Keine Kohle, kein Kimi Räikkönen ist stinksauer
03.11.2013, 12:17 Uhr
Hat in diesem Jahr noch kein Geld gesehen: Kimi Räikkönen.
(Foto: dpa)
Auch die Nobelkulisse von Abu Dhabi täuscht nicht darüber hinweg - die Formel 1 steckt in Finanznot. Weil ihm sein Arbeitgeber Lotus 20 Millionen Dollar schuldet, droht der Iceman mit Streik. Und Sebastian Vettel bringt die Zukunftsangst eines Landsmanns auf die Palme.
Die Formel 1 frisst ihre Fahrer. Eine ultimative Boykottdrohung von Kimi Räikkönen wegen ausstehender Gehaltszahlungen hat die Königsklasse des Motorsports jetzt in Alarmbereitschaft versetzt. Ausgerechnet im schwerreichen Abu Dhabi rückte die Not von Teams und Piloten wie lange nicht mehr ins Zentrum der Debatten. "Natürlich ist es kein gutes Zeichen, wenn Fahrer nicht bezahlt werden. Das wollen wir nicht hören und nicht lesen", betonte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Denn Räikkönen ist nicht irgendwer: Der finnische Ex-Weltmeister fährt noch um den zweiten WM-Platz und sein klammes Lotus-Team zählt zu den vier besten in diesem Jahr. In Austin und Sao Paulo aber will der Iceman streiken, wenn sein Arbeitgeber ihm nicht endlich seinen Lohn auszahlt. Angeblich geht es um rund 17 Millionen Euro. Der Fall Räikkönen ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs.
Nico Hülkenbergs Lage ist noch bedenklicher. "Ich wünsche ihm alles Gute und dass er auch mal was aufs Konto bekommt", sagte Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel an die Adresse des Landsmanns. Hülkenberg fährt für Sauber, hat trotz zuletzt starker Resultate aber noch keinen Formel-1-Job für 2014. "Es ist eine Schande, dass er noch kein Cockpit hat, weil er einer der schnellsten Fahrer im Feld ist", sagte Vettel und erklärte: "Es ist eine schwere Zeit in der Formel 1 für Teams, aber auch für manche Fahrer."
Viele Teams kämpfen ums Überleben
Hartnäckig halten sich Spekulationen, dass neben Hülkenberg und Räikkönen eine Reihe weiterer Piloten auf Überweisungen ihrer Teams wartet. "Sie können die Teams, die finanziell stabil sind, an einer Hand abzählen - aber dafür gibt es fast zu viele Finger an einer Hand", sagte Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn.
Finanziell sorgenfrei sind: Red Bull, das Weltmeister-Team des schwerreichen Österreichers Dietrich Mateschitz. Ferrari, die Traditionsschmiede aus Italien, die auch dank bester Verträge mit Bernie Ecclestone stets finanziell stark aufgestellt ist. Mercedes, der deutsche Autobauer, der vor allem sein Personal in dieser Saison für den kommenden Angriff auf Red Bull hochkarätig verstärkte. Und dann noch McLaren, die britische Formel-1-Marke, die vor allem dank nahender Honda-Partnerschaft ab 2015 gut dasteht.
Der Rest ist Überlebenskampf. "Ist die Formel 1 in einer schlechten Verfassung? Ja", sagte Wolff unverblümt, "die ganze Welt ist in einer schlechten Verfassung." Doch lässt sich die Formel 1 nur zu gern blenden. Umso bemerkenswerter, dass die oft verdrängte Diskussion um Zahlungsmoral und Liquidität in Abu Dhabi richtig Fahrt aufnahm, wo Reichtum gern zur Schau getragen wird und der Yas Marina Circuit im Dämmerlicht glitzert.
"Topteams sind Totengräber"
"Die wahren Totengräber der Formel 1 sind die Topteams und ihre Unfähigkeit, den wahren Zustand des Patienten Formel 1 zu erkennen. Der liegt längst auf der Intensivstation", kommentierte das Fachmagazin "auto, motor und sport". Sprich: Im Rennen um Ruhm, Ehre und Titel investieren die einen, um den Branchenführer einzuholen. Und Red Bull macht das Portemonnaie immer weiter auf, damit der Vorsprung auf Mercedes und Ferrari (mindestens) gehalten wird.
Weiter hinten versucht die vermeintliche Füllmasse des Feldes, irgendwie durchzukommen. Auch mit Fahrern, die Geld mitbringen, um Gas geben zu können. Hülkenbergs Team will nächstes Jahr einen russischen Teenager an den Start schicken. Sauber braucht die Sponsoren-Rubel. Und bei Lotus muss sich Kandidat Hülkenberg für die Nachfolge von Räikkönen mit Pastor Maldonado messen. Der Venezolaner soll etwa 40 Millionen an Sponsorengeldern aus seiner Heimat mit im Verhandlungsgepäck haben.
Keinen Euro habe er bislang bekommen, behauptete Räikkönen in Abu Dhabi nun. "Er hat einen Vertrag mit jemandem unterschrieben und die müssen ihn auch bezahlen", sagte Formel-1-Geschäftsführer Ecclestone dem britischen "Mirror". Schon bei der Ankündigung seines Wechsels zu Ferrari hatte der 34 Jahre alte Räikkönen seinen Ärger über ausstehende Gehaltszahlungen als Grund angegeben.
Sein Noch-Arbeitgeber setzt die Hoffnungen seit Monaten auf einen Deal mit neuen Investoren. Man warte nur noch auf den Abschluss, meinte Lotus-Teammitbesitzer Gerard Lopez. 35 Prozent des Teams wurden Finanzinvestoren aus dem Grand-Prix-Gastgeberort Abu Dhabi überlassen. Geld soll aber noch nicht überwiesen worden sein.
Quelle: ntv.de, Jens Marx, dpa