Kontroverse um DDR-Radsportidol Sport-Ruhmeshalle ändert Eintrittskriterien
18.01.2018, 14:58 Uhr
Einer der beliebtesten Sportler in der DDR: Gustav-Adolf Schur, links.
(Foto: imago/Camera 4)
Seit nun fast zehn Jahren besteht die "Hall of Fame" des deutschen Sports. Sie gelangt allerdings vor allem damit in die Schlagzeilen, dass umstrittene Athleten nominiert werden - wie DDR-Ikone Gustav-Adolf Schur. Nun ändern sich die Aufnahmebedingungen.
Die Auswahl von deutschen Sport-Helden für die Aufnahme in die "Hall of Fame" ist seit ihrer Gründung vor fast zehn Jahren nicht immer rühmlich und schon gar nicht unumstritten gewesen. Nun haben sich die Träger dieser Ruhmes- und Ehrenhalle auf ein Leitbild und neue Kriterien geeinigt, die von diesem Jahr an gelten. "Herausragende Leistungen stehen bei der Auswahl nach wie vor im Vordergrund", erklärte Michael Ilgner, Vorstandschef der Deutschen Sporthilfe. "Gleichzeitig erwarten wir eine klare Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zum Fair Play, gegen Sportbetrug und Doping sowie zur eigenen Vergangenheit."

"Gegen Sportbetrug und Doping": Michael Ilgner, Vorstandschef der Deutschen Sporthilfe.
(Foto: imago/Sven Simon)
Mit diesem neuen Kriterienkatalog haben die Sporthilfe, der Deutsche Olympische Sportbund und der Verein Deutsche Sportpresse auch die Lehren aus Fällen wie dem des DDR-Radsportidols Gustav-Adolf Schur gezogen. Der 86-Jährige war zweimal für die "Hall of Fame" vorgeschlagen und zweimal abgelehnt worden, weil er die DDR bis heute glorifiziert und keine kritische Distanz erkennen lässt. "Die Sportler verwirklichen nicht nur individuelle Werte, sondern zeigen mit dem Wert ihres Handelns auch die Werte des Sports selbst", sagte der Sportphilosoph Gunter Gebauer in einem Vortrag bei einem Festakt zum 50. Bestehen der Sporthilfe im November in Berlin. Mit der Aufnahme in die "Hall of Fame" werde neben der sportlichen Leistung zugleich "die modellbildende Kraft" der Sportpersönlichkeit ausgezeichnet.
Sportler sollen nicht heroisiert werden
"Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir von den Athleten nicht immer automatisch verlangen, in allen gesellschaftlichen Bereichen Vorbilder zu sein", sagte Ilgner zu den hohen Ansprüchen. Auch sie müssten Fehler machen dürfen. "Es kommt dann aber darauf an, wie man diese Fehler reflektiert und welche Haltung man dazu hat." Wenn sich Persönlichkeiten für sportpolitische Themen einsetzten und Fehler im Hinblick auf gewisse Erwartungen machten, müsste man von ihnen erwarten können, dass sie es reflektieren.
"So gesehen ist jeder seines Schicksals Schmied: Wer sich auch um andere Themen kümmert, steht dazu auch in Verantwortung", betonte Ilgner. "Wer sich politisch engagiert, muss sich auch an seinen Aussagen messen lassen." Eineindeutige Kriterien werde es aber nie geben, "weil es um Schicksale geht und die deutsch-deutsche Geschichte in den vergangenen 80 Jahren besondere Herausforderungen hatte". Von diesem Jahr an werden nur noch bis zu drei Persönlichkeiten plus der Preisträger der "Goldenen Sportpyramide" jährlich in die "Hall of Fame" aufgenommen, in der inzwischen mehr als 100 Sport-Helden geehrt werden. Das es bei Auswahl und Aufnahme auch in Zukunft zu Kontroversen kommen kann, ist Ilgner bewusst: "Das Aushalten von Ambivalenz schadet dem Sport nicht, im Gegenteil."
Quelle: ntv.de, Andreas Schirmer, dpa