"Höllentour" beendet Zabel und Aldag packen aus
24.05.2007, 12:04 UhrErik Zabel hat sich als erster noch aktiver Radprofi als Doping-Sünder geoutet. Bei einer Pressekonferenz in Bonn gab der 38-Jährige unter Tränen zu, vor und in der ersten Woche der Tour de France 1996 mit EPO gedopt zu haben. "Ich habe gedopt, weil es ging", sagte Zabel, "das war ein Test, das war einmalig." Zuvor hatte der Teamchef des Bonner Radrennstalls T-Mobile, Rolf Aldag, Doping mit EPO eingeräumt.
"Ich bin bereit, Konsequenzen zu tragen", sagte Zabel, der nach seinem Abschied vom Bonner Rennstall für das Team Milram fährt. Wie Aldag entschuldigte sich der gebürtige Berliner, der jahrelang an der Seite von Jan Ullrich für den T-Mobile-Vorgänger Team Telekom gefahren war, öffentlich für seine Verfehlungen. Zabel muss jedoch nach seinem Doping-Geständnis keine Sperre fürchten. Doping-Vergehen aktiver Sportler werden nach dem Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nur acht Jahre lang rückwirkend bestraft.
Aldag erklärte: "Ich habe im Vorfeld der Tour de France 1995 mit EPO-Doping begonnen." Aldag und Zabel sind nach Bert Dietz, Christian Henn und Udo Bölts die Profis vier und fünf des früheren Telekom-Rennstalls, die Doping zugegeben haben.
Aldag entschuldigte sich auch dafür, dass er jahrelang gelogen habe. "Das war sicher das Schwerste überhaupt, was ich je getan habe und sicherlich genauso falsch wie Doping", sagte Aldag.
Der ebenfalls beschuldigte Ex-Telekom-Profi Bjarne Rijs kündigte für Freitag eine Pressekonferenz an, in der er zur aktuellen Doping-Diskussion Stellung nehmen will. In der Radsport-Szene hatte der Däne den Spitznamen "Mister 60 Prozent", was auf seinen angeblich extrem überhöhten Hämatokritwert hinweisen sollte.
T-Mobile bleibt
Ungeachtet der Geständnisse wird die Deutsche Telekom nicht aus dem Radsport-Sponsoring aussteigen. Auf der Pressekonferenz des Hauptsponsors des bekanntesten deutschen Radrennstalls erklärte Kommunikationschef Christian Frommert: "Wir gedenken, das Engagement fortzusetzen. Wir wollen Bob und dem jungen Team die Möglichkeit geben, den klaren, sauberen Kurs weiter zu gehen." In den vergangenen Tagen hatte es mehrfach Vermutungen über einen bevorstehen Ausstieg des Sponsoring gegeben.
Teammanager Bob Stapleton kündigte einen Neuaufbau der Mannschaft an. Künftig sollen von den Fahrern DNA-Proben vorliegen. Das Team will vorläufig nur bei kleineren Rennen starten, wo man sich auch ohne Doping Erfolgschancen ausrechnet. Ungeachtet der Geständnisse wird die Deutsche Telekom nicht aus dem Radsport-Sponsoring aussteigen.
Bölts tritt zurück
Einen Tag nach seinem Doping-Geständnis hat der frühere Radprofi Udo Bölts seinen Posten als Sportlicher Leiter des Rennstalls Gerolsteiner zur Verfügung gestellt. "Es ist allein meine Entscheidung. Ich will mit meiner Vergangenheit nicht von den Erfolgen dieser jungen Mannschaft ablenken. Außerdem brauche ich nun etwas Abstand und werde mich aus dem Radsport zurückziehen", sagte der Pfälzer.
Teamchef Hans-Michael Holczer nahm die Bitte, Bölts von seinen Aufgaben zu entbinden, an. "Nach seinem Dopinggeständnis und den jüngsten Vorkommnissen im Radsport kann ich diese Entscheidung nur all zu gut verstehen und werde sie akzeptieren", sagte Holczer. Der 40 Jahre alte Bölts war dieses Jahr beim Team Gerolsteiner auf freiberuflicher Basis für 32 Renntage eingeplant.
Wiesenhof hört auf
Das Unternehmen Wiesenhof wird nach eigenen Angaben zum Jahresende sein Engagement im Profi-Radsport einstellen. "Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen und Entwicklungen im Profi-Radsport haben uns zu diesem Schritt veranlasst", teilte Peter Wesjohann, Mitglied des Management der PHW-Gruppe/Wiesenhof, am Donnerstag in einer Presseerklärung mit. Das Team Wiesenhof-Felt fährt in dieser Saison mit der Lizenz eines Professional Continental Teams und gilt als die dritte Kraft nach T-Mobile und Gerolsteiner.
Ärzte entlassen
Die Universität Freiburg zieht Konsequenzen aus den Doping-Geständnissen der Teamärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich und trennt sich mit sofortiger Wirkung von den beiden Medizinern. Zudem stoppt die Universitätsklinik Freiburg die medizinische Begleitung im Spitzensport. "Bis zur Aufklärung beschließt der Vorstand, die Betreuung aller Hochleistungssportler ab sofort einzustellen", sagte der Rektor der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, Wolfgang Jäger.
Die Universität erwägt wohl, die Abteilung Sportmedizin komplett aufzulösen. Auch der SC Freiburg stellt seine Zusammenarbeit mit Schmid als Mannschaftsarzt mit sofortiger Wirkung ein.
Heinrich und Schmid hatten am Mittwochabend eingeräumt, als Mannschaftsärzte Doping-Praktiken des Telekom-Radsportteams in den 90er Jahren unterstützt zu haben. Ihr Geständnis gaben die beiden Radsportärzte in getrennten persönlichen Erklärungen ab.
"Ich räume ein, in den 90er Jahren das Doping einzelner Radprofis unterstützt zu haben", erklärte Prof. Andreas Schmid. "Ich habe den Radsportlern auf Anforderung Drogensubstanzen, insbesondere EPO, zugänglich gemacht." Er habe Dopingmittel aber "niemals einem Sportler ohne dessen Wissen oder gar gegen seinen Willen" verabreicht.
Sein Kollege Lothar Heinrich räumte in einer siebenzeiligen Mitteilung ebenfalls ein, "in meiner Funktion als Sportmediziner an Doping von Radsportlern mitgewirkt zu haben". Er bedauere diese ärztlichen Verfehlungen. Nun sollen beide Ärzte "unverzüglich" von der Untersuchungskommission der Uni vorgeladen werden.
Anfang des Monats hatte das Team T-Mobile nach den Anschuldigungen des ehemaligen Telekom-Betreuers Jef d'Hont die Zusammenarbeit mit den beiden Medizinern beendet. Zudem wurden sie von der Uni Freiburg bei vollen Bezügen suspendiert. Am Dienstag hatte die Uniklinik dann ihre drei noch beim Team T-Mobile tätigen Mediziner mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.
Quelle: ntv.de