Darauf muss man besonders achten Wann der Ringarzt bei MMA-Kämpfen eingreifen muss
06.12.2024, 18:23 Uhr
Dr. Panagiotis Karachalios (r.) erkundigt sich bei einem MMA-Kämpfer über dessen Zustand.
(Foto: Oktagon)
Prellungen und Schnittwunden sind im MMA-Sport nicht selten. Es gibt aber auch gefährlichere Verletzungen, die auf den ersten Blick unbedenklich erscheinen. In letzter Instanz entscheidet ein Ringarzt, ob es für die Kämpfer weitergeht oder nicht. Sein Urteil kann den Kampf entscheiden.
Mixed Martial Arts ist ein Sport mit Vollkontakt, Verletzungen kann man entsprechend nicht ausschließen. MMA-Kämpfer riskieren zwar ihre Gesundheit, doch es gibt Grenzen. Damit diese eingehalten werden, kontrolliert ein Ringarzt vor und nach den Kämpfen - und selbst in den Rundenpausen - den Zustand der Athleten. Im Gespräch mit RTL/ntv erklärt Ringarzt Dr. Panagiotis Karachalios, wann er einen Kampf aus medizinischer Sicht abbrechen muss und worauf er achtet.
Der Orthopäde, der in Düsseldorf seine Praxis hat, wird auch bei Oktagon 64 (am 7. Dezember ab 17.30 Uhr live im Stream auf RTL+) direkt am Käfig sitzen. Seine persönliche Vorbereitung beginnt bereits mit der Sichtung des Handschuhs, mit dem die Fighter kämpfen. "Jeder Veranstalter nutzt unterschiedliche Handschuhe. Und auch hier gibt es Unterschiede. Der eine Handschuh kann weicher als der andere sein. Davon hängen auch spätere Verletzungen ab." Grundsätzlich gilt, dass der Handschuh in erster Linie die Hand des Schlagenden und nicht den Körper des Gegners schonen soll.
Der MMA-Handschuh ist nicht vergleichbar mit einem Box-Handschuh. "Tatsächlich ist ein MMA-Handschuh ungefährlicher als ein Box-Handschuh, weil man beim MMA schneller K.o. geht. Die Schutzfunktion des Körpers setzt früher ein."
Im Kampf achtet Karachalios vor allem auf Blutungen und sogenannte Cuts über dem Auge. "Das Auge hat gewisse Muskeln, welche das Auge öffnen und schließen. Sobald ein Cut eine Kurve Richtung Augenlid geht, muss ich den Kampf abbrechen. Denn einen Muskel kann man nicht zusammennähen. Im schlimmsten Fall kann diese Verletzung dazu führen, dass der Kämpfer sein Auge nicht mehr schließen kann." Einmal musste der Düsseldorfer Ringarzt bisher einen Kampf aufgrund dieser Gefahr abbrechen. "Tatsächlich wurde ich deswegen vom Publikum sogar ausgebuht."
Was der Arzt nicht sieht, ist schwer zu beurteilen
Oftmals versuchen Kämpfer, ihre Verletzungen zu ignorieren oder spüren das Ausmaß wegen des Adrenalins nicht. Bei Oktagon 62 hatte sich MMA-Star Max Coga bereits in der ersten Runde die Mittelhand gebrochen. Trotzdem kämpfte er weiter und gewann sogar. "Verletzungen, die nicht sichtbar sind, kann ich natürlich auch nur schwer erkennen. Wenn ich aber eine Auffälligkeit sehe, die auf einen Bruch hindeutet, gehe ich rein und drücke zum Beispiel auf die Stelle, um dem Kämpfer zu zeigen, dass es nicht mehr weitergeht", erklärt der Mediziner. "Manchen Kämpfern sieht man nicht an, dass sie k.o. sind, weil sie in einer Art Überlebensmodus sind. Da muss ich ihnen dann ein paar Fragen stellen oder tief in die Augen schauen, um zu erkennen, ob der Blick noch klar ist."
Bei offenen Brüchen hingegen oder einem Kreuzbandriss geben die Fighter meistens selbst auf, weil auch ihnen der Schmerz zu stark ist und sie auch die Gefahr des Eindringens von Bakterien nicht eingehen wollen.
Einerseits muss er als Arzt eine medizinische Entscheidung fällen, zugleich weiß er, dass er mit seinen Einschätzungen auch Karrieren beeinflusst. "Manchmal klaue ich mit meinen Entscheidungen einem Kämpfer den Sieg." Dementsprechend steht für ihn fest: "Als Käfigarzt muss man auch Eier haben und den Mut. Denn meine Entscheidung beeinflusst viele Ergebnisse und Verläufe nach dem Kampf."
Quelle: ntv.de