Debakel statt Dominanz "Suzie" lässt Vettel in Melbourne stehen
16.03.2014, 13:37 Uhr
Misslaunig? Motivierend: Sebastian Vettel machte seinem Team nach dem Ausfall in Melbourne Mut.
(Foto: imago/LAT Photographic)
Nach neun Erfolgen reißt die Siegesserie von Dauer-Weltmeister Sebastian Vettel in der Formel 1. Beim Saisonstart in Australien erlebt der Red-Bull-Pilot das befürchtete Fiasko. Der Grund: Die Power-Unit im RB10 bleibt eine Problem-Einheit.
Sebastian Vettels Stimme über den Boxenfunk klang wie ein Anruf bei einer dieser unsäglichen Telefon-Hotlines. Erst fragend, dann genervt, schließlich leicht panisch kreischend. Geholfen werden konnte dem Weltmeister am Ende natürlich trotzdem nicht. Nach ein paar Kilometern im Albert Park von Melbourne war der Saisonauftakt ins Wasser gefallen. Die zickige "Suzie" hatte Vettel erst die Nerven und dann alle Chancen geraubt, die Zielflagge zu sehen.
"Für mich war es eher ein bescheidenes Wochenende", sagte Vettel, als seine Konkurrenten noch fleißig ihre Runden drehten: "Den Fehler von gestern konnten wir beheben, aber aus noch unerklärlichen Gründen haben wir unheimlich viel Leistung verloren. Das ganze System hängt zusammen, und wenn dann eine Komponente nicht funktioniert, in diesem Fall denke ich war es der Motor, dann läuft der Rest auf nicht rund. Man hat es ja dann gesehen, ich war sehr unterlegen. Wir haben alles versucht im Auto, es wachzurütteln, zum Leben zu erwecken, aber es hat nicht funktioniert."
"Kopf nicht hängen lassen"
Vettel wirkte gefasst, wirklich überraschend war der erste Ausfall seit den Getriebeproblemen im letzten Jahr in Silverstone nicht gekommen. Den großen Rückstand aus den Tests in Jerez und Bahrain konnte auch das kurze Aufflackern mit der viertbesten Zeit im Training am Freitag nicht vergessen machen. Spätestens im Qualifying war mit der verpassten Top 10 deutlich zu sehen, wie schwer sich der Heppenheimer derzeit tut.
Aber statt schlechte Laune zu verbreiten, machte Vettel den Motivator: "Ich habe den Jungs schon gesagt, sie sollen den Kopf nicht hängen lassen. Natürlich sind gerade die Renault-Leute (Motoren-Hersteller, d. Red.) jetzt extrem enttäuscht, aber wir sind ein Team, hängen da zusammen drin und deswegen habe ich direkt gesagt: Kopf hoch."
"Großer Verlust von Ladedruck"
Als er noch in seinem RB10 gesessen hatte, klang es allerdings noch ein bisschen anders. Über den Boxenfunk beklagte Vettel in der Einführungsrunde einen "großen Verlust von Ladedruck", wenig später fragte er die Box: "Ist es normal, dass ich so wenig Power habe?" Kaum war das Rennen gestartet, funkte Vettel leicht panisch: "Der Motor läuft nicht rund." Wenig später steuerte der Seriensieger des Vorjahres die Box an und stellte den "Suzie" getauften RB10 ab. Ein kleiner Hoffnungsschimmer fürs Team, aber auch für Vettel, war der zweite Platz seines neuen Teamkollegen Daniel Ricciardo - auch wenn er von den Rennkommissare wegen eines irregulären Benzindurchflusses nachträglich aberkannt wurde.
Ricciardo lag zwar meilenweit hinter dem überlegenen Sieger Nico Rosberg im Mercedes. Doch immerhin konnte Red Bull sehen, dass der neue Bolide schnell sein kann - wenn er denn läuft. Fraglich ist allerdings, inwiefern der erhöhte Benzindurchfluss die Leistung irregulär beeinflusste.
Turbo-Ära startet mit Stillstand
Für Vettel beginnt mit dem Aus in Australien auch eine neue Zeitrechnung. Neun Rennen hatte der 26-Jährige zum Ende der letzten Saison in Serie gewonnen - so viele wie kein anderer vor ihm. Er hatte sich den Namen des "Renn-Roboters" verdient, seine Konkurrenten waren bei insgesamt 13 Erfolgen in einer Saison nicht mehr als Statisten.
"Ich genieße das sehr, denn niemand weiß, wie lange wir so dominant sein können", hatte Vettel nach dem Saisonfinale 2013 in Brasilien gesagt. Scheinbar hatte er eine Vorahnung, was seinem Team nach den tiefgreifenden Regeländerungen zum Beginn der neuen Turbo-Ära blühen könnte.
Quelle: ntv.de, Thomas Wolfer, sid