
Christian Eckerlin (l.) ist der große Star im deutschsprachigen Raum bei OKTAGON.
(Foto: OKTAGON)
Der tschechische Veranstalter Oktagon will in Köln das schaffen, was selbst MMA-Branchenprimus UFC nicht gelang. 20.000 Zuschauer sollen ein MMA-Spektakel erleben und ihre Lokalmatadoren feiern. Laut Mitgründer Neruda hat die Organisation sogar noch größeres vor.
Superstars wie Madonna oder Coldplay machen sie voll, die Kölner Haie bei Top-Spielen ebenfalls - die Lanxess Arena in Köln fasst bis zu 20.000 Zuschauer, sie ist die größte Indoor-Arena Deutschlands. Mit Oktagon macht erstmals ein europäischer Mixed-Martial-Arts-Veranstalter Halt in der Rheinmetropole. Für den aufstrebenden Sport soll das Event ein Meilenstein werden.
"Ausverkauft", diesen Stempel wolle man sich als Veranstalter unbedingt abholen, betont Mitgründer der tschechischen Organisation Pavol Neruda im Interview mit ntv. Wenige Stunden vor dem Event fehlen nur ein paar Prozent, bis Oktagon Vollzug melden kann. Geschichte hat man bereits geschrieben. Mehr Zuschauer hat es bei einer MMA-Veranstaltung in der Bundesrepublik ohnehin bisher nicht gegeben.
Oktagon erobert derzeit Märkte und Standorte, die von den anderen großen Veranstaltern wie der UFC nicht bedacht werden. Tschechien ist weiterhin der Heimatmarkt, Deutschland aber mittlerweile mit drei bis vier Veranstaltungen im Jahr die Nummer zwei. In England läuft man bewusst Standorte wie Manchester oder Newcastle an - dort gibt es viele Fans, die nicht die Reise und die Preise der UFC in Kauf nehmen, wenn sie in London gastiert.
Als Veranstalter möchte man noch internationaler werden und vor allem in Europa zum Marktführer. "Wir wären gerne wie die Formel 1 des Kampfsports. Wie bei einem Grand Prix bringen wir große Events von Land zu Land. Es herrscht große Begeisterung und die ganze Stadt lebt diese Events. Das wollen wir auch mit Oktagon erreichen", so Naruda.
Oktagon-Gründer: Sind Geschichtenerzähler
Von der Formel 1 ist man bei den Tschechen zumindest finanziell noch weit entfernt. Zehn Millionen Euro betrug der Umsatz in 2022, in diesem Jahr liegt er aber bereits bei 17 Millionen. Ein Zeichen, dass MMA als Sport boomt. Mit der UFC, KSW oder der PFL gibt es aber gleich mehrere Veranstalter, die global konkurrieren. Die UFC war 2010 mit rund 13.000 Zuschauern daran gescheitert, die Lanxess Arena auszuverkaufen. Oktagon geht einen etwas anderen Weg. "Wir sehen uns als Geschichtenerzähler und Liebhaber des Sports", sagt Neruda. "In unserem Ansatz liegt der Fokus stärker auf dem Storytelling und der Veranstaltung selbst, während andere Veranstalter sich stärker auf das TV-Produkt konzentrieren. Wir wollen die Geschichte jedes Kämpfers erzählen. Bei uns wird man am Tag des Events von Anfang bis Ende unterhalten, die Halle ist bereits beim ersten Kampf voll. Das ist einzigartig."
Dazu sollen die Bedingungen für Kämpfer auf der finanziellen Seite besser sein als in anderen Organisationen. "Wir versuchen, den Kämpfern das Maximum zu zahlen. Was das Geschäftliche angeht, macht das absolut Sinn", sagt Neruda. Andere Promoter seien wie im Rausch, wenn es um Bonuszahlungen gehe oder haben dubiose Geldgeber im Hintergrund. "Wir wollen ein nachhaltiges System schaffen, das dennoch Wachstum erlaubt. Im europäischen Vergleich zahlen wir zwischen mehreren Tausend für Starter in unserer Organisation bis zu sechsstelligen Summen, wie man an dem Gamechanger Turnier sehen kann, bei dem eine Million Euro im Topf sind und der Gewinner 300.000 Euro bekommt."
Bei durchschnittlich zwei Kämpfen pro Jahr wäre das bei Einsteiger immer noch zu wenig, um den Sport professionell zu betreiben. Daher verweist Neruda auf die die Vermarktung durch Oktagon. Durch die Reichweite und Plattform würden viele Sponsoren auf die mittlerweile 185 Kämpfer, die unter Vertrag stehen, aufmerksam. So unterstützen sich Kämpfer und MMA-Organisation aber auch wechselseitig. Durch die Vermarktung schafft Oktagon eine Nähe zum Publikum, die eigenen Reichweiten der Fighter auf deren Social-Media-Kanälen tragen das Interesse dann über die oft monatelangen Pausen ohne bevorstehenden Kampf.
Moeil kämpft um Titel, Eckerlin um große Chance
Das Konzept geht auch in Deutschland auf. Entsprechend sind in Köln viele Publikumsmagneten der Organisation dabei. Der Frankfurter Christian Eckerlin ist das große Zugpferd, im Weltergewicht tritt er gegen den Brasilianer Apollo Silva an. Naruda sagt, er habe den X-Faktor, das gewisse Etwas. Selbst in Tschechien sei Eckerlin ein Star, dort wollten die Fans ihn allerdings eher verlieren sehen. Sollte Eckerlin in Köln gewinnen, könnte es demnächst um den Titel bei Oktagon gehen - oder um den eigentlich für Köln angedachte Kampf gegen Christian Jungwirth. Ein Titel bleibt bereits sicher in Deutschland. Im Hauptkampf stehen mit dem Hatef Moeil und Todor Lazev ein Kölner und ein Stuttgarter Schwergewicht.
Den Heimvorteil will auch der ehemalige Profiboxer Deniz Ilbay (Federgewicht gegen Corey Fry) nutzen, ebenso wie Konrad Dyrschka (Leichtgewicht gegen Thiago Silva). Spektakulär dürfte es auch wieder bei Kerim Engizek werden. Nach seinem Blitz-K.o. im Debüt vor einigen Wochen trifft er im Mittelgewicht auf Adam Horvath. Wie Moeil trainieren die drei im UFD Gym in Düsseldorf.
Gym-Chef Ivan Dijakovic weiß, warum er seine Fighter bei OKTAGON untergebracht hat und was er an der Organisation hat. "Ich bin beeindruckt, mit welchen Tempo die Organisation sich entwickelt hat. Nach nur fünf Jahren stehen sie nicht nur mit einem, sondern gleich mit zwei Beinen auf dem deutschen Markt." Im Falle von Köln sei natürlich die räumliche Nähe ein Faktor gewesen, die Faszination für ein Event dieser Größenordnung ein anderer. "Ich bin einfach beeindruckt, dass sie so viele Tickets verkauft haben und gespannt auf die Atmosphäre." Verbesserungspotenzial sieht der Manager zahlreicher Fighter allerdings auch noch. "Drumherum kann man sicher noch mehr machen, um die Fans zu erreichen", sagt Dijakovic gegenüber ntv in Hinblick auf die Eventisierung.
Neruda kündigt "absolut verrücktes" für Deutschland an
Aber es gibt weitere Fighter aus Deutschland, die ein Spektakel garantieren sollen. Ex-UFC-Fighter Niklas Stolze (La Onda Gym Magdeburg) kehrt nach mehr als fünf Jahren zu Oktagon zurück. Mit Anrej Kalasnik steht ihm ein erfahrener Weltergewicht-Kämpfer gegenüber, nach rund 18 Monaten ohne Kampf und zuletzt drei Niederlagen in Serie will Stolze in Köln wieder in die Erfolgsspur zurückfinden. Dazu kämpft Chihad Akipa aus Köln im Mittelgewicht gegen Matthew Bonner.
Mit Arijan Topallaj hat der tschechische Veranstalter kurzfristig eines der größten Talente Deutschlands im Federgewicht verpflichtet. Fünf seiner sechs Profikämpfe gingen nicht über die erste Runde hinaus. Der ungeschlagene Topallaj aus dem Planet Eater Gym in Balingen beendete alle vorzeitig, er trifft in der Lanxess Arena auf Roman Paulus, eine Art Oktagon-Eigengewächs. Der 23-jährige Slowake gewann seinen Vertrag erst durch ein Reality-Format des Veranstalters.
Die Veranstaltung in Köln - ob am Ende komplett ausverkauft oder nicht - ist bereits ein Erfolg für die tschechischen Organisatoren. Für die deutschen Fans hat Neruda zum Abschluss des Interviews noch eine schlechte und eine gute Nachricht. Das angepeilte Event in der Berliner Mercedes-Benz Arena im Herbst wird Oktagon absagen, weil man etwas "absolut verrücktes" in Deutschland vorhabe. Er dürfe keine Details nennen, aber das Unternehmen müssen in dem Fall Prioritäten setzen. Berlin werde man dann 2025 einplanen.
Quelle: ntv.de