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Weltmeister Liren überrascht Wunderkind erlebt "Drama" bei der Schach-WM

Verhalf seinem Gegner unfreiwillig zum "Wachmacher": Dommaraju Gukesh.

Verhalf seinem Gegner unfreiwillig zum "Wachmacher": Dommaraju Gukesh.

(Foto: dpa)

Bei der Schach-Weltmeisterschaft in Singapur geht auch die siebte Partie unentschieden aus. Der chinesische Titelverteidiger Ding Liren und Herausforderer Dommaraju Gukesh aus Indien spielen zum vierten Mal nacheinander Remis. Die Partie überrascht aber mehrfach.

Ding Liren hat sein Lächeln wiedergefunden. Der amtierende Schach-Weltmeister rettet sich in einer wilden Partie, die für ihn mehrfach schon verloren schien in das nächste Remis. Das nun bereits vierte in Serie. Nach einer Spielzeit von 5:22 Stunden reichten sich Herausforderer Dommaraju Gukesh und der chinesische Titelverteidiger die Hände. Mit sehr unterschiedlichen Gemütslagen. Der junge Inder hatte in diesem siebten Duell die Chancen zum Sieg - und vergab sie. So steht es nach je einem Sieg für beide Kontrahenten und vier Remis 3,5:3,5. Wer zuerst 7,5 Punkte hat, ist Weltmeister, weiter geht es mit Partie Nummer acht am Mittwoch.

"Das war die mit Abstand spannendste Partie dieser WM. Nicht hochklassig, aber extrem spannend. Eine echte Achterbahnfahrt. Gukesh beging in verschiedenen Stellungen, in denen er wie der klare Sieger aussah, wieder ein paar Fehler", analysiert der internationale Meister Georgios Souleidis für ntv.de. Bereits in den Partien zuvor war der 18-Jährige, der zum Wunderkind hochgeredet wird, sehr nervös und machte Fehler. "Normalerweise erwartet man auf so einem Niveau dann auch, dass der Spieler, der so große Vorteile anhäuft, diese Vorteile dann auch verwertet", sagte Souleidis über Spiel sieben. Bundestrainer Jan Gustafsson bilanzierte im Live-Kommentar bei Twitch: "Was für eine Partie, was für ein Drama, was für ein Kampf."

Das siebte Duell begann mit einer großen Überraschung. Gukesh, der mit Weiß spielte, lockte seinen Gegner früh aus der Vorbereitung. "Er hat da einen unscheinbaren Turmzug in der so genannten der Neo-Grünfeld-Indischen Verteidigung gemacht, in einer Allerweltsstellung. Der Zug diente vor allem dazu, Ding direkt ins Nachdenken zu bringen, anstatt sein Wissen einfach runterzuspulen", analysiert Souleidis. Und das gelang. Der Weltmeister, der seit seinem Titel mit schweren Depressionen zu kämpfen hat und ohne Form als klarer Außenseiter zum Turnier kam, geriet in Zeitnot.

Der Chinese war "geschockt", wie er später auf der Pressekonferenz sagte. Er fühlte sich schlecht auf dieses Manöver vorbereitet. Allerdings, so weiß Souleidis, wurde dieser Zug zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal auf diesem Niveau gerettet. Doch er konnte sich retten, weil Gukesh patzte. "Dabei hatte er aktive Figuren und einen freien Bauern. Dazu ein fantastisches Läuferpaar, aber ihm sind dann wieder die Ungenauigkeiten passiert."

Eine nächste Wende zugunsten des jungen Inders deutete sich mit dem 40. Zug im Endspiel, einen Zug vor der Zeitkontrolle, an. "Statt mit seinem Springer so zu ziehen, dass er die gegnerischen Bauern blockiert und danach die schwachen Bauern zurückgewinnen kann, um das materielle Gleichgewicht wiederherzustellen, tauschte er seinen Randbauern gegen einen zentralen Bauern. Dadurch hatte Gukesh einen Randbauern, der eigentlich die Partie hätte gewinnen müssen." Entsprechend geknickt wirkte der Herausforderer nach diesem Remis. "Er hat heute definitiv eine Siegchance vertan. Für Ding dagegen ist das natürlich ein Wachmacher, ein Boost. Er hat super gekämpft und eine Stellung gehalten, von der er gedacht hat, dass er sie verlieren würde", so Souleidis.

Gespielt wird das Turnier noch bis zum 15. Dezember in Singapur. Maximal 14 klassische Partien stehen auf dem Plan, steht es danach 7:7, geht es in den Tiebreak in immer kürzer werdenden Zeitformen. Ding gewann im vergangenen Jahr auf diese Weise gegen Jan Nepomniachtchi seinen Titel.

Quelle: ntv.de, tno

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