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Sieg und Signal gegen Russland? Usyk schultert Hoffnungen der Ukraine im Jahrhundertkampf

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(Foto: picture alliance / empics)

Nach 25 Jahren wird es wieder einen unumstrittenen Schwergewichts-Weltmeister geben. Der Showdown zwischen Tyson Fury und Alexander Usyk elektrisiert die Boxwelt - und die Ukraine hofft auf ein Zeichen gegen Russland. Während es um Legendenbildung geht, wartet ein Sportswashing-Showdown.

Auf Alexander Usyk, das weiß Wladimir Klitschko nur zu gut, ruhen die Hoffnungen einer ganzen Nation. Mit nur einem K.o.-Schlag im "Kampf des Jahrhunderts" gegen Tyson Fury könnte der Box-Champion, der in der kriegsgebeutelten Ukraine längst ein Volksheld ist, zu einer wahren Legende des Sports aufsteigen. Als unumstrittener Schwergewichts-Weltmeister, als Nachfolger Muhammad Alis und Mike Tysons, hätte Usyk sogar den großen Klitschko übertroffen.

Ein Sieg Usyks wäre aber auch ein ermutigendes Signal für das Land, das im Krieg gegen Russland um sein Überleben kämpft, weshalb Klitschko als Edelfan seines Landsmannes nach Riad gereist ist. "Ich bin hier, um zu sagen, dass wir standhaft bleiben, um unserem Land Sichtbarkeit und Unterstützung zu geben", sagte der frühere Weltmeister in einer Videobotschaft: "Und es ist ein historischer Kampf für den Boxsport. Er wird den ersten ukrainischen Schwergewichts-Champion hervorbringen, der alle Titel vereint!"

Millionen Ukrainer und Klitschko, den Fury 2015 enttrohnt hatte, wollen sehen, wie sich der auf der Krim geborene Usyk in der Nacht auf Sonntag (0 Uhr/DAZN) zum ersten unangefochteten Schwergewichts-Champ seit 25 Jahren krönt. Der letzte war Lennox Lewis. Ein Triumph wäre "sehr wichtig für mein Land", so Usyk, der sich einige Monate hatte gedulden müssen, weil das ursprüngliche Kampfdatum im Februar wegen einer Trainingsverletzung Furys nicht zu halten war.

Im Duell der Unbesiegten mit dem britischen WBC-Weltmeister Fury (35 Kämpfe, 34 Siege, ein Remis) ist Usyk, der die Titel der WBA, WBO und IBF hält, keinesfalls der Underdog. "Usyk ist mental stärker. Ich habe selten so einen coolen Typen gesehen. Den kratzt das alles überhaupt nicht", sagte der frühere Klitschko-Manager und DAZN-Experte Bernd Bönte dem SID: "Und vor allem boxt Usyk für ein Land. Das ist bei ihm eine Extra-Motivation."

Usyk "in vielen Bereichen besser"

Wahrlich gibt sich der 37-Jährige, der sämtliche seiner 21 Profikämpfe gewann, dieser Tage ungemein locker und zurückhaltend in Interviews, ab und zu mal ein Späßchen - der Rest ist voller Fokus. Bei der Pressekonferenz am Donnerstagabend wollte Usyk seinem Gegner beim Face-off tief in die Augen starren, Fury vermied jedoch demonstrativ den Blickkontakt und machte lieber seine üblichen Mätzchen.

Das Fury-Lager, so ist es nun einmal, übt sich seit Tagen in Psychospielchen. Vater John hatte sich bereits zu Wochenbeginn mit Usyks Team angelegt und sich in der folgenden Rangelei eine Platzwunde zugezogen, während sich sein Sohn bei jeder Gelegenheit über Usyk lustig machte, ihn unter anderem ein "hässliches Kaninchen mit einer Zahnlücke" nannte, wobei der 35-Jährige ihm gleichwohl zugestehe, der wohl beste Gegner zu sein, "gegen den ich je gekämpft habe." Alles andere wäre auch albern gewesen, wenn man bedenkt, dass Usyk schon im Cruisergewicht unumstrittener Champ gewesen war und sich wie Klitschko Olympiasieger nennen darf.

Entscheidend wird sein, wie Usyk mit dem Größenunterschied umgeht, Fury (2,06 Meter) ist 15 Zentimeter länger. Laut Bönte sei der Ukrainer jedoch "in vielen Bereichen besser. Er hat eine bessere Beinarbeit. Die Beweglichkeit, die Dominanz im Ring." Obwohl Fury selbst ein hervorragender Techniker ist, rettet ihn gegen Usyk wohl nur eine waschechte Prügelei. "Wenn der Kampf ein Boxing-Match wird, gewinnt Usyk", so Bönte: "Wenn der Kampf ein Streetfight wird, gewinnt Fury."

Während Saudi-Arabien wegen der Menschenrechtslage vor Ort, getöteten Geflüchteten an der Grenze und des Krieges im Jemen international in der Kritik steht, macht das Königreich seit Jahren als Ausrichter großer Sportevents Schlagzeilen. Dass die Saudis die Fußball-WM 2034 wollen - und wohl auch kriegen werden - ist bekannt, auch im Boxen finden die größten Fights mittlerweile in Riad statt, im Golf wirbt die LIV Tour zahlreiche Topspieler ab. Menschenrechtsorganisationen und Kritiker werfen dem Land Sportswashing vor.

Quelle: ntv.de, dbe/sid

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