Start der NFL-PlayoffsWem gelingt der harte Weg nach "The Big Easy"?

Die reguläre Saison ist vorbei, jetzt heißt es in der NFL: siegen oder fliegen. In den Playoffs kann jedes Spiel das letzte sein. Wer verliert, hat Pause bis zum Herbst. Das große Ziel: der Super Bowl am 9. Februar in New Orleans.
Die schlechte Nachricht zuerst: der letzte Monat der NFL-Saison hat begonnen, in knapp vier Wochen ist alles schon wieder vorbei. Aber, und das ist die gute Nachricht, jetzt fängt die schönste, die spannendste, die geilste Zeit der Saison an. It's Playoff time. 14 Mannschaften, 13 Spiele, zwei Super-Bowl-Teilnehmer, ein Champion: "tis the season"!
Der Weg nach "The Big Easy", wie die Mississippi-Metropole New Orleans im Bundesstaat Louisiana aufgrund ihrer lockeren Lebensart auch heißt, wird hart, steinig und für das Gros vorzeitig enden. Ein Blick auf die fünf Teams, die als heißeste Titelanwärter gelten.
Meistertipp für Konservative? Kansas City Chiefs
Auf einen Super-Bowl-Sieg der Kansas City Chiefs (haben zum Playoff-Auftakt als Nummer eins der AFC spielfrei) zu tippen, ist in etwa so "waghalsig", wie sein Geld auf einen Deutschen Meistertitel der Fußballer des FC Bayern München zu setzen. In den vergangenen fünf Jahren haben Patrick Mahomes, Travis Kelce und Andy Reid drei Titel geholt. Und sie haben dabei, vor allem im Vorjahr, bewiesen, dass sie, trotz mitunter nicht überzeugender Leistungen in der Punktrunde, nur schwer in den Playoffs zu besiegen sind - egal wo.
Vor zwölf Monaten führte der Weg ins Endspiel ausnahmsweise mal nicht durch Kansas City. Die Chiefs mussten sich ihr Final-Ticket auswärts erkämpfen, im Viertelfinale bei den Buffalo Bills und anschließend bei den Baltimore Ravens antreten. Es war vom "schwersten Weg" für Mahomes und Co. die Rede.
Doch sie übersprangen beide Hürden und verteidigten durch einen 25:22-Finalsieg nach Verlängerung gegen San Francisco ihren Vorjahrestitel. Sollten sie auch diesmal Meister werden, wäre es der dritte Endspiel-Sieg nacheinander - und somit zugleich der erste "three peat" der Super-Bowl-Geschichte.
Lions erstmals legitimer Titelanwärter
Nennen Sie das einzige Team, das seit dem ersten Super Bowl (15. Januar 1967) in der Liga spielt, aber noch nie im Super Bowl war? Ach, wie oft mussten sie sich bei den Detroit Lions (als Nummer eins der NFC an diesem Wochenende spielfrei) diese Frage schon anhören? Wie oft wurden sie damit verhöhnt? Doch all die Jahrzehnte in der Rolle des Ausgelachten, Gehänselten und Gepiesackten könnten in wenigen Wochen vorbei sein.
Die Lions mit dem deutschen Superstar Amon-Ra St. Brown sind ein legitimer Titelanwärter. Sie haben mit 15 Hauptrunden-Siegen einen Vereinsrekord aufgestellt und zudem die viertmeisten Touchdowns (70) der NFL-Geschichte erzielt. Sie haben vergangenen Sonntag im Endspiel um die Top-Position der NFC gegen die Minnesota Vikings (31:9-Sieg) ein klares Statement gesetzt. Und sie haben die schweren Verletzungen von Leistungsträgern wie Defensive End Aidan Hutchinson (Beinbruch Mitte Oktober) oder Runningback David Montgomery (Innenbandriss Mitte Dezember) beeindruckend unbeeindruckt weggesteckt.
Baltimore Ravens wie "Dinner for One"
Dass die Baltimore Ravens (heute Heimspiel gegen Pittsburgh) als Mitfavorit in die Playoffs gehen, hat etwas vom Silvester-Klassiker "Dinner for One" - the same procedure as every year. Seitdem Quarterback Lamar Jackson 2018 zum Verein kam, haben die Ravens jedes Jahr die K.-o.-Runde erreicht. Und oft galten sie als Titelanwärter. Jackson wurde in dieser Zeit zweimal "wertvollster Spieler" (MVP) der Punktrunde, John Harbaugh einmal Trainer des Jahres.
Im Super Bowl waren beide zusammen trotzdem noch nie. Im Vorjahr war die Chance so groß wie noch nie. Erstmals in der Vereinsgeschichte hatte Baltimore Heimrecht im AFC Championship Game. Ein Sieg gegen Kansas City - und die Raben wären zum Endspiel nach Las Vegas geflogen. In Spitzenzeiten verfolgten 64 Millionen Menschen dieses Duell - und sahen, wie Baltimore erneut im wichtigsten Spiel der Saison die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Endstand: 10:17.
Mit Runningback Derrick Henry (16 Rushing Touchdowns diese Saison/geteilter Ligabestwert) hat Baltimore ein Biest für das Laufspiel hinzubekommen. Aber reicht das, um die Playoff-Dämonen der Vergangenheit zu vertreiben? Um nach der Pflichtaufgabe Pittsburgh Steelers womöglich nacheinander in Buffalo, in Kansas City und dann im Endspiel gegen Detroit zu gewinnen?
Wird Eagles-Quarterback rechtzeitig fit?
Aprospos Runningback: Saquon Barkley hat sich in seiner ersten Saison bei den Philadelphia Eagles (Sonntag daheim gegen Green Bay) sofort einen größeren Namen gemacht, als in seinen vorherigen sechs Jahren bei den New York Giants zusammen. Er durchbrach als neunter Runningback der Ligageschichte die Schallmauer von 2000 Yards. Und hätte Trainer Nick Sirianni ihn im letzten Hauptrundenspiel nicht geschont, hätte Barkley wohl die ihm noch fehlenden 101 Yards erlaufen, um den 40 Jahre alten NFL-Rushing-Rekord von Eric Dickerson (2105 Yards) zu brechen.
Barkley schafft allein mit seiner Anwesenheit - und natürlich auch mit seinen Aktionen - Räume und somit Gelegenheiten für die Wide Receiver A.J. Brown und DeVonta Smith, sowie Tight End Dallas Goedert. Das macht die Offensive variabel und deshalb so gefährlich. Allerdings ist noch unklar, ob der Motor dieser Offensive, Jalen Hurts, gegen Green Bay spielen kann. Der Quarterback fehlt seit dem 22. Dezember aufgrund einer Gehirnerschütterung. Am Donnerstag konnte Hurts erstmals voll mittrainieren, muss allerdings vor dem Spiel erst noch das so genannte Concussion Protokoll überstehen, das die NFL bei Gehirnerschütterungen vorschreibt, bevor Profis wieder eingesetzt werden dürfen.
"Everybody eats"
Die Buffalo Bills sind eines von nur zwei Teams, das in dieser Saison alle Heimspiele gewonnen hat. Und Heimspiele sind in den Playoffs immer ein Vorteil. Allerdings wird der Weg nach New Orleans wohl trotzdem nicht durch Buffalo führen. Denn das zweite Team mit einer sauberen Heimbilanz sind die Kansas City Chiefs. Und die wären aufgrund ihres 15:2-Hauptrunden-Rekords Gastgeber für die Bills (13:4) in einem möglichen AFC Championship Game. Doch so weit denken sie in Buffalo noch nicht.
Zum Playoff-Auftakt kommen am Sonntag erstmal die Denver Broncos an die Niagara-Fälle. Die Bills sind selbstbewusst. Und das können sie auch sein. Quarterback Josh Allen ist der heißeste MVP-Anwärter der Saison. Er führt eine Offensive an, deren Mantra lautet: "everybody eats". Soll heißen: ganz egal, wer wie viele Yards erläuft oder wie viele Touchdowns fängt, jeder Einzelne ist wichtig.
Mit dieser Philosophie rennt die Büffelherde um Allen und Runningback James Cook (wie Derrick Henry 16 Rushing Touchdowns) in dieser Saison durch die Liga - und überrennt mitunter die Gegner. Bei elf der 13 Siege kamen die Bills auf mindestens 30 Punkte. Die 65 Touchdowns sind ebenso Vereinsrekord wie die 525 Punkte in der Offensive.
Buffalo ist der erste Verein der NFL-Geschichte mit mindestens 30 Rushing (verteilt auf vier Spieler) und 30 Receiving Touchdowns (erzielt von 13 Akteuren). Da kommt also jede Menge Arbeit auf die generischen Abwehrreihen zu. Denn wie soll man ein Team stoppen, das durch die Luft genauso gefährlich ist wie am Boden?