Knappes Aus im WM-Viertelfinale Überragender Stützle trotzt den Umständen
03.01.2021, 15:19 Uhr
Stützle hat sich in die Herzen der Eishockeyfans gespielt.
(Foto: AP)
Knapp reicht es im Viertelfinale der U20-WM nicht für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft. Doch dass das Team um Ausnahmetalent Tim Stützle überhaupt in die Runde der besten Acht eingezogen ist, kann als absoluter Erfolg verbucht werden. Vor allem bei der Vorgeschichte.
Zahlreiche Coronafälle, Quarantäne bis kurz vor Turnierstart, eine 2:16-Klatsche im zweiten Spiel - eigentlich sprach bei der U20-WM in Kanada alles gegen die deutschen Eishockey-Junioren. Doch angeführt von Ausnahmetalent Tim Stützle kämpfte sich die DEB-Auswahl doch noch bis ins Viertelfinale - und in die Herzen vieler Eishockeyfans.
"Der historisch erste Viertelfinal-Einzug war eigentlich unmöglich, aber die Jungs haben es möglich gemacht. Sie sind als Truppe zusammengewachsen und haben sich irgendwann in einen Rausch gespielt", sagte DEB-Präsident Franz Reindl: "Es war ein Traum, ihnen dabei zuzusehen. Ich bin total begeistert." Im Halbfinale in Edmonton schied das Team von Trainer Tobias Abstreiter zwar knapp mit 1:2 (0:1, 0:1, 1:0) gegen Favorit Russland aus, doch schon das Erreichen der K.-o.-Runde war angesichts der Umstände ein Riesenerfolg für die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).
"Zeigt ihren Charakter"
Bis zwei Tage vor dem WM-Start musste das DEB-Team wegen acht positiv getesteter Spieler in Quarantäne, später kam noch ein neunter Fall dazu. Ersatzgeschwächt kassierte die Mannschaft im zweiten Spiel gegen Gastgeber Kanada 16 (!) Gegentreffer, von so einer heftigen Pleite erholt man sich im Eishockey eigentlich nicht mehr. Doch angetrieben von den überragenden Stützle und John-Jason Peterka folgten zwei dramatische Siege gegen die Slowakei (4:3 n.V.) und die Schweiz (5:4).
"Das zeigt ihren Charakter, ihre Leidenschaft und auch ihre Qualität", sagte Reindl: "Und es zeigt auch, dass unser Nachwuchs-Konzept Früchte trägt." Jahrelang war Deutschland im U20-Bereich eine Fahrstuhlmannschaft, die zwischen A- und B-WM pendelte. Doch die Qualität ist dank verstärkter Investitionen deutlich gestiegen.
Vor allem Stützle, der im NHL-Draft von den Ottawa Senators an Nummer drei ausgewählt worden war, bewies im Eishockey-Mutterland seine große Klasse. "Wie er seine Rolle auf dem Eis und in der Kabine angenommen hat, ist phänomenal", schwärmte Reindl: "Er ist ein Top-Leader, ausgestattet mit einem unglaublichen Talent." Der 18-jährige Stützle trumpfte mit seiner läuferischen und technischen Klasse derart auf, dass viele Experten meinen, er sei stärker als Superstar Leon Draisaitl in diesem Alter. Als Kapitän riss der Ex-Mannheimer seine Mitspieler auch emotional mit. Er sei "unfassbar stolz" auf die Leistung des Teams, sagte Stützle, "wie wir alle das ganze Turnier über zusammengearbeitet haben".
Als Einheit brachte Deutschland die Nachwuchsstars der Sbornaja zumindest an den Rande einer Niederlage. "Die Russen haben gewackelt, wir haben gedrückt und an den Sieg geglaubt", sagte der stolzer Trainer Abstreiter: "Es war ganz, ganz knapp vor einer Sensation." Doch auch so war die Weltmeisterschaft ein großer Erfolg für den DEB.
Quelle: ntv.de, Jörg Soldwisch, sid