötzi schallt dann wohl kaum aus den Boxen.
Quelle: ntv.de