4:0 gegen Liechtenstein Und Mario Gomez ist traurig
29.03.2009, 13:41 UhrAm Ende konnte nicht einmal Paule ihn aufmuntern. Da hatte die deutsche Nationalmannschaft mit 4:0 (2:0) gegen Liechtenstein gewonnen – und Mario Gomez war traurig. Nach dem Schlusspfiff stand er am Samstagabend verlassen im Mittelkreis des Leipziger Zentralstadions und blickte auf die Ränge, wo sich die meisten der 43.368 Zuschauer trotz eines wenig berauschenden Fußballspiels leidlich zufrieden zeigten.
Mario Gomez aber machte nicht nur nach dem Spiel den Eindruck, als könne er ein wenig Zuspruch gut gebrauchen. Als erster aus der Mannschaft kam Andreas Beck, die beiden kennen sich seit ihrer gemeinsamen Jugendzeit beim VfB Stuttgart. Ein freundlicher Klaps in den Nacken. Wird schon, Junge. Das wird auch Paule gesagt haben. Paule ist von Beruf Maskottchen und der offizielle Glücksbringer des DFB. Der Plüschadler nahm Gomez in den Arm, tätschelte ihn und wirkte um Lichtjahre enthusiastischer als der Nationalspieler – was nicht schwer war. Abgesehen davon lautet sein Auftrag als Maskottchen, für gute Laune zu sorgen. Aufmunterung als Pflichtaufgabe. Bei Mario Gomez ist Paule gescheitert. Der strich sich mit der rechten Hand durchs Haar und trottete hinter seinen Mitspielern her, um sich von den Zuschauern zu verabschieden.
„Sehr, sehr bitterer Abend“
Später sprach er von einem „sehr, sehr bitteren Abend“. Und dass er auch nicht wisse, woran es liegt. Was Mario Gomez plagte? Er hatte kein Tor geschossen. Und wer nur die Spiele in der Nationalmannschaft betrachtet und außerdem ins Kalkül zieht, dass Mario Gomez Stürmer ist, muss sagen: schon wieder nicht. Ein Jahr und 14 Spiele ist es nun her, dass er zuletzt im Nationaltrikot für die deutsche Mannschaft traf. So stolperte er sich in den Mittelpunkt eines Spiels, dass für die Beteiligten auf deutscher Seite nicht mehr war als eine lästige Pflicht.
Denn was lässt sich gegen den 151. der Weltrangliste schon gewinnen? Drei erwartbare Punkte und die damit verbundene Tatsache, dass die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw in der Gruppe vier erster Anwärter auf die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika bleibt. „Wir haben unsere Pflichtaufgabe gegen Liechtenstein erfüllt“, lautete dann auch Löws unspektakuläres Fazit. Und ja, „wir hätten das ein oder andere Tor mehr erzielen können“.
Es hat halt gereicht
Pflichtaufgabe erfüllt – davon sprach auch Bastian Schweinsteiger und wirkte keineswegs unzufrieden. Schließlich war die Nationalmannschaft damit erfolgreicher als ihr Maskottchen. Pflichtaufgabe erfüllt, das heißt aber auch: Es hat halt gereicht. Zwei Tor in den ersten neun Minuten, zwei Tore in den ersten fünf Minuten nach der Pause. Schön anzusehen, gewiss. Mehr aber auch nicht. Nur auf Mario Gomez traf nicht einmal das zu. Je länger das Spiel lief, desto deutlicher war ihm anzusehen, dass ihm die Sorge, womöglich selbst gegen Liechtenstein den Ball nicht ins Tor zu schießen, arg zu schaffen machte.
Vielleicht hat er auch daran gedacht, was sein Sturmkollege Lukas Podolski, der gegen Liechtenstein das 4:0 erzielte und das 3:0 erzielt hätte, wenn Kollege Schweinsteiger es ihm nicht geklaut hätte, am Tag zuvor der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt hatte. Es ging darum, dass Podolski sich oft anhören muss, seine vielen Länderspieltore – nämlich 32 in 61 Partien - meist gegen Teams minderer Güte erzielt zu haben. Darauf hatte Podolski gesagt: „Was sagt man denn, wenn einer gegen Liechtenstein überhaupt kein Tor schießt.“ Tja, was sagt man dann?
Kein schöner Anblick
Es war kein schöner Anblick, wie der 24-jährige Mario Gomez, der in dieser Saison bereits 14 Tore für den VfB Stuttgart erzielt hat, sich in Leipzig verzweifelt abmühte und – ja was eigentlich? Kein Glück hatte? Oder gar Pech? Sich dumm anstellte? Schlecht angespielt wurde? Wahrscheinlich von allem etwas. Die Zuschauer pfiffen bei jeder vergebenen Torchance. Und sie lachten, als er vergeblich versuchte, eine missglückte Flanke noch per Fallrückzieher zu verwerten.
Und so waren Mitspieler und Trainer sichtlich darauf bedacht, Mario Gomez vor der Kritik und Häme der Zuschauer und Journalisten zu schützen. Kapitän Michael Ballack sagte: „Er gibt sich Mühe. Er braucht einfach nur einmal ein Erfolgserlebnis.“ Schweinsteiger sprach davon, dass Gomez ein großartiger Spieler sei „und dass wir froh sein müssen, ihn in unseren Reihen zu haben“. Joachim Löw war sich sogar „sicher, dass bald der Knoten platzt“.
Und wenn das alles nichts hilft? Dann muss Paule noch mal ran. Und endlich seine Pflichtaufgabe erfüllen.
Stefan Giannakoulis, Sportredakteur bei n-tv.de.
Quelle: ntv.de