"Alle glücklich" - auch alles friedlich? Formel 1 will in Bahrain fahren
13.04.2012, 13:03 Uhr
Die politischen Proteste in Bahrain und die nicht aufgeklärten Menschenrechtsverletzungen werden die Formel-1-Idylle vor Palmenkulisse 2012 nicht stören.
(Foto: dpa)
Der Automobil-Weltverband FIA versichert, dass das Formel-1-Rennen in Bahrain stattfinden wird. F1-Boss Bernie Ecclestone behauptet gar: "Alle sind glücklich." Unklar bleibt dennoch, ob das Rennen am nächsten Wochenende tatsächlich stattfindet. Die Kritik an dem Grand Prix in dem Golfstaat wird immer größer. Die Teams bleiben alarmiert.
Die FIA gibt grünes Licht, doch die Zweifel bleiben. Obwohl der Automobil-Weltverband die Austragung des Formel-1-Rennens in Bahrain am Freitag offiziell bestätigt hat, scheint ein Start immer noch nicht gesichert. Die Lage im Golfstaat ist weiter angespannt, Aktivisten warnen vor Zwischenfällen - Verantwortliche und Teams, die von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone noch kurzfristig auf Linie gebracht wurden, werden die Entwicklung der nächsten Tage genauestens beobachten. Derzeit gibt es nicht nur Sicherheitsbedenken.

Amnesty International hatte sich für eine Absage des Rennens ausgesprochen, um ein Zeichen zu setzen. Das tut der Sport allerdings traditionell nicht, wenn er sich zwischen Geld und Moral entscheiden muss.
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Auch die moralische Dimension der Entscheidung für eine Austragung des Grand Prix am 22. April und die Rolle von FIA-Präsident Jean Todt stehen im Mittelpunkt der Diskussionen. Der langjährige Ferrari-Teamchef soll mit Hilfe von zahlreichen Stimmen aus dem arabischen Raum zum FIA-Boss gewählt worden sein. Außerdem wird der Rennstall ART seines Sohnes Nicolas durch bahrainisches Geld mitfinanziert, Kronprinz Salman Bin Hamad Al-Kalifa ist 30-prozentiger Teilhaber. Ob Todt in dieser Causa unbefangen entscheiden kann, ist fraglich.
Ecclestone mit Überzeugungsarbeit
Doch auch die Teams wurden in einem Treffen mit Ecclestone offenbar davon überzeugt, in Bahrain zu fahren. "Das Verwirrende war die Unsicherheit, aber jetzt ist für alle geklärt, dass es in der kommenden Woche ein Rennen in Bahrain geben wird", sagte Sebastian Vettels Red-Bull-Teamchef Christian Horner dem Fachmagazin Autosport. Mit dem Bekenntnis zu Bahrain wollten die Funktionäre demnach vor allem Schwung aus der Diskussion nehmen. Zwar gebe es "zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen", erklärte Horner: "Aber wir werden unser Bestes geben, dass unsere Jungs und Mädchen sich in einer sicheren Umgebung aufhalten, und ich zweifle daran keinen Augenblick lang. Das Statement der FIA ist eindeutig, und Tausende Leute werden an diesem Rennen teilnehmen, nicht nur Red Bull."
Am Montag waren in Bahrain bei einem Bombenanschlag sieben Polizisten verletzt worden. Unter der Hand sorgen sich deshalb Mitglieder nahezu aller Teams, dass die Regimegegner die große Bühne nutzen könnten, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Aufsehen erregte dabei der Oppositionelle Ali Mushaima. Der Bahraini, der sich seit dem 4. April im Hungerstreik befindet, gilt als eine der Leitfiguren der pro-demokratischen Bewegung und äußerte große Sorge vor Zwischenfällen.
Schlechte Situation wird immer schlimmer

Glücklich: Formel-1-Chef Bernie Ecclestone begrüßt die Entscheidung, in Bahrain zu fahren. Das ist nicht überraschend.
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"Ich glaube nicht, dass alles friedlich bleiben wird", sagte er der britischen Nachrichtenagentur PA: "Es gibt immer noch Verstöße gegen die Menschenrechte, zahllose Bahrainis sitzen in Gefängnissen, Ortsteile werden angegriffen, und die saudi-arabische Armee erobert Bahrain. Es hat sich nichts geändert. Und wenn sich selbst Bahrainis in ihrem Land nicht mehr sicher fühlen, dann kann man Ausländern wohl kaum die Garantie geben."
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist besorgt. "Es ist nicht unsere Aufgabe, die Formel 1 zu einem Boykott Bahrains aufzurufen. Aber die Situation ist nicht gut und wird immer schlimmer", sagte Joe Stork, stellvertretender Direktor für den Mittleren Osten.
Dennoch erklärte die FIA am frühen Morgen, "dass der Grand Prix von Bahrain wie geplant stattfinden wird. Aufgrund der aktuellen Informationen sind alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um ein Formel-1-Rennen in Bahrain austragen zu können." Der Verband verwies darauf, dass der nicht zitierte Todt im ständigen Austausch mit sämtlichen Behörden und Gremien stehe und keinerlei Informationen erhalten habe, die eine Austragung gefährden würden. RTL-Experte Niki Lauda glaubt nicht, "dass diese Entscheidung noch einmal revidiert wird. Irgendwann brauchen alle Beteiligten eine Planungssicherheit."
Kleinstmögliche Delegation
Doch auch Lotus-Pilot Romain Grosjean, der im Vorjahr mit der GP2 in Bahrain fuhr, macht sich Sorgen. "Wir waren 300 Meter von den Demonstrationen entfernt", berichtete er: "Wir schliefen in Kleidung und mit den Pässen in der Hosentasche. Wir nahmen jeden Morgen unsere Koffer mit, als wir zur Strecke fuhren. Wenn die Formel 1 nach Bahrain geht, müssen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden, denn so eine Situation können wir nicht noch einmal durchmachen."
Die Teams würden mit der kleinstmöglichen Delegation nach Bahrain reisen. VIP-Gäste und Sponsorentermine wird es nahezu keine geben. Einige Teams denken über den Einsatz von Leibwächtern nach.
Quelle: ntv.de, Holger Schmidt, sid