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"Entstehen einer gewissen Angst" Posse um Pechstein und Große reißt nicht ab

Pechstein und Große legten sich in der Vergangenheit häufiger mit dem Verband an.

Pechstein und Große legten sich in der Vergangenheit häufiger mit dem Verband an.

(Foto: imago images/Camera 4)

Matthias Große, kommissarischer Eisschnelllauf-Verbandspräsident und Partner von Claudia Pechstein, entlässt Bundestrainer Erik Bouwman. Die Athleten erfahren davon erst in der Presse. Nun bekommen sie von Große einen Maulkorb verpasst und glauben, dass nur "eine persönliche Rechnung beglichen" wird.

Moritz Geisreiter, Athletensprecher der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), hat Kritik am Führungsstil des kommissarischen Verbandspräsidenten Matthias Große geübt. Er sehe "seit einigen Wochen auch mit Sorge das Entstehen einer gewissen Angst, die eigene Meinung zu sagen", sagte der 32-Jährige der "Süddeutschen Zeitung".

Seit Große, Lebensgefährte der fünfmaligen Olympiasiegerin Claudia Pechstein, den Verband führe, kämen Sportler auf ihn zu, berichtete Geisreiter, "und sagen ungefragt, dass sie Bedenken haben, ihre Meinung zu äußern, weil sie nicht wissen, ob sie dann ihren Kaderstatus behalten."

Der zweite DESG-Athletensprecher, der ehemalige Shorttracker Leon Kaufmann-Ludwig, ergänzte: "Per E-Mail wurden alle Athleten, Angestellten und Wahlämter der DESG 'inständig gebeten', dass man alle Interviewanfragen direkt an die Pressestelle weiterleiten und sich nicht direkt äußern solle. Das klingt aus meiner Sicht wie ein Maulkorb."

"Da wird eine persönliche Rechnung beglichen"

Laut Geisreiter habe der Geschäftsmann Große nach seiner Wahl am 19. Juni "eine Chance verdient". Allerdings stehe er dem 52-Jährigen nach der "Maulkorb-Mail" und der Kündigung von Bundestrainer Erik Bouwman schon "wieder skeptischer" gegenüber. Ein persönliches Treffen mit Große, der sich bei der Mitgliederversammlung im September zu Neuwahlen stellen muss, sei bislang nicht zustande gekommen. "Ich stehe im Kontakt mit ihm", berichtete Geisreiter, "ich habe per E-Mail einen persönlichen Termin gemeinsam mit Leon angefragt. Den hat er grundsätzlich zugesagt. In der Zwischenzeit sind weitreichende Entscheidungen getroffen worden."

Große hätte die Entlassung Bouwmans "erst einmal nach innen abklären" sollen, bemängelte der zweimalige Olympia-Teilnehmer Geisreiter: "Athleten, die mit mir sprechen, sagen, sie sehen keinen anderen Profiteur als Pechstein und Große." Im Gespräch mit dem "Spiegel" wirft Geisreiter Große vor, in Sachen Bouwmans nicht aus fachlichen Gründen gehandelt zu haben. "Wir verstehen nicht, was das sportfachlich bringen soll. Im Gegenteil: Es entsteht der Eindruck, da wird nur eine persönliche Rechnung beglichen", so Geisreiter.

"Konflikt war ja allgegenwärtig"

Ganz überraschend kam die Entlassung nicht. Bouwman hatte zuvor öffentlich mit Großes Partnerin Pechstein gestritten. Bouwman nannte die Eisschnellläuferin "boshaft", "peinlich" und "populistisch". Auch Große selbst erntete Kritik von dem 47-Jährigen. Dass dieser eine ernsthafte Option auf das Amt des DESG-Präsidenten sei, "ist der größte Witz, den ich je im Spitzensport erlebt habe", hatte Bouwman gesagt.

"Der Konflikt war ja allgegenwärtig", so Geisreiter: "Die Sportler hatten dennoch gehofft, dass es nicht so weit kommt. Sie wurden aber überhaupt nicht mit einbezogen. Die Athleten standen immer voll hinter Bouwman." Dessen Kündigung sei dann ohne Rücksprache mit den meisten Aktiven erfolgt. "Wir haben das aus der Presse erfahren", beklagte Geisreiter in der "Süddeutschen Zeitung". Sein Kollege Leon Kaufmann-Ludwig ergänzte, dass dies seiner Meinung nach kein Zufall gewesen sei. Große müsse klar gewesen sein, "dass es dafür keine Zustimmung der Athleten gab. Es waren ja nur Claudia Pechstein und Matthias Große, die einen öffentlichen Streit mit Bouwman hatten."

Große hatte zu Monatsbeginn in Berlin verkündet, dass Bouwman schriftlich das Ende seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli mitgeteilt worden sei. Der Niederländer kündigte rechtliche Schritte an.

Quelle: ntv.de, dbe/sid

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