Sorge vor deutscher Härte Portugal soll Deutschland "in aller Ruhe schlagen"
29.01.2025, 17:45 Uhr
Paulo Pereira und sein Team stehen erstmals in einem WM-Viertelfinale.
(Foto: IMAGO/Gonzales Photo)
Die portugiesische Handball-Nationalmannschaft ist eines der Überraschungsteams der WM. Nun wollen sie gegen Deutschland den Traum weiterleben. Die deutsche Mannschaft hat etwas dagegen.
Die portugiesische Nationalmannschaft reitet auf einer gewaltigen Welle durch die Handball-WM: Kein Team erzielte in der Hauptrunde so viele Tore wie "Helden der Meere" (179), niemand lief so viele erfolgreiche Tempogegenstöße (40). Überhaupt geht es rasant zu, wenn Portugal auf der Platte steht. Das haben die Norweger (28:31), die Spanier (29:35) und auch die Schweden zu spüren bekommen, die in einem wilden Ritt (37:37) immerhin ein Unentschieden erkämpften. Die deutsche Mannschaft muss die Welle im Viertelfinale (20.30 Uhr/ARD und im Liveticker auf ntv.de) brechen, sonst wird sie aus dem Turnier gespült. Viel früher, als sie es sich erhofft hatte. In Portugal glauben sie dran. Überraschend: Trainer Paulo Pereira ermahnt seine Spieler, das Tempo auch mal zu drosseln.
"Wir müssen nur das emotionale Gleichgewicht finden, das es uns ermöglicht, das Spiel in aller Ruhe zu gewinnen, das heißt, wir wollen nicht schnell gewinnen oder etwas überstürzen", sagte der Coach, der Portugal 2016 übernommen und seitdem Schritt für Schritt näher an die Weltspitze geführt hat. "Wenn das gelingt, haben wir eine Chance, Deutschland zu schlagen."
"Daran besteht kein Zweifel"
Größten Respekt hat Pereira vor der deutschen Abwehr - und deren Härte: "Die deutsche Mannschaft hat viele starke Abwehrspieler, die den Körperkontakt sehr mögen", räumte Pereira ein, seine Mannschaft müsse "intelligent spielen, um den Körperkontakt zu vermeiden und sich zum richtigen Zeitpunkt zu erholen." Zwar gilt Portugal gegen den olympischen Silbermedaillengewinner als leichter Außenseiter, doch Pereira macht klar: "Es ist ein klares Ziel für alle, das Halbfinale zu erreichen, daran besteht kein Zweifel."
Die deutsche Mannschaft ist bereit, dem Überraschungsteam, das zum ersten Mal überhaupt ein WM-Viertelfinale erreichte, den befürchteten Kampf auch anzubieten: "Wir müssen eine sehr gute, kompakte Abwehr hinstellen", weiß Julian Köster. Der Gigant im deutschen Mittelblock ist der wohl formstärkste deutsche Spieler in der Abwehrarbeit, im letzten Hauptrundenspiel gegen Tunesien bekam er eine Verschnaufpause. Nun geht er gestärkt in das Duell mit Pereiras Mannen. Und wird dort gemeinsam mit Johannes Golla Schwerstarbeit verrichten müssen, vor allem im Rückzugsverhalten. "Wir wollen denen keine einfachen Tore schenken", mahnt Köster. Je öfter die deutsche Mannschaft die Portugiesen ins gebundene Spiel zwingt, desto größer sind die Chancen auf den dritten Halbfinaleinzug in Serie.
Für Tempo und Tore sorgen bei Portugal die blutjungen Brüder Francisco (19) und Martim Costa (22) - gemeinsam erzielten sie 68 Tore und damit jeweils mehr als Deutschlands bester Torschütze Renars Uscins. "Das ist ein Traum, um ehrlich zu sein. Vor ein paar Jahren konnten wir uns nicht einmal für große internationale Veranstaltungen qualifizieren", sagte Teenager "Kiko", der schon 36 Tore erzielte. "Jetzt sind wir unter den besten acht Mannschaften der Welt." Nun wolle man auch den nächsten Schritt gehen: "Dafür sind wir doch hier, oder? Um den Traum zu leben. Um zu hoffen, dass wir uns verbessern und Spiele wie dieses gewinnen können."
"Wollen weiter Geschichte schreiben"
Die Bilanz spricht eine klare Sprache: Von elf Spielen gegeneinander gewannen die deutschen Mannschaften zehn. Das letzte Duell bei einem Turnier gab es 2020, damals behielt das DHB-Team im Spiel um Platz 5 die Oberhand (29:27). "2020 hatten wir die Costa-Brüder noch nicht dabei, es hat sich also viel verändert, vor allem in der Offensive", erinnert Pereira an die jüngsten Entwicklungen. "Ich hoffe, dass es auch vom Ergebnis her ein anderes Spiel wird." Rechtsaußen Pedro Portela, einer von denen, die 2020 schon dabei waren, ist das, was war, egal: "Wir wollen weiter Geschichte schreiben. Wir wollen das Halbfinale erreichen. Das ist unser Ziel, und wir werden in diesem Viertelfinale gegen Deutschland den gleichen Charakter, den gleichen Teamgeist und den gleichen Kampfgeist zeigen!"
Die Costas übrigens verbindet mit Deutschland eine lange Geschichte - und die ist aus DHB-Sicht alles andere als erfreulich: 1997 gewann Portugal völlig überraschend die "deutsche" Gruppe in der WM-Qualifikation, zum zweiten Mal überhaupt verpasste die deutsche Nationalmannschaft damals eine Weltmeisterschaft. Und Portugal fuhr zum ersten Mal in ihrer Geschichte zur WM. Mit dabei in der Qualifikation damals: Ricardo Costa - der Vater der Costa-Brüder.
Quelle: ntv.de, ter