Sport

Lehren aus der Doping-Studie Sportbund will Kommission einsetzen

Lange wird eine Studie zu Doping in Westdeutschland unter Verschluss gehalten. Datenschutzrechtliche Gründe habe dies, heißt es. Nun wird endlich ein Abschlussbericht veröffentlicht. Der Deutsche Olympische Sportbund kündigt Konsequenzen an.

Der Deutsche Olympische Sportbund, kurz DOSB, lässt den nun veröffentlichtem Abschlussbericht der Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" von einer neuen Kommission analysieren. Die Leitung der Kommission soll der frühere Bundesverfassungsrichter Udo Steiner übernehmen, kündigte DOSB-Präsident Thomas Bach im ZDF-"Heute Journal" an. Die Kommission solle Empfehlungen erarbeiten, wie der DOSB mit den Ergebnissen der Studie umgehen solle.

Bach ist "sehr gespannt auf die öffentliche Diskussion".

Bach ist "sehr gespannt auf die öffentliche Diskussion".

(Foto: dpa)

Die Studie wirft staatlichen Institutionen und Sportverbänden mangelnden Einsatz bei der Einführung von Dopingkontrollen vor. Außerdem sei der Einsatz verbotener Substanzen von staatlicher Seite zumindest geduldet worden. Die Untersuchung war lange nicht veröffentlicht worden. Nun reagierte das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) auf den öffentlichen Druck, der nach Vorabberichten der "Süddeutschen Zeitung" immer größer wurde, und publizierte einen Abschlussbericht der Berliner Forschungsgruppe.

Bereits jetzt finde "eine sehr breit angelegte wissenschaftliche und öffentliche Diskussion statt", sagte Bach. "Und das ist das, was wir wollten. Wir wollten Klarheit und Offenheit."

BISp soll nicht gekürzt haben

Auf die Kritik, dass der Bericht erst so spät veröffentlicht wurde, entgegnete Bach: "Auf unsere Nachfragen hin ist uns erklärt worden - gerade in den letzten Monaten - dass der Bericht beim Bundesbeauftragten für Datenschutz liegt und erst dann freigegeben werden kann." Nun liege er als Abschlussbericht vor. "Wir sind jetzt sehr gespannt auf die öffentliche Diskussion".

Allerdings ist der nun veröffentlichte Bericht ist deutlich gekürzt worden.  Die "Süddeutsche Zeitung hatte aus einem 804-seitigen Bericht zitiert. Das auf der BISp-Website abrufbare Papier umfasst dagegen nur 117 Seiten.

Ihm sei versichert worden, dass das BISp keine Kürzungen vorgenommen habe, sagte Bach. Auch der jetzige Bericht sei getragen von den Berliner Forschern. Diese "Diskrepanz" habe wohl wissenschaftliche und rechtliche Ursachen. "Das muss man respektieren, wenn es hier datenschutzrechtlich nachvollziehbare Gründe gibt."

Gegen den Verdacht, dass damit in Doping verwickelten Westdeutschen im Gegensatz zu Ostdeutschen mehr Schutz zu Teil werden könnte, wehrte sich Bach. In dem Bericht seien sehr wohl Namen der Verantwortlichen verzeichnet, sagte er. Zudem gebe es "offenbar einen vorherigen Bericht in dem mehr Namen stehen."

Unklar blieb, ob die Wissenschaftler kein Geld für eine Untersuchung über Doping in der Zeit nach 1990 erhielten. "Da sind die Informationen etwas widersprüchlich", sagte Bach. Das Bundesinstitut für Sportwissenschaften habe ihm gesagt, dass durchaus Geld zur Verfügung gestanden hätte. Es sei aber nicht abgerufen worden.

Nicht staatlich verordnet, aber gefördert

Für den ehemaligen Sportausschussvorsitzenden Peter Danckert gibt es praktisch kaum mehr einen Unterschied zum DDR-Doping und dem staatlich geduldeten und von Steuergeldern finanzierten Doping in der Bundesrepublik, wie es in der Forschungsarbeit der Berliner Humboldt Universität beschrieben und analysiert wird. "Es gab in Ost und West flächendeckendes Doping", sagte SPD-Politiker Danckert auf der Internetseite der "Mitteldeutschen Zeitung". Er sehe Unterschiede nur noch in Nuancen, wurde Danckert zitiert.

Einer sei, dass Doping "im Osten staatlich angeordnet war und im Westen staatlich geduldet. Jetzt sind wir sogar noch einen Schritt weiter und müssen sagen, dass es im Westen mit Steuermitteln unterstützt worden ist". Erneut machte sich Danckert auch für entsprechende Gesetze gegen Dopingsünder stark, "damit dieser Betrug aufhört. Oder man darf sich nicht mehr als Dopingbekämpfer hinstellen".

Auch Clemens Prokop hat sich bereits mehrfach für ein Anti-Doping-Gesetz ausgesprochen. Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes will zusammen mit Bayerns Justizministerin Beate Merk Wege zur Bekämpfung des Dopings aufzeigen. Die gemeinsame Pressekonferenz im Münchner Justizpalast steht unter dem Motto: "Was jetzt zu tun ist!"

Friedrich soll bei Sondersitzung aussagen

Ines Geipel, die Vorsitzende des Dopingopfer Hilfevereins DOH, nannte weitere Fragen. "Wenn so viele Leute involviert waren, stellt sich die Frage: Um welche Sportler und Funktionäre handelt es sich?", gab die Buchautorin zu bedenken und hinterfragte auch die Rolle des IOC-Präsidentschaftskandidaten Bach: "Inwieweit ist zum Beispiel auch Thomas Bach involviert? Wenn keine Namen genannt werden, bleibt alles anonym."

Der DOSB-Chef, der im September Präsident des Internationalen Olympischen Komitees werden will, bekräftigte im ZDF, dass zu seiner aktiven Zeit als Sportler in der Olympiamannschaft 1976 "für uns in Fechterkreisen das Thema Doping kein Thema" gewesen sei.

Wenn auch in der wissenschaftlichen Arbeit viele alte Erkenntnisse wiederholt werden, sind Politik und Sport aber gefordert zu zeigen, wie ernst sie es mit der Aufklärungsarbeit meinen.

Innenminister Hans-Peter Friedrich soll nach dem Willen der SPD bei der geplanten Sondersitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages Rede und Antwort stehen. Auch der an der Studie beteiligte Wissenschaftler Giselher Spitzer, BISp-Direktor Jürgen Fischer und Bach sollen zur Sitzung eingeladen werden. Möglicherweise wollen die Parlamentarier schon am 29. August zusammenkommen, alternativ stehen der 2. oder 3. September als Termin im Raum.

Quelle: ntv.de, hah/sid/dpa

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