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HSV als Erpressungsopfer Van der Vaart spielt nicht

Die Szene hat in Hamburg niemand vergessen. Plötzlich stürzte Khalid Boulahrouz beim Warmmachen vor dem Champions-League-Qualifikationsspiel gegen Osasuna Pamplona auf den Rasen, hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht beide Hände an den Kopf - Einsatz unmöglich. Bänderdehnung im Knöchel lautete zunächst die offizielle Version des widerlichen Schmierentheaters vom 9. August 2006, mit dem der Niederländer seinen Wechsel vom HSV zu Chelsea London erzwang und gleichzeitig die internationale Spielberechtigung für den neuen Arbeitgeber sicherte.

Van der Vaarts Einsatz unwahrscheinlich

Kein Wunder, dass Fußballfans und Funktionäre in der Hansestadt ein Deja-vu-Erlebnis hatten, als Rafael van der Vaart, dem Tag der Abreise zum Qualifikations-Hinspiel um den UEFA-Cup bei Honved Budapest plötzlich Rückenschmerzen verspürte. Er habe sich an seinem kleinen Sohn verhoben. Sein Einsatz ist ausgeschlossen. Nur eins war vor dem Anpfiff bereits klar: Hätte er für den HSV gegen Budapest gespielt, wäre er bis Ende des Kalenderjahres für keinen anderen Klub international einsatzberechtigt gewesen.

Fall van der Vaart kein Einzelfall

Der Machtkampf zwischen dem HSV, dem FC Valencia, dem Spieler van der Vaart und dessen umstrittenen Berater Sören Lerby verdeutlicht noch einmal, mit welchen Methoden Profis ihre Wechsel zu anderen Vereinen forcieren und dabei laufende Verträge ignorieren und ihre Klubs erpressen. Der Fall van der Vaart ist kein Einzelfall, sondern nur ein weiteres Beispiel egoistischer Machenschaften im Millionengeschäft Fußball.

Mit Eigentor gedroht

So verweigerte Stürmer Christian Giminez vor zwei Jahren seinen Einsatz für den FC Basel gegen Werder Bremen, weil er zu Olympique Marseille wechseln wollte. Der Franzose William Gallas soll Arsenal London gedroht haben, ein Eigentor zu schießen, um den Transfer zum FC Chelsea zu erzwingen. Ebenfalls in Hamburg legte sich im letzten Sommer Daniel von Buyten solange mit seinen Mitspielern an, bis er in der Mannschaft völlig isoliert und der Verkauf zum FC Bayern unvermeidlich war.

Hartnäckiger FC Bayern

Die Bayern wiederum gruben so lange an Miroslav Klose herum, bis Werder Bremen es schließlich aufgab, die Vertragserfüllung bis 2008 durchzusetzen. Klose betrieb bereits in der Rückrunde eine indirekte Leistungsverweigerung durch Formschwäche, die dazu beitrug, dass der Herbstmeister nur Dritter wurde. Seine Verhandlungen - nein: "Informationsgespräch" - mit den Bayern einen Tag vor dem UEFA-Cup-Halbfinale gegen Espanyol Barcelona leiteten schließlich den Abgang ein.

Wechsel per Gerichtsbeschluss

Der Argentinier Daniel Heintze von Manchester United will ein ordentliches Gericht anrufen, um den Wechsel zum FC Liverpool zu erzwingen. Im letzten Jahr veranstaltete selbst ein Stürmer wie Michael Thurk ein wochenlanges Sommertheater, in dem er sich mit Trainer Jürgen Klopp überwarf, um von Mainz zu Eintracht Frankfurt wechseln zu können.

Boykott in der Qualifikation

Beim FC Sevilla hat der Spieler Dani Alvez seinen Einsatz in der Champions-League-Qualifikation gegen EK Athen (2:0) verweigert. Der Brasilianer wird seit Wochen vom FC Chelsea umworben und wollte mit seinem Boykott den Wechsel forcieren. "Ich kann niemandem Handschellen anlegen und ihn zur Arbeit zwingen", erklärte Sevillas Trainer Juande Ramos seinen Verzicht auf den Rechtsverteidiger.

In dem Fall aber sind sich alle Parteien grundsätzlich über den Verkauf einig, gezockt wird um die Höhe der Ablöse, die bei 37 Millionen Euro liegen soll. Van der Vaart aber soll beim HSV bleiben. Die Aussagen der Klubführung sind unmissverständlich, es geht nicht um Geld. Es geht darum, nicht erpressbar zu sein und damit auch kein falsches Signal für die Zukunft an andere Spieler des Kaders zu senden.

Lerby weiter "optimistisch"

Van der Vaarts Berater Lerby aber scheint bei seinem unbedingten Willen, den Wechsel durchzusetzen und daran mitzuverdienen, eigene Wahrnehmungen von der eindeutigen und ihm in Budapest persönlich mitgeteilten Absage zu haben. "Ich bin optimistisch bezüglich des Transfers", erklärte der Däne gegenüber der spanischen Zeitung "Marca", "auch wenn mir gesagt wurde, dass der Wechsel schwer wird."

Von Andreas Hardt, sid

Quelle: ntv.de

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