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Bilanz sauber, Spiel unpoliert Zverevs Marathon - wie lange geht das gut?

Alexander Zverev muss sich für seine Erfolge bei den US Open extrem abmühen. Wie lange geht das noch gut?

Alexander Zverev muss sich für seine Erfolge bei den US Open extrem abmühen. Wie lange geht das noch gut?

(Foto: imago images / Paul Zimmer)

Drei Spiele, drei Siege: Die Bilanz von Tennisprofi Alexander Zverev bei den US Open klingt absolut gut - sein Spiel ist es allerdings nicht. Deutschlands Nummer eins kommt bislang immer nur durch sehr großen Aufwand weiter.

Das Positive zuerst: Alexander Zverev steht bei den US Open erstmals im Achtelfinale. Und er musste bei seinem Drittrunden-Sieg gegen den Slowenen Aljaz Bedene endlich mal nicht über die volle Distanz gehen, sondern gewann in vier Durchgängen mit 6:7, 7:6, 6:3, 7:6. Das war's dann aber auch schon mit den guten Nachrichten aus Flushing Meadows. Denn Zverevs Leistung ist auch nach nunmehr drei Partien und 14 gespielten 14 Sätzen immer noch nicht so, wie er es gerne hätte - und wie sie sein müsste. Sein Spiel knarzt, knirscht, ist unrund. Und immer noch zu unbeständig.

Wie schon in seinen vorherigen Partien mühte sich der 22-Jährige auch gegen Bedene mehr als erwartet und stand erneut sehr lange auf dem blauen Hartplatz. Nach 3:36 Stunden konnte er seinen zweiten Matchball nutzen. Der Favorit war weiter. Allerdings wirkte er zunächst nicht wie ein Sieger, zeigte keine Reaktion. Wer sah, wie emotionslos Zverev seine Arme halbhoch Richtung Publikum hob, einen Ball Richtung Zuschauer schlug, das hellgrüne Stirnband abnahm und Bedene am Netz die Hand reichte, der hätte auch denken können, dass das letzte Grand Slam-Turnier des Jahres für ihn soeben geendet hatte.

Erst als er nach dem Handshake zu seinem Stuhl ging, Stirnband und Schläger ablegte und noch einmal zurück in die Mitte des Louis Armstrong Stadium schritt, öffnete sich bei Alexander Zverev ein Ventil. All seine Anspannung, vielleicht auch seine Wut, auf jeden Fall aber seine Erleichterung mündeten in einem lauten "Jaaaaaaaaaaaaaaa!". Es sei ein "großartiger Kampf" gewesen, meinte Zverev. Das Match "hätte auch anders ausgehen" und Bedene in drei Sätzen gewinnen können. Und deshalb sei er eben froh, in der zweiten Turnierwoche zu stehen.

Im Schnitt 3:18 Stunden auf dem Platz

"Jaaaaaaaaaaaaaaa!"

"Jaaaaaaaaaaaaaaa!"

(Foto: imago images / Paul Zimmer)

Das ist sicherlich alles richtig. Und andere Top-Ten-Spieler wie der Österreicher Dominic Thiem (Nummer 4), Stefanos Tsitsipas aus Griechenland (Nummer 8) oder Russlands Karen Chatschanow (Nummer 9) wären sicher gerne an Zverevs Stelle. Sie sind nach schwachen Auftritten aber alle bereits in der ersten Runde ausgeschieden. Doch es muss allmählich die Frage erlaubt sein, wie lange Zverevs schwankende Leistungen noch ausreichen werden, um weiterzukommen? Wie weit er es bringen kann, wenn er in den Partien gegen die Nummern 41, 45 und 80 der Weltrangliste bereits 14 von maximal 15 Sätzen spielen und dabei im Schnitt 3:18 Stunden hart arbeiten musste - bei Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius.

Zverev hatte natürlich gute Szenen, doch er konnte nur selten darauf aufbauen. Viel zu oft unterliefen ihm nach starken Aktionen leichte Fehler, die ihn selbst nervten und den Gegner aufbauten. Sein Spiel ist, wie man in seiner Geburtsstadt Hamburg sagt, ein "Kuddelmuddel". In einen richtigen Rhythmus ist dieser Alexander Zverev hier in New York bislang noch nicht gekommen. Vielleicht ist es zu einfach und zu oberflächlich, immer nur nach der Weltrangliste zu urteilen. Doch einen Aljaz Bedene (Nurmmer 80), müsste ein Profi mit der Klasse eines Zverev einfach klarer, leichter und schneller besiegen. Zumal "die Gegner und die Matches nicht leichter" werden, wie er im Interview direkt nach Spielschluss betonte.

Im Achtelfinale spielt Zverev gegen Diego Schwartzmann. Der Argentinier hatte gestern beim 6:4, 6:1, 6:3-Erfolg gegen Tennys Sandgren aus den USA keine Mühe. Er gewann nach 1:55 Stunde und musste 2858 Meter zurücklegen. Zverev hingegen lief gegen Bedene 4010 Meter. Diese gemessenen Werte sind ein weiterer Indiz, wie viel Aufwand der Weltranglisten-Sechste für seinen Sieg betreiben musste. Obwohl Zverev diesmal "nur" vier Sätze zum Weiterkommen benötigte, lief er mehr als bei seinen vorherigen Fünf-Satz-Siegen gegen Frances Tiafoe (zweite Runde/3379 Meter) und Radu Albot (erste Runde/3878 Meter).

Im Vergleich dazu wirken die bisherigen Siege Rafael Nadals fast wie Spaziergänge. Der Spanier hat in zwei Matches im Schnitt 2381 zurückgelegt - und war zudem in der zweiten Runde durch die Verletzung seines Gegners kampflos weitergekommen. Nadal könnte im Viertelfinale Zverevs Kontrahent sein. Doch daran sollte der Deutsche lieber noch nicht denken.

Quelle: ntv.de

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