Über Gebühr gedopt Tourberichte bei ARD und ZDF
04.07.2007, 16:45 UhrDie Doping-Beichte von Jörg Jaksche reichte für den angedrohten Ausstieg nicht aus. ARD und ZDF halten an ihrer umfangreichen Berichterstattung über die Tour de France fest. Die ersten Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender sind bereits in London, wo am Samstag das größte Radsport-Ereignis der Welt beginnt. Jeweils rund 90 Live-Stunden haben ARD/ZDF und Eurosport eingeplant. "Es war keine einfache Entscheidung. Wir fahren nicht mit ganz großer Euphorie hierher", erklärte ARD-Teamchef Roman Bonnaire in der britischen Hauptstadt.
Berichterstattungsausstieg denkbar
"Zur Live-Übertragung gehören auch Beiträge, Gespräche und Analysen zum Thema Doping", versicherte ZDF-Mann Peter Kaadtmann. Er ist der gemeinsame Chef des ARD/ZDF-Teams, das sich weiterhin einen Ausstieg aus der Berichterstattung vorbehält. Die TV-Anstalten haben sich dabei auf eine Linie geeinigt. "Wenn, dann steigen wir gemeinsam aus. Es wird keinen Alleingang eines Senders geben", sagte Bonnaire. Sein Glaube an eine dopingfreie Frankreich-Tour ist gering: "Wir wollen den Fahrern aber ganz genau auf die Füße treten."
Gebührenzahler finanzieren Tour-Marketing
ARD/ZDF fühlen sich für die Doping-Diskussion gewappnet. Sie dürfte in den nächsten drei Wochen den sportlichen Verlauf der Tour überschatten. Das Erste, bis 2004 noch Co-Sponsor des Team Telekom, hat den Berliner Experten Hans-Joachim Seppelt und Florian Bauer aus der neuen Doping-Redaktion des WDR dabei. "Sie sind unsere Doping-Liberos. Sie sollen recherchieren und Hintergrundberichte liefern", erklärte Bonnaire. Nach einer Grundsatzentscheidung der Intendanten verzichten beide Sender diesmal auf ehemalige Radprofis als Experten.
Betroffen von diesem Beschluss ist ARD-Fachmann Marcel Wüst. Der frühere Festina-Fahrer hat zwar noch einen Vertrag bis 2008, ist aber diesmal nicht als Gesprächspartner von Monica Lierhaus auf dem Bildschirm zu sehen. Eine Ausnahme ist der Schweizer Rolf Järmann, der der ARD für Fachgespräche zur Verfügung steht. Er stieg 2000 mit einem Doping-Geständnis vom Rad und engagiert sich seither im Anti-Doping-Kampf. "Ihm billigen wir große Glaubwürdigkeit zu", sagte Bonnaire.
Eurosport verzichtet auf den früheren Team Telekom-Profi Jens Heppner als Co-Kommentator. In den vergangenen Jahren hatten stets prominente Radsportler wie Rudi Altig, Rolf Gölz, Toni Rominger, Udo Bölts oder Rolf Aldag die Leistungen ihrer Berufskollegen am Mikrofon bewertet. Von Doping war dabei selten die Rede. Umso mehr sind diesmal die Live-Kommentatoren gefordert. "Ihnen kommt in einer schwierigen Situation die wichtigste Rolle zu", sagte der ARD-Teamchef.
Sieg ohne Hilfsmittel kaum möglich
Die meisten Reporter sehen der Tour mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. "Beim derzeitigen Zustand kann ich mir nicht vorstellen, dass man es schaffen kann, diese Rundfahrt ohne die bekannten Hilfsmittel zu gewinnen", erklärte ZDF-Reporter Peter Leissl im "Express". "Ich bin gespannt, ob die Veranstalter ihre Ansprüche tatsächlich umsetzen, und ob die Teams Transparenz praktizieren. Auch wenn es schwer wird, den Restposten Sport in den Radrennen zu erkennen, können wir auf jeden Fall eine Tele-Novela, nein: Velo-Novela in 21 Folgen erwarten", sagte Eurosport-Reporter Ulli Jansch. In der Pressemappe des Spartensenders taucht das Wort "Doping" kein einziges Mal auf.
Von Peter Hübner, dpa
Quelle: ntv.de