Westen boykottiert Putins Party Paralympics ohne "Propaganda-Idioten"
06.03.2014, 16:23 Uhr
(Foto: dpa)
Zum zweiten Mal lädt Russlands Präsident die Welt nach Sotschi - aber ihm gehen die Gäste aus. Viele Regierungen bleiben den Paralympics fern, offenbar auch die deutsche. Die Athleten reisen an, wollen aber Distanz zu Wladimir Putin wahren.
Wladimir Putin liebt die Inszenierung. Russlands Präsident zeigt sich gern mit nacktem Oberkörper beim Angeln, beweist beim Judo seine Kraft. Auch am Freitagabend wollte er sich im Glanz der Scheinwerfer sonnen und die 11. Winter-Paralympics (7. bis 16. März) feierlich eröffnen. Doch nach dem aggressiven militärischen Auftritt in der Krim-Krise wird es zunehmend einsam um Russlands Herrscher. Putin gehen für seine zweite große Party in kürzester Zeit die Gäste aus.
Zuletzt hatten bereits die Regierungen Großbritanniens und der USA ihre Teilnahme an der Eröffnungsfeier abgesagt. Nun haben auch die Niederlande, Schweden und Norwegen keine Lust auf Putins zynisches Spiel. Die Entscheidung über den angedrohten Boykott der ukrainischen Mannschaft steht noch aus. "Wir können nicht an Spielen in einem Land teilnehmen, das unser eigenes Land attackiert", sagte eine Teamsprecherin und forderte Putin auf, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen.
Innenministerium unentschlossen
Ob deutsche Regierungsvertreter an den Paralympics teilnehmen, ist noch unklar. Verena Bentele, zwölfmalige Paralympics-Siegerin und Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, erklärte, dass der Bund aus Protest gegen das Vorgehen Russlands in der Krim-Krise die Auftaktveranstaltung boykottieren werde. "Es ist ein ganz klar politisches Zeichen an Russland, Gefahr für Leib und Leben besteht nicht", sagte Bentele im "ZDF Morgenmagazin".
Aus dem für den Sport zuständigen Bundesinnenministerium (BMI) hatte Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) einen Besuch der Spiele geplant. Der steht nun auch zur Disposition. "Wir werden die weitere Entwicklung abwarten", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Erst unmittelbar vor dem ursprünglich geplanten Reisetermin von Schröder am 14. März werde man in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt entscheiden. Das Außenministerium hatte allerdings schon empfohlen, keine hochrangige politische Delegation nach Sotschi zu schicken.
"Laufen nicht als Propaganda-Idioten auf"
Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), lehnt einen Startverzicht der 13 deutschen Athleten weiter ab. Gleichzeitig kritisiert er Russlands Präsidenten Wladimir Putin für sein Vorgehen im Konflikt mit der Ukraine. "Putin und sein Verhalten haben diesen Paralympics einen Teil ihrer Herzlichkeit und ihrer Fröhlichkeit genommen", sagte Beucher.
Trotz des großen Schattens, der sich bereits über die Spiele gelegt hat, werden die deutschen Sportler aber wie geplant ab Samstag an den Start gehen. "Wir nehmen uns nicht so wichtig, dass wir glauben, der Boykott einer kleinen Sportler-Delegation könnte weltpolitisch auch nur das kleinste Bisschen verändern", sagte Beucher, "ein Athleten-Boykott macht nur Sinn, wenn ihn alle oder zumindest sehr viele gleichzeitig beschließen, und das wäre hier nicht der Fall." Der Sport dürfe durch zu hohe Erwartungen nicht überfordert werden, sagte Beucher: "Politische Probleme können nur durch die Politik gelöst werden."
Trotzdem wolle die deutsche Delegation im Rahmen ihrer Möglichkeiten Zeichen gegen die umstrittene Politik Putins setzen. "Wir werden hier ganz sicher nicht als nützliche Propaganda-Idioten von Herrn Putin auflaufen, und ich werde auch beim Einmarsch der Nationen gegenüber den Vertretern Russlands keine Hand zum Gruß erheben", sagte Beucher, "sollte es irgendwelche offiziellen Einladungen der russischen Regierung oder regierungsnaher Stellen geben, werden wir die auf keinen Fall wahrnehmen."
Quelle: ntv.de, Kristof Stühm, sid