Formel1

Schwarzer Sonntag in Spielberg Hamilton rempelt sich erneut zum Sieg

Noch führt Nico Rosberg das Rennen vor Teamkollege Lewis Hamilton an.

Noch führt Nico Rosberg das Rennen vor Teamkollege Lewis Hamilton an.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es war ein schwarzes Wochenende für die deutschen Formel-1-Piloten. Am härtesten traf es Nico Rosberg im Dauerstreit mit Lewis Hamilton. Ein klarer Sieg wurde weggerempelt und die Schuld dem WM-Führenden zugesprochen. Zu Recht?

Es ist ein fragwürdiger Sieg, den Lewis Hamilton in Spielberg einfährt.

Es ist ein fragwürdiger Sieg, den Lewis Hamilton in Spielberg einfährt.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Spielberg hat Lewis Hamilton sich erneut zu einem Sieg gerempelt. Der Engländer setzte in der letzten Runde des Österreich-Grand-Prix in Kurve eins an, Teamkollegen Nico Rosberg außen zu überholen. Rosberg hält dagegen, kann aber an der Innenseite den engen Winkel der Kurve nicht fahren, denn die Bremsen sind am Ende. Hamilton seinerseits zieht spitz auf die Ideallinie zurück und rempelt den Führenden an. Der verliert seinen Frontflügel und muss auch Position zwei und drei an Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen abgeben.

Nach dem verpatzten Sieg ist die Stimmung im Mercedes-Lager gespannt. Rossberg muss sich in ersten Interviews extrem zusammenreißen, nicht die Fassung zu verlieren. "Mannomann, das ist echt hart. Ich war überzeugt, dass ich das nach Hause fahre." Für den Deutschen steht fest, dass er wegen des extrem harten Überholmanövers seinen Sieg-Hattrick in Spielberg verloren hat. "In der letzten Runde haben meine Bremsen überhitzt. Mein Bremsweg war etwas länger, aber eigentlich war alles unter Kontrolle", beschrieb Rosberg die umstrittene Szene. "Deshalb war ich sehr überrascht, dass Lewis reingelenkt hat."

Kommt es zur Stallorder bei Mercedes?

Lewis Hamilton feiert sich und seinen Sieg beim Großen Preis von Österreich.

Lewis Hamilton feiert sich und seinen Sieg beim Großen Preis von Österreich.

(Foto: imago/HochZwei)

Das Publikum in Österreich ist der gleichen Meinung. Als Hamilton das Podest besteigt, kommt es zu Buhrufen und Pfiffen. Der nimmt es gelassen und antwortet auf die Frage, ob er denn wisse, warum dieser Unmut herrsche, selbstbewusst: "Das ist deren Sache. Ich bin hierhergekommen, um zu gewinnen." Rückendeckung bekommt der Brite auch von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda. "Er hat ihm da nicht genug Platz gegeben. Das ist einfach schade, das darf nicht passieren", so Wolff. Auch die Rennleitung sah die Schuld für den Crash bei Rossberg. Dreieinhalb Stunden nach dem Grand Prix belegte sie den Deutschen mit einer Zehn-Sekunden-Strafe. Die hat zwar keine Konsequenzen auf die Gesamtplatzierung des mit 153 Punkten nunmehr noch elf Zähler vor Hamilton führenden Rossberg, ist aber dennoch ein weiterer Schlag ins Gesicht.

Zumal die Interpretation des Unfalls durch Mercedes und die Rennkommissare schon etwas schizophren ist. Zum einen wird behauptet, Rosbergs Bremsen wären am Ende gewesen, zum anderen, er hätte nachlassen und Hamilton Platz machen müssen. Bitte? Kein Mensch würde von einem Lewis Hamilton verlangen, dass er den Teamkollegen ziehen lässt, aber ein Rosberg muss als WM-Führender in der letzten Runde die Segel streichen, um dem ärgsten Konkurrenten den Sieg zu lassen? Schon Mitte Mai in Barcelona waren die beiden Silberpfeil-Piloten kollidiert, damals schieden beide aus. "Dass sie sich ins Auto fahren, das geht nicht mehr. Das war jetzt das zweite Mal, jetzt ist es genug", sagte Teamchef Wolff und kündigte interne Krisengespräche noch vor dem Rennen am kommenden Wochenende in Silverstone an. "Es kommt alles auf den Tisch. Es gibt keine Heiligen Kühe mehr", meinte der Österreicher. Sogar eine Stallorder schloss er nicht mehr aus.

Nico Rosberg versteht nach dem Rennen in Spielberg die Welt nicht mehr.

Nico Rosberg versteht nach dem Rennen in Spielberg die Welt nicht mehr.

(Foto: imago/Eibner Europa)

Sollt es dazu kommen, würde sich Mercedes allerdings von der immer wieder propagierten eigenen Rennphilosophie verabschieden. Wie diese Stallorder dann aussieht, scheint aber klar: Der Bad Boy bekommt grünes Licht und der oft als "farblos" gescholtene Rosberg muss zurückstecken. Das wäre dann wohl auch das Aus für den ersten WM-Titel des Deutschen. Bereits im nächsten Rennen könnte Hamilton die WM-Führung von Rosberg übernehmen. Da ist es auch kein Trost, dass Teamchef Wolff betont hat, dass der Crash mit seinem Teamkollegen Lewis Hamilton beim Großen Preis von Österreich keine Konsequenzen für seinen neuen Vertrag bei Mercedes haben werde. "Der Vertrag ist eine langfristige Entscheidung, die nicht durch einen Rennunfall beeinflusst wird", sagte Wolff nach dem Rennen. Rosberg und Mercedes verhandeln bereits seit Längerem über die Verlängerung des Kontraktes. Der Vertrag läuft am Ende des Jahres aus. Beide Seiten hatten zuletzt betont, ihre Zusammenarbeit fortsetzen zu wollen, und sprachen nur noch von Details. Spekuliert wird über eine Laufzeit von zwei Jahren. Wolff hatte vor dem Rennen in Spielberg angekündigt, dass möglicherweise noch in diesem Monat eine Einigung erzielt werde.

Frust bei Vettel und Hülkenberg

Nach einem Reifenplatzer ist das Rennen für Sebastian Vettel beendet.

Nach einem Reifenplatzer ist das Rennen für Sebastian Vettel beendet.

(Foto: imago/Eibner Europa)

Frust gab es in Spielberg aber noch für zwei andere deutsche Piloten: Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg, schieden beide aus. Vettel erlebte ausgerechnet an seinem 29. Geburtstag eine böse Überraschung beim Großen Preis von Österreich. In Führung liegend platzte am Ferrari des viermaligen Formel-1-Weltmeisters der rechte Hinterreifen. Vettel drehte sich mit dem Wagen und rauschte an die Streckenmauer. "Der Reifen ist explodiert. Ich konnte nichts machen. Es tut mir leid, Jungs", funkte der Heppenheimer an die Box.

Dabei hatte Vettel ähnlich Rosberg auf der Strecke Großes geleistet: Statt seinem Qualifikations-Ergebnis gemäß von Platz vier aus in das Rennen zu gehen, musste er wegen eines Getriebewechsels von Position neun losfahren. Ein guter Start und die Reifen-Stops der Konkurrenz ließen ihn sogar vor seinem Aus bis auf Rang eins vorfahren. Bei der Strategie gehen die Meinungen hingegen auseinander. Zu lange habe Ferrari die supersoften Reifen über die Strecke gejagt, heißt es. "Wir haben gesehen, dass die Reifen gut halten. Deshalb haben wir versucht, so lange wie möglich draußen zu bleiben und unser Rennen so zu gestalten", klagte Vettel. Für ihn ist es der dritte Ausfall in diesem Jahr und somit ein erneuter Rückschlag bei der Jagd auf die Silberpfeile.

Nico Hülkenberg hadert mit seinem Dienstwagen in Spielberg.

Nico Hülkenberg hadert mit seinem Dienstwagen in Spielberg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aber da war noch jemand, der sich Chancen auf einen Podestplatz ausgerechnet hatte: Nico Hülkenberg, der wohl mit Abstand sympathischste Formel-1-Rennfahrer aller Zeiten. Aber wie das so oft im Leben ist, hatte auch er die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Schon beim Start patzt er, schmiert auf Rang fünf ab, rettet sich kurz auf Platz vier, wird dann durchgereicht auf acht und landet nach dem ersten Boxenstopp von drei auf 14. So sympathisch Hülki ist, so wenig ist diese Fahrweise ein Aushängeschild für die Zukunft. Woran hat es gelegen? Lapidare Antwort von Force India: "Probleme mit den Reifen."

Echt? Na gut, kann ja sein, dass der Flitzer aus Indien ein Wüstenrenner ist. Hülkenberg selbst meldet in Runde 51 starke Vibrationen. "Das Auto ist schon im ersten Stint nur rumgerutscht und die Reifen hatten Graining. Die Balance war unterirdisch, ich habe das Auto nicht wiedererkannt. Ein frischer Satz Reifen brach immer schon nach drei bis vier Runden ein." Teamchef Fernley ergänzt: "Es war ein Desaster. Er hatte Probleme mit den Bremsen und den Reifen." Aber nicht nur, dass der Emmericher das Auto vor Rennende abstellen musste, er bekam auch noch eine Strafe für zu schnelles Fahren in der Boxengasse. In Gänze dürfte dieses Wochenende in Spielberg wohl als das schwärzeste für die deutschen Piloten in die Formel-1-Annalen eingehen.

Quelle: ntv.de

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