Sport

"Nicht gut für die Formel 1" Unmut über Spionage-Theater

Interviewabsagen, Fotoboykotts und neue Brieffeindschaften: Auf ihrem vorläufigen Höhepunkt nimmt die Spionage-Affäre um McLaren-Mercedes und Ferrari immer absurdere Formen an - und beginnt andere Formel-1-Teams zu nerven.

"Das Thema ist nicht gut für die Formel 1", kritisierte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen vor dem Großen Preis von Ungarn. "Dinge wie diese sind schlecht für die Sponsoren, sie sind für niemanden gut", sagte Renault-Teamchef Flavio Briatore.

Berichte über einen von ihm angeblich geforderten Ausschluss der Silberpfeile wies er aber vehement zurück. "Ich habe nie gesagt, dass sie ausgeschlossen werden sollen", sagte er dem Internetanbieter "autosport-com".

Bizarre Verbote

In den Tagen vor und während des Grand-Prix-Wochenendes in Budapest trieben es die Mit-Beteiligten an der "Formel 007" unterdessen auf die Spitze. Von seinem Rennstall war Weltmeister Fernando Alonso am Donnerstag von der üblichen Pressekonferenz des Automobilwelt-Verbandes FIA zurückgezogen worden.

McLaren-Mercedes-Kollege Hamilton stand den Medien ebenfalls nicht wie sonst üblich zur Verfügung. Am Samstag ließ Ferrari dann einen Fototermin mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone platzen. Der Brite wollte sich mit den vier Führenden der Gesamtwertung, Hamilton, Alonso, Felipe Massa und Kimi Räikkönen ablichten lassen. Doch das Scuderia-Duo bekam von Teamchef Jean Todt nicht die Erlaubnis.

Innige Brieffeindschaft

Hinzu kam ein reger - und über die Öffentlichkeit geführter - Briefverkehr zwischen McLaren-Chef Ron Dennis und dem Präsidenten des Italienischen Automobilverbandes, Luigi Macaluso. Zunächst hatte der Italiener an den FIA-Chef Max Mosley geschrieben und eine Berufungsverhandlung verlangt, nachdem McLaren-Mercedes am 26. Juli in Paris durch den FIA-Weltrat vom Verdacht der Spionage freigesprochen worden war. Mosley entsprach schriftlich dem Antrag.

Daraufhin schrieb McLaren-Chef Ron Dennis an Macaluso und warf Ferrari vor, das Auftaktrennen der Saison in Melbourne mit einem nicht regelkonformen Auto gewonnen zu haben. Macaluso antwortete wiederum Dennis und provozierte so den nächsten Antwortbrief. Darin forderte Dennis: Das Briefeschreiben muss ein Ende haben. Zwischendurch wies Ferrari - diesmal in einer Pressemitteilung - die Vorwürfe des Konkurrenten bezüglich des illegalen Sieges zurück.

McLaren gibt sich unschuldig

"Das Briefeschreiben ist nicht von uns begonnen worden", meinte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Es seien aber Fakten und Behauptungen verbreitet worden, "die man nicht so stehen lassen konnte". Weder McLaren noch Mercedes hätten sich im Ansatz etwas in der Spionage-Affäre zu Schulden lassen kommen, betonte Haug. Die geheimen Unterlagen seien nie im Besitz des Teams gewesen, sondern im privaten Bereich eines Mitarbeiters.

Bekommen haben soll der ehemalige McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan die 780 Seiten mit vertraulichen Ferrari-Informationen vom ehemaligen Chefmechaniker der Scuderia, Nigel Stepney. Beide waren nach Bekanntwerden umgehend von ihren Teams suspendiert worden.

Ecclestone sauer auf die Medien

Intrigen seien schon immer Teil der Formel 1 gewesen, "aber sie sollten kurz vor dem Gerichtssaal enden", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Auch Ecclestone ist nicht gerade amüsiert. Ihn ärgert es, dass so breit über die Affäre berichtet wird: "Aber es ist Sache der Journalisten zu entscheiden, was wichtig genug ist, um darüber zu berichten."

Hoffnung auf ein baldiges Ende konnte aber auch Mercedes-Mann Haug nur bedingt machen. "Das Schwierige an der Sache ist, dass es jetzt ein Dauerthema bleibt." Zumindest bis zur Berufungsverhandlung. Diese soll voraussichtlich nach dem Grand Prix in der Türkei Ende August stattfinden.

von Claas Hennig, dpa

Quelle: ntv.de

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