"Wie kannst Du es wagen?" F1-Boss Toto Wolff wütet nach Gully-Gate in Las Vegas
17.11.2023, 14:18 Uhr
Die gute Nachricht: Carlos Sainz konnte unverletzt austeigen.
(Foto: picture alliance / Hasan Bratic)
Die Formel 1 will Las Vegas, sie bekommt Las Vegas. Die "Größte Show der Welt" beginnt mit einem Eklat um einen fliegenden Gullydeckel, der Ferrari-Pilot Carlos Sainz attackiert. Die beste Nachricht: Er bleibt unversehrt. Und überhaupt: Alles nicht so schlimm, sagt Mercedes-Boss Toto Wolff und wütet.
Die "Größte Show der Welt" war in diesem Moment nur noch ein Rohrkrepierer, und bei der Formel 1 war man etwas dünnhäutig. Toto Wolff wurde laut, er gestikulierte wild, denn gerade hatte jemand deutliche Zweifel am Erfolg des Großen Preises von Las Vegas geäußert.
"Wie kannst du es wagen", rief der Motorsportchef von Mercedes, "so über ein Event zu sprechen, das einen neuen Standard für diesen Sport setzt, das den ganzen Sport größer machen wird?!"
Über Wochen und Monate hatte die Formel 1 dieses Rennen ja zum ultimativen Ereignis erklärt, jeder solle hinschauen - wer das allerdings tat, sah gleich nach acht Minuten des ersten Trainings einen havarierten Ferrari, schwer getroffen von einem fliegenden Gullydeckel auf dem Las Vegas Boulevard.
Die Show war damit vorläufig beendet, bevor sie richtig angefangen hatte. Die zweite Session fand mit zweieinhalb Stunden Verspätung um 2.30 Uhr in der Nacht statt, mit überarbeiteter Strecke, aber ohne Fans, die Tribünen waren bereits geschlossen. Dieser Auftakt war ein peinlicher Misserfolg vor den Augen der Welt. Und er war natürlich Treibstoff für jene, die sowieso Zweifel am Sinn des pompösen Auftritts in den Straßen von Las Vegas hegen.
"Morgen wird niemand mehr darüber reden"
Es gab durchaus auch Positives zu vermelden: Carlos Sainz war unversehrt, und das war nicht selbstverständlich. Mit 320 km/h war er über die Abdeckung des Kanals gerast, als diese sich löste und mit hoher Wucht den Unterboden des Ferraris traf.

Die Formel 1 in Las Vegas soll eigentlich diese Bilder produzieren.
(Foto: picture alliance / empics)
Zu sehen war all das nur in Clips, die den TV-Zuschauern in aller Welt vorenthalten blieben: Die Weltregie der Formel 1 verzichtete auf die Bilder. Und zeigte stattdessen Luftaufnahmen der ja tatsächlich eindrucksvollen Strecke rund um die hell erleuchteten Casinos. Von diesen Szenen erhofft sich die Rennserie einen riesigen Vermarktungsschub, eine Grundsatzdebatte über ihr neues Leuchtturm-Projekt Las Vegas wollte sie dagegen spürbar verhindern.
So war Wolffs Ausbruch zu verstehen, dem eigentlichen Vorfall wollte der Österreicher keine zu große Bedeutung beimessen. "Das ist kein blaues Auge, das ist nichts", sagte er noch: "Es ist Donnerstagabend in Vegas, in Europa schauen die Leute um die Zeit nicht mal zu. Morgen wird niemand mehr darüber reden."
Auch Ferrari beschwichtigt
Auch Zak Brown (McLaren) und James Vowles (Williams) wiesen darauf hin, dass es ähnliche Vorfälle auch bei anderen Stadtrennen wie Monaco und Baku schon gab. Auch Ferrari-Teamchef Fred Vasseur, zwar sichtlich erbost über den Totalschaden an Sainz' Auto, wollte nichts Schlechtes über das neue Rennen und seine Begleitumstände sagen.
"Sie haben auf sportlicher Seite Scheiße gebaut", sagte er mit Blick auf die Versiegelung der Kanäle: "Das hat aber nichts mit der Show zu tun. Ich glaube immer noch, dass Las Vegas großartig für die Formel 1 ist."
Dass dieses größtmögliche Scheitern beim Auftakt nun aber bei größtmöglicher Fallhöhe geschah, hatte irgendwie doch mit dem Trubel zu tun, den die Königsklasse zuvor rund um den Grand Prix gemacht hatte. Und dass der sportliche Kern der Formel 1 und das Bekenntnis zur Show immer wieder kollidieren werden, hatte schon der Mittwoch in Las Vegas vermuten lassen. Nur "1 Prozent Sport-Event" sei das noch, sagte Weltmeister Max Verstappen. Auf der Eröffnungsfeier habe er sich "wie ein Clown" gefühlt.
Strafe für Sainz muss sein
So dürfte sich auch Carlos Sainz gefühlt haben. Er war immerhin der unfreiwillige Hauptdarsteller bei diesem denkwürdigen Auftakt der Formel 1 in Las Vegas - und wird nun dafür bestraft. Die Stewards teilten in der Nacht auf Freitag mit, dass das Reglement keine Ausnahme erlaubt.
Aufgrund des Austauschs des Energiespeichers in seinem zerstörten Ferrari wird der Spanier in der Startaufstellung für das Rennen am Sonntag deutscher Zeit (7 Uhr/Sky und im Liveticker auf ntv.de) in der Startaufstellung um zehn Plätze zurückversetzt.
"Die Stewards merken an, dass sie angesichts der mildernden, ungewöhnlichen und unglücklichen Umstände eine Ausnahme gewährt hätten, wenn sie dazu befugt gewesen wären", hieß es im offiziellen Dokument zur Entscheidung: "Das Reglement erlaubt dies aber nicht."
Der fliegende Gullydeckel beschädigte neben dem Energiespeicher auch die Überlebenszelle, den Verbrennungsmotor und die Kontroll-Elektronik irreparabel. Der neue Energiespeicher ist bereits der dritte der Saison, daraus ergab sich laut Reglement die Strafe.
Quelle: ntv.de, sue/sid