Design-Genie mit Weltmeister-Lizenz Newey beflügelt Red Bull
04.11.2012, 11:22 Uhr
Schön schnell: Auch der Red Bull Jahrgang 2012 dürfte sich als Titelbolide in den Formel-1-Annalen verewigen.
(Foto: dpa)
Wo er ist, lässt Erfolg nicht lange auf sich warten. Adrian Newey gilt als das Genie unter den Formel-1-Designern, obwohl er ganz traditionell arbeitet. Er vertraut noch Papier und Bleistift und seinem Blick fürs Detail. Seine Titel-Geschichte steht kurz vor einem weiteren Erfolgskapitel mit Red Bull, vielleicht schon in Abu Dhabi.
Er ist der Papa von Kinky Kylie, Luscious Liz, Randy Mandy, Kate und Kate's Dirty Sister. Er kommt aus demselben Ort wie einst Williams Shakespeare und zeichnet noch mit Papier und Bleistift. Sein Name: Adrian Newey. Sein Job: Technik-Direktor bei Red Bull. Seine Berufung: Design-Guru mit der Lizenz für Weltmeister-Autos in der Formel 1. An diesem Sonntag kann er in Abu Dhabi mit ein bisschen Glück den achten Konstrukteurs-Gewinn für Autos aus seiner Hand bejubeln, auch wenn der vorzeitige Gewinn der Team-WM nach Sebastian Vettels Strafversetzung unwahrscheinlicher geworden ist.
Vettel-Teamkollege Mark Webber meinte vor dem Großen Preis von Abu Dhabi, Newey sei der "Leuchtturm", der über dem ganzen Team strahlt. Er kämpfe nicht nur gegen Vettel, der seinen Autos immer Namen gibt, sondern gegen das Auto von Newey, hatte WM-Verfolger Fernando Alonso gesagt. "Adrian ist ein Genie", befand schlichtweg der kommende Mercedes-Pilot Lewis Hamilton.
Furcht vor Neweys Geistesblitzen
Der Respekt vor dem Briten ist ebenso groß wie die Furcht vor seinen Geistesblitzen. Geht nicht, gibt's nicht. "Ich genieße Regeländerungen", sagte er einmal: "Sie erlauben dir, dich mit nichts anderem als einem leeren Blatt Papier zurückzulehnen und zu versuchen, die beste Lösung für diese Änderungen herauszuarbeiten."
Newey war in seiner Karriere als Formel-1-Ingenieur bislang an sieben Fahrer- und sieben Teamtiteln maßgeblich beteiligt - die Erfolge 1997 mit Williams nicht eingerechnet, weil er vorzeitig das Team verließ. Newey hatte bis dahin aber schon mit Williams triumphiert, es folgten Erfolge mit McLaren Ende desselben Jahrzehnts. Mit Red Bull gibt er seit 2010 den Ton an.
Kauziges Genie mit Trauma
Aber wer ist dieser kauzig wirkende Newey? Geboren wird er am 26. Dezember 1958 in Stratford-upon-Avon. Schon kurz nach dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Southampton University - dort gab es auch einen von Formel-1-Teams genutzten Windkanal - beginnt er 1980, für das Fittipaldi F1 Team zu arbeiten. Schnell wechselt er zu March. In den 80er Jahren entwirft Newey auch Rennwagen für US-Serien. Seine Autos fahren Gesamtsiege und mehrere Erfolge bei den Indy 500 ein.
In den 90ern wechselt Newey zu Williams in die Königsklasse des Motorsports. Williams, ab 1997 McLaren und seit 2006 Red Bull. Mit allen gewann er schon Titel - mit Williams eint ihn allerdings auch der Unfalltod des Brasilianers Ayrton Senna im Mai 1991. Die Verarbeitung des Unfalls in Imola machte Newey schwer zu schaffen. Ihm seien danach die Haare, die er noch hatte, ausgefallen, erzählte Newey einmal der britischen Zeitung "The Guardian". Der Unfall habe ihn physisch verändert.
Ruhig ist er auch heute noch. In der Startaufstellung vor den Rennen taucht Newey in seine Welt ab. Während die Red-Bull-Rennwagen für das Erlöschen der Roten Ampeln bereitgemacht werden, geht er langsam die Wagen der Rivalen ab, bleibt stehen. Nicht nur für einen Moment verharrt der Brite. Es wirkt, als würde er in dieser Zeit die Autos Zentimeter für Zentimeter mit seinen hellwachen Augen scannen. Vielleicht hat ja ein Kollege eine bessere Idee gehabt? Bei Newey schwer vorstellbar.
Quelle: ntv.de, Jens Marx, dpa