"Illusion von Demokratie"Fia-Boss Ben Sulayem gewinnt umstrittene Präsidentenwahl

Mit seiner Amtsführung als oberster Motorsport-Boss eckt Mohammed Ben Sulayem immer wieder an, auch auf dem Weg zur Wiederwahl. Denn seine Gegenkandidaten müssen zurückziehen und klagen dagegen. Deshalb ist sein Wahlsieg zwar seit heute Fakt, aber eben nicht endgültig.
Nach der gescheiterten Gegenkandidatur der Schweizerin Laura Villars ist der umstrittene Mohammed Ben Sulayem als Präsident des Motorsportweltverbandes wiedergewählt worden. Der ehemalige Rallye-Fahrer aus den Vereinigten Arabischen Emiraten tritt nach der Generalversammlung in der usbekischen Hauptstadt Taschkent seine zweite Amtszeit über vier Jahre an. Der heute 64-Jährige aus Dubai war bei der Fia im Dezember 2021 auf den Franzosen Jean Todt gefolgt.
Allerdings könnte die Wahl ein juristisches Nachspiel haben. Denn ein Pariser Gericht hatte zuletzt entschieden, dass die Rechtmäßigkeit der Wahl im kommenden Februar gerichtlich überprüft werden soll. Hintergrund ist eine Klage der Schweizerin Laura Villars, eine von zwei potenziellen Gegenkandidatinnen für Ben Sulayem, gegen die gültigen Wahlbestimmungen der Fia. Villars, die als Kandidatin nicht zugelassen worden war, hatte sogar eine Aussetzung der Präsidentschaftswahlen angestrebt. Dieser Forderung kam das Gericht nicht nach, ordnete aber einen Prozess zur Überprüfung an.
Neben Villars hatte auch der US-Amerikaner Tim Mayer eine Kandidatur angestrebt, scheiterte aber ebenfalls an den formellen Hürden. "Es wird diesmal keine Wahl geben, es wird keine Debatte von Ideen geben, kein Vergleich von Visionen, keine Untersuchung von Führung. Es wird nur einen Kandidaten geben: Den Amtsinhaber. Und das ist keine Demokratie. Das ist die Illusion von Demokratie", hatte Mayer betont.
Ben Sulayem sorgt für diverse Kontroversen
Für eine gültige Kandidatur musste unter anderem eine Liste der potenziellen Vize-Präsidenten für den Bereich Sport eingereicht werden. Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Vize-Ämter müssen jede der sechs Fia-Regionen repräsentieren und zugleich dem Weltrat angehören. Für den Bereich Südamerika gab es allerdings nur eine einzige solche Kandidatin: Fabiana Ecclestone, Ehefrau des ehemaligen Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone - und sie war bereits Mitglied in Ben Sulayems Team. Dadurch war es niemandem möglich, einen Vize-Präsidenten aus Südamerika zu nominieren, was wiederum eine gültige Kandidatur für die Fia-Präsidentschaft unmöglich machte.
Seitdem er im Amt ist, löste Ben Sulayem reichlich Diskussionen aus. Er verbot das Tragen von Schmuck und privater Unterwäsche im Rennwagen zum Unwillen der Fahrer. Er verbannte das Fluchen und verhängte deftige Sanktionen bei Zuwiderhandlung. Er stand im Mittelpunkt von Mobbing- und Sexismus-Vorwürfen. Und eine Reihe von Topfunktionären hat in der Vergangenheit verärgert den Weltverband verlassen oder wurde vom obersten Regelhüter aus dem Amt gedrängt.
Als er sich mal öffentlich über den Marktwert der Formel 1 äußerte, sahen sie die amerikanischen Besitzer der Rennserie genötigt, ihm einen Brandbrief über die Anwälte zukommen zu lassen mit dem Hinweis, dass er "in nicht zu akzeptierender Weise in unsere Rechte" eingreife.
Angesprochen auf die Rückzüge der Gegenkandidaten hatte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im November gesagt, dass Amtsinhaber in jeder Sportart oder in der Politik gewisse Vorteile hätten. "Das ist nichts Neues. Und in dieser Hinsicht war es ziemlich offensichtlich und klar, dass wir mit Mohammed an der Spitze der Fia in die nächste Legislaturperiode gehen werden."