Formel1

Hamilton mit allen Trümpfen Rosberg braucht ein Wüstenwunder

Die Chance auf den Titel ist da für Nico Rosberg - groß ist sie nicht.

Die Chance auf den Titel ist da für Nico Rosberg - groß ist sie nicht.

(Foto: imago/Crash Media Group)

Der Titelkampf in der Formel 1 bleibt auf dem Papier spannend. Aber groß sind die Chancen auf den Titel für Nico Rosberg nicht. Denn Interlagos zeigt: Eigentlich ist Lewis Hamilton momentan der schnellere Fahrer.

Obwohl Nico Rosberg in Brasilien triumphierte, bleibt sein Mercedes-Rivale Lewis Hamilton der große WM-Favorit. Trotz eines Fehlers zeigte der Brite auch in São Paulo, dass er derzeit das Maß aller Dinge in der Formel 1 ist. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi ist Rosberg daher auf alles Glück der Welt angewiesen, um doch noch den Titel zu holen.

Hamilton hält vor dem Saisonfinale in der Wüste Abu Dhabis alle Trümpfe in der Hand. Trotz der erstmals vergebenen doppelten Punkte genügt ihm ein 2. Platz, um seinen zweiten WM-Titel nach 2008 einzutüten. Bedenkt man, in welcher Form sich der WM-Spitzenreiter seit Monaten präsentiert, spricht alles dafür, dass er in Abu Dhabi mindestens Zweiter wird. Bei der erdrückenden Dominanz der Silberpfeile sind die ersten beiden Plätze praktisch zementiert. Auch in Brasilien fuhren die Mercedes-Piloten dem Rest der F1-Welt mühelos um die Ohren.

Rosberg muss also hoffen, dass sein Teamkollege ausfällt, oder irgendein Problem bekommt, das ihn im Rennen weit zurückwirft. Mit anderen Worten: Er braucht ein Wüsten-Wunder, um sich erstmals in seiner Karriere die Krone in der Königsklasse aufzusetzen.

Fehler Hamiltons sind die Ausnahme

Die Weltmeister-Rechnung

Lewis Hamilton startet mit 334 Punkten ins letzte Rennen in Abu Dhabi und hat 17 Zähler Vorsprung auf Nico Rosberg. Allerdings zählen die Punkte doppelt.

Hamilton wird Weltmeister, wenn:
- er in Abu Dhabi gewinnt oder Zweiter wird
- er vor Rosberg ins Ziel kommt
- er nicht ins Ziel kommt, aber Rosberg höchstens Sechster wird

Rosberg wird Weltmeister, wenn:
- er gewinnt und Hamilton höchstens Dritter
- er Zweiter wird und Hamilton höchstens Sechster
- er Dritter wird und Hamilton höchstens Siebter
- er Vierter wird und Hamilton höchstens Neunter
- er Fünfter wird und Hamilton höchstens Zehnter

Sein Teamkollege fährt derzeit in einer eigenen Liga. Auch das offenbarte das Rennen in Interlagos. Obwohl Rosberg gewann, zeigte Hamilton, dass er im Rennen momentan klar der schnellere der beiden Silberpfeile ist. Dass es für ihn am Ende nicht zum Sieg reichte, lag an einem seiner in dieser Saison ganz seltenen Fahrfehler. Im zweiten Stint wollte der Ex-Weltmeister zwei Runden länger auf der Strecke bleiben als Rosberg, um so Boden gutzumachen und vor dem Deutschen wieder aus der Box zu kommen. Der Plan schien aufzugehen. Trotz abgenutzter Reifen war Hamilton gerade die schnellste Rennrunde gefahren, als er sich vor Kurve 4 verbremste und in die Auslaufzone abflog. Bitter: Der Engländer hatte den Rat seines Renningenieurs befolgt und das Motorenprogramm auf eine andere Stufe gestellt. "Ich habe dann vergessen, die Bremsbalance entsprechend nachzujustieren. Es war mein Fehler", gab Hamilton nach Rennende zerknirscht zu Protokoll.

Klar ist: Hamilton musste in dieser Phase alles riskieren, um Rosberg zu überholen. Er fuhr über dem Limit und machte einen kleinen, aber folgenreichen Fehler. Hamilton wird seinen Patzer dennoch schnell unter der Kategorie "kann passieren" abhaken. Einen psychologischen Knacks wird er ihm nicht versetzen. Dafür fuhr er im Anschluss wieder viel zu stark. Binnen weniger Runden schloss er nach dem zweiten Stopp die 7-Sekunden-Lücke zu Rosberg, die sein Abflug gerissen hatte. Vor dem letzten Boxenbesuch war er wieder in Schlagdistanz. "Trotzdem hat er die Reifen geschont", staunten die Ingenieure des Briten am Kommandostand. Und das ist das wirklich Beeindruckende an Hamiltons Form. Er ist nicht nur der Schnellste, er geht auch noch schonend mit seinen Pneus um. "Das war die Antwort an all jene, die mir immer reifenmordendes Fahren vorwerfen", sagte der zehnmalige Saisonsieger mit entsprechend breiter Brust nach dem Rennen.

Rosbergs Rechnung geht knapp auf

Obwohl es für Hamilton schwieriger war, hinter dem Führenden Rosberg seine Reifen zu schonen, war sein Reifenmanagement über die Distanz gesehen besser. Rosbergs Reifen machten stets früher schlapp, auch deshalb konnte Hamilton immer so gut aufholen. Natürlich beteuerte der Deutsche nach dem Rennen, er habe seinen Vorsprung stets verwaltet und seinerseits auf die Reifen geachtet - Psychospielchen. Es ist reichlich unwahrscheinlich, dass Rosberg in seiner Situation einen 7-Sekunden-Vorsprung zu einem Abstand zusammenschmelzen ließ, der ihn beim kleinsten Fehler seiner Boxencrew den zwingend nötigen Sieg gekostet hätte.

Tatsächlich bogen beide Silberpfeile nach dem letzten Stopp unmittelbar hintereinander auf die Gegengerade. Für Rosberg reichte es nur hauchdünn, um seine Führung zu behaupten. Dass der Deutsche im Cockpit so gut kalkulierte, ist - bei allem Respekt vor seiner analytischen Fahrweise - äußerst unwahrscheinlich. Rosbergs wirkliche Großtat war, dass er sein zartes Zehntelpolsterchen in der Schlussphase unter Druck ins Ziel rettete.

Auf der Wüstenstrecke Abu Dhabis muss also Außergewöhnliches passieren, damit Hamilton die Weltmeisterschaft noch aus den Händen gleitet. Doppelte Punkte hin oder her - der Engländer fährt unweigerlich auf Titelkurs. In gewisser Weise fliegt er in zwei Wochen sogar gestärkt ins Reich der Scheichs. Er muss nur fahren wie immer, dann ist sein zweiter Titel unter Dach und Fach. Mit zehn Saisonsiegen und überragenden Leistungen in Serie wäre er ein mehr als verdienter Champion.

Quelle: ntv.de, sport.de

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