Fliegen die Fetzen zum Saisonstart? Formel 1 droht ein Reifenchaos
13.03.2013, 05:35 Uhr
Weniger Wärme wäre schlecht für die Reifen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Formel-1-Finale 2012 war an Dramatik kaum zu überbieten, der Auftakt 2013 könnte ähnlich aufregend werden. Ab Freitag soll es in Australien kühler werden, was Teams und Fahrer den Angstschweiß auf die Stirn treiben dürfte. Denn die neuen Reifen werden unberechenbar.
Noch ist es angenehm warm in Melbourne. Doch zum Wochenende, wenn in Australien die Formel-1-Saison 2013 eröffnet wird, werden die Temperaturen fallen. Für Weltmeister Sebastian Vettel und Co. ist das eine gute Nachricht. Eine zehrende Hitzeschlacht gleich zum Saisonstart scheint ausgeschlossen. Die Kehrseite ist: Durch den Temperatursturz steht die Formel 1 womöglich vor einem chaotischen Saisonauftakt.
Grund sind die neuen Trockenreifen des Herstellers Pirelli. Die "PZero"-Kollektion 2013 ist nicht nur generell weicher als im Vorjahr. Die Testfahrten in Barcelona bei kühlen Bedingungen haben insbesondere gezeigt, dass die neuen Einheitsreifen nicht für Witterungsverhältnisse konzipiert wurden, wie sie nun in Melbourne zu erwarten sind.
Ist der Asphalt zu kalt, hitzt sich das Reifeninnere stärker auf als die Oberfläche. Folge des Temperaturunterschieds ist das so genannte Graining, das in Barcelona bei Asphalttemperaturen von rund 20 Grad teilweise schon nach einer Runde einsetzte. Dabei raut sich die Reifenoberfläche auf und schält sich schließlich ab, was die Haltbarkeit der Pneus dramatisch reduziert.
Doppelt so hoher Reifenverschleiß
Laut "Motorsport total" war der Reifenverschleiß bei den Testfahrten für die neue Saison doppelt so hoch wie 2012. Zudem konnten die Teams kaum valide Testdaten sammeln. Welche der neuen Formel-1-Boliden mit dem "PZero" gut zurechtkommen, an welchem Rennwagen oder bei welchem Fahrstil die Reifen besonders schnell abbauen - all das sind vor dem Saisonstart unbekannte Variablen, die in Melbourne für unerwartete Wendungen sorgen könnten.
Während die Fans nach dem verrückten Saisonfinale 2012 auf einen ähnlich spektakulären Start in die neue Saison hoffen können, dürfte der Wetterbericht den Formel-1-Teams und ihren Fahrern Kopfzerbrechen bereiten. Wenn sich die bisherigen Testeindrücke bestätigen, werden in Melbourne auf der Strecke sprichwörtlich die Fetzen fliegen. McLaren-Pilot Sergio Perez rechnet mit bis zu "sieben Stopps".
Pirelli beruhigt, Berger schimpft
Pirellis Motorsportchef Paul Hembery kann die Aufregung um die neuen Reifenmischungen nicht verstehen. Er ist sicher, dass die Teams "sehr schnell darauf kommen werden, wie sie das Maximum aus dem Auto und den Reifen rausholen können." Der Reifenhersteller habe nur umgesetzt, was von ihm verlangt wurde: "Eine technische Herausforderung, zwei oder drei Boxenstopps pro Rennen und insgesamt einen attraktiveren Sport."
Dem früheren Formel-1-Piloten Gerhard Berger fehlt das Verständnis für die künstliche Spannung. "Pirelli hatte doch letztes Jahr einen durchaus brauchbaren Reifen. Vermutlich will man die Show verbessern, indem man für mehr Boxenstopps sorgt", sagte der Österreicher der Nachrichtenagentur APA: "Aber es kann doch nicht sein, dass man im Winter Millionen in den Windkanal und den Motor investiert und dann mit einem Reifen fahren muss, der nicht funktioniert, beziehungsweise der das Bild verfälscht. Das ist eine etwas unglückliche Situation." Wie unglücklich, wird sich ab Freitag im nasskalten Melbourne zeigen.
Quelle: ntv.de, cwo