Sport

Einzelfallprüfung für DDR-Doper Von Richthofen gegen Amnestie

Der ehemalige Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, ist gegen einen generellen Schlussstrich unter die Debatte zum DDR-Doping. Es sei für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass Trainer, Funktionäre und Athleten ihr Wissen über das Dopingsystem in der ehemaligen DDR bedingungslos offenlegten, schrieb von Richthofen in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag".

"Aber eine Generalamnestie für belastete DDR-Trainer darf es meiner Meinung nach nicht geben. Das Dopingsystem von damals ist zu vielschichtig, als dass sich alle Beteiligten über einen Kamm scheren ließen", erklärte der 75-Jährige. "Ich plädiere dafür, wie schon zu Zeiten der ersten Kommission, die nach der Wende unter meinem Vorsitz die zurückliegenden Dopingpraktiken behandelte, eine sorgfältige Einzelfallprüfung durchzuführen."

Kein vorschneller Schlussstrich

Von Richthofen ging damit auf Distanz zu Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der vergangene Woche mit Hinweis auf Verjährungsfristen für einen Schlussstrich unter bestimmten Bedingungen plädiert hatte. Trainer, die in eigener Kompetenz die Einnahme von Dopingmitteln kontrolliert hätten, sind für von Richthofen "für eine Vorbildfunktion (...) ein Leben lang ungeeignet".

Für Übungsleiter, die auf Befehl gehandelt hätten, sei eine Amnestie vorstellbar, "vorausgesetzt sie bitten die Dopingopfer um Verzeihung, distanzieren sich von ihren Taten und erklären, heute nichts mehr mit Doping zu tun zu haben." Man dürfe jedoch nicht den Fehler begehen, die Aufarbeitung vorschnell abzuschließen.

Akteneinsicht empfehlenswert

Von Richthofen hatte von 1991 bis 1993 die Kommission zur Aufklärung der Dopingpraxis in Ost- und Westdeutschland geleitet. In dieser Funktion hatte er sich gegen eine Festanstellung des heutigen Bundestrainers der Biathlon-Herren, Frank Ullrich, ausgesprochen. Ullrich wird von ehemaligen Athleten mit Doping-Praktiken in der früheren DDR in Zusammenhang gebracht. Er bestreitet die Anschuldigungen.

"Ich empfehle dem DOSB und den Fachverbänden, die es mit belasteten Trainern zu tun haben, die Akten noch einmal genau zu studieren. Daraus lässt sich alles ablesen. Auch 20 Jahre danach", meinte von Richthofen.

Doping in Originalpackungen

Unterdessen hat der ehemalige DDR-Kugelstoßer Gerd Jacobs seinen früheren Trainer Werner Goldmann kurz vor dessen Arbeitsgerichtsprozess gegen den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) am 9. April noch einmal belastet und Details über Dopingpraktiken genannt. Das staatlich anerkannte Doping-Opfer Jacobs, das auch für die Stasi arbeitete, sagte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus, Goldmann habe in den letzten Jahren der Zusammenarbeit verbotene Muskelmasttabletten sogar "in den Original-Verpackungen verteilt".

Laut Jacobs habe es sich um weiß-rot-blaue Schachteln der Marke Oral-Turinabol vom Hersteller Jenapharm gehandelt. Goldmann, der bislang jedwede Dopingvergangenheit bestritten und vor Olympia 2008 dazu gegenüber dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) eine Ehrenerklärung unterschrieben hatte, fordert vom DLV die Weiterbeschäftigung.

Auf die Frage, warum er gegen Goldmann so unnachgiebig sei, antwortete Jacobs, er sei bereit, seine Vergangenheit und seine Fehler einzugestehen. "Leute wie Goldmann und Konsorten können das offenbar nicht. Sie haben nachweislich Jugendliche und Erwachsene mit Dopingmitteln vollgestopft und geschädigt, aber sie verweigern die Wahrheit weiter und lügen weiter, dass sich die Balken biegen", sagte er. Sein Fazit: "Keine Amnestie mit Amnesie".

Quelle: ntv.de

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