Gold nicht mehr nur abholen Prothesen-Überflieger Rehm hat plötzlich echte Rivalen
27.08.2024, 20:32 Uhr
Rehm ist der beste Para-Weitspringer der Welt.
(Foto: IMAGO/Beautiful Sports)
Noch nie hat Markus Rehm einen Wettkampf im Weitsprung verloren. Das soll auch bei den Paralympics so bleiben. Doch die Aufgabe ist härter denn je, echte Konkurrenten mischen in Paris mit. Daher rückt sein Traum von den magischen neun Metern in den Hintergrund.
Auf diesen Bilderbuchmoment bereitet sich Markus Rehm seit Jahren vor. Endlich darf der Star des deutschen Para-Teams live zur Primetime um 20.15 Uhr springen, bekommt vor den ausverkauften Rängen im Pariser Stade de France die perfekte Bühne für seinen Flug für die Ewigkeit. Doch kurz vor diesem großen Tag tritt Rehm auf die Bremse. "Ich fürchte, das ist aktuell ein bisschen schwierig", sagt der viermalige Paralympicssieger über jene Marke, die seit Langem in seinem Kopf herumschwirrt: die neun Meter.
Der bislang in 14 Karrierejahren ungeschlagene Weitspringer spürt plötzlich ungewohnten Druck. In die zarte Unzufriedenheit mit den eigenen Saisonleistungen mischen sich neue Rivalen. Der Sieg sei "kein Selbstläufer mehr mittlerweile", warnt Rehm, der als 14-Jähriger beim Wakeboarden sein rechtes Bein unterhalb des Knies verlor: "Ich muss gestehen, dass meine Konkurrenz wirklich stark geworden ist. Da geht es nicht nur um die Weitenjagd, sondern da geht es einfach auch darum, die Medaille zu gewinnen." Dafür dürfe er "keine Fehler" machen.
Zuletzt lag der Prothesenspringer beim Meeting der Diamond League in Lausanne bis zum vierten Versuch auf Rang zwei, auch bei der Generalprobe siegte er "nur" mit knappem Vorsprung. Diese neue Konkurrenzsituation mit den US-Amerikanern Derek Loccident und Jarryd Wallace mache "was mit einem", gesteht Rehm: "Ich glaube, da kann auch keiner behaupten, dass ihn das kaltlässt." Dennoch wäre für ihn alles andere als das vierte Weitsprung-Gold in Serie "eine Enttäuschung, ganz klar".
Ziel: "Weiterspringen als die olympischen Athleten"
Erst wenn der Sieg mit einem guten Sprung abgesichert sei, wolle er bei seinen womöglich letzten Spielen die Weite "schön aussehen lassen". Nur zu gerne würde er die vor gut drei Wochen gesprungene Marke von Olympiasieger Miltiadis Tentoglou von 8,48 Metern schlagen. "Weiterspringen als die olympischen Athleten. Ich glaube, das wäre nicht ganz verkehrt", sagt Rehm mit breitem Grinsen: "Das wäre definitiv das Ziel." Und eine Grenze nach oben setzt sich der Perfektionist ohnehin nicht.
Übertreffen konnte die magischen neun Meter eben noch niemand, ob im olympischen oder paralympischen Bereich. US-Star Mike Powell kam 1991 mit 8,95 Metern mal ganz nah ran, seitdem geriet der Weltrekord nicht mal in Gefahr. Selbst Rehm, der mit 8,72 Metern die Bestmarke im Para-Sport hält, biss sich bis jetzt die Zähne aus. Der 36-Jährige ist aber weiter fest überzeugt, die neun Meter zu knacken.
"Irgendwie haben die Leistungen, die ich im Training jetzt erarbeitet habe, nicht so richtig gezündet im Springen", sagt Rehm zwar, doch als "Optimist" sei er "guter Dinge, da schlummert irgendwas. Man kann es nur noch nicht so richtig aufs Brett bringen und zeigen." Bisher sei es ihm aber immer gelungen, "zum Höhepunkt voll da zu sein", so Rehm. Das will der 36-Jährige auch am 4. September zur besten Sendezeit in der ARD wieder beweisen.
Quelle: ntv.de, ara/sid