Darts-Star sucht WM-Form "The Green Machine" van Gerwen stottert
15.12.2018, 11:44 Uhr
Michael van Gerwen schwächelt zur Unzeit - nämlich unmittelbar vor der WM.
(Foto: imago/Jan Huebner)
Wer über die Topfavoriten bei der Darts-Weltmeisterschaft 2019 redet, der kommt an Michael van Gerwen nicht vorbei. Doch der Dominator aus den Niederlanden zeigte zuletzt ungewohnte Schwächen. Und der Kreis der Titelanwärter ist so groß wie lange nicht mehr.
Michael van Gerwen winkt ab. Ein gequältes Lächeln, ein warmer Handschlag für den Gegner, dann schleicht er von der Bühne. Es sind ungewohnte Bilder des sonst alles überragenden Darts-Dominators, doch sie häuften sich zuletzt. Viel zu oft musste der als legitimer Nachfolger der Legende Phil Taylor auserkorene Niederländer der Konkurrenz in den letzten Wochen den Vortritt lassen. Und die Schwächephase kommt zur Unzeit. Wenn der Weltranglistenerste nun im Londoner Alexandra Palace in die WM startet, geht es für ihn nicht mehr nur um Titel Nummer drei. Nein, auch sein über die Jahre mühsam erworbener Status als Nummer eins steht auf dem Spiel.
Zwar ist van Gerwen auch ohne die Übermacht der vergangenen Jahre erster Anwärter auf die Krone. "Jeder weiß, dass mich in Topform nur Gary Anderson wirklich herausfordern kann", tönte er in der "Irish Times", doch seine Brust war schon mal breiter. "Die letzten beiden Monate liefen nicht so, wie ich das wollte", gestand er ein: "Ich habe noch mehr im Tank." Der zweimalige Weltmeister wirkt angezählt. Die überraschenden Niederlagen nahm er zuletzt häufig ungewohnt emotionslos hin. Dabei schien er schon dazu bestimmt, die eigentlich für jeden Darter viel zu großen Fußstapfen des Rekordweltmeisters Taylor auszufüllen. Doch dieser hegt Zweifel.
Taylor glaubt nicht an van Gerwen
"Der Rekord kann gebrochen werden. Ich habe es geschafft, also kann das auch ein anderer erreichen", sagte der im Januar zurückgetretene Taylor über seine sagenhaften 16 WM-Titel und stichelte: "Die Leute fragen mich: 'Wird Michael van Gerwen es schaffen?' Ich persönlich denke nicht." Dabei hatte der 29 Jahre alte van Gerwen "The Power" schon zu dessen aktiver Zeit längst den Rang abgelaufen. Sieg um Sieg holte "The Green Machine", neun Major-Triumphe wie 2016 gelangen nicht einmal dem großen Taylor zu dessen Glanzzeiten. Bei der folgenden WM stemmte van Gerwen folgerichtig zum zweiten Mal die "Sid Waddell Trophy" in die Höhe. "Mighty Mike" dominierte, seine Gegner gingen reihenweise vor ihm in die Knie, und sogar der Adel verbeugte sich. Im April 2018 wurde van Gerwen vom niederländischen König Willem-Alexander zum Ritter im Orden von Oranien-Nassau geschlagen.
Doch zuletzt erlitt dessen glänzende Rüstung Kratzer. Zwar gewann er auch in diesem Jahr vier Majors - für seine Verhältnisse jedoch viel zu wenig. Der Kreis der Anwärter auf den WM-Titel ist daher so groß wie selten. Der zweimalige Weltmeister Anderson befindet sich in starker Form, auch dessen schottischem Landsmann Peter Wright und Mensur Suljovic aus Österreich ist einiges zuzutrauen. Dazu krallten sich James Wade (England), Gerwyn Price (Wales) und Daryl Gurney (Nordirland) die Titel bei den vier letzten großen Turnieren im Vorfeld der WM und tankten ordentlich Selbstvertrauen.
In den drei Jahren zuvor hatten die Siegerlisten bei diesen Majors noch arg eintönig ausgesehen: Der Gewinner hieß stets Michael van Gerwen. Doch spätestens, wenn die ersten Pfeile im Ally Pally fliegen, zählt für den Ritter aus Nordbrabant ohnehin nur noch eins: seine Gegner auf der größtmöglichen Bühne wie in alten Tagen wieder in die Knie zu zwingen.
Quelle: ntv.de, Tobias Schwyter & Jonas Giesenhagen, sid