Formel1

Die F1-Lehren von Abu Dhabi Unwürdiges Regel-Drama nach Jahrhundert-Duell

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In 71 Formel-1-Jahren hat es so ein Duell noch nicht gegeben. Ein Rennen für die Ewigkeit entscheidet die Weltmeisterschaft, obwohl es am Grünen Tisch in eine unwürdige Verlängerung geht. Die Regeln müssen dringend überarbeitet werden.

Diese Saison, dieses letzte Rennen - lange wird darüber noch geredet werden. Eine Formel-1-Weltmeisterschaft, die an Drama nicht mehr zu überbieten war. Ein Duell der Generationen und Typen, die punktgleich in den Showdown starteten. Und das zwischen dem neuen Titelträger Max Verstappen und dem entthronten Rekordweltmeister Lewis Hamilton auf der allerletzten Runde der Saison entschieden wurde. Weil Verstappen so ist, wie er ist, aber vor allem auch, weil die Rennleitung eine Entscheidung traf, die für ein Nachspiel sorgte im giftigen Zoff-Duell zwischen Red Bull und Mercedes. Die Lehren aus dem WM-Finale.

Ein Weltmeister in Warteschleife geht nicht

Teamchef Christian Horner nahm ihn in die Arme und flüsterte Max Verstappen die erlösende Nachricht ins Ohr. Das war rund vier Stunden, nachdem sich beide schon so frenetisch und ausgelassen über den Titelgewinn des 24-Jährigen gefreut hatten. Doch dann kam, was kommen musste: Ein Protest gegen das Vorgehen der Rennleitung in der alles entscheidenden Phase, eingelegt von Mercedes.

Doch kann die Schuld für die dann folgende Ungewissheit bis kurz vor Mitternacht in Abu Dhabi nicht den Silberpfeilen gegeben werden. Red Bull hätte nach allem Ermessen und den Erfahrungen aus der Vergangenheit sicherlich dasselbe gemacht, wäre nicht Hamilton, sondern Verstappen der Leidtragende gewesen.

Das Ergebnis blieb letztlich wie es war, und Verstappen antwortete auf die Frage, wie erleichtert er sei nach Horners Botschaft: "Sehr." Doch dass die Partys eigentlich erst nach dem Spruch der Kommissare hätten anfangen können, Stunden nach Rennende, ist nicht zumutbar.

Die Regeln müssen überarbeitet und vereinfacht werden

Dass es so kam, liegt an den Regeln. Dass sie immer wieder zu Diskussionen führen, zeigte auch die Begründung der vier Rennkommissare Garry Connelly, Felix Holter, Derek Warwick, und Mohamed Al Hashmi, mit der sie den Protest abschmetterten. Dazu wiederum bedienten sie sich bemerkenswerterweise auch der Argumente von Red Bull, das Team war als betroffene dritte Partie mit bei der Anhörung. Es ging um Formulierungen und Auslegungen der Begriffe "any" und "all" im englischsprachigen Regelwerk, weil nur fünf statt der acht Wagen sich vor dem Ende der Safety Car Phase hatten zurück runden dürfen.

Es ging darum, dass der Artikel 48.13 den Artikel 48.12 überschreiben könne und dass auch noch Artikel 15.3 dem Renndirektor "übergeordnete Autorität" beim Einsatz des Safety Cars verleihe, weil dieses nicht, wie in der Regel festgeschrieben, erst am Ende der darauffolgenden Runde wieder reingekommen war. Dann wäre das Rennen und die Saison nämlich hinter dem Wagen mit Bernd Mayländer am Steuer zu Ende gegangen.

Renndirektor Michael Masi, wegen des öffentlich übertragenen Basar-artigen Handelns via Funk schon eine Woche vorher in der Kritik, argumentierte zudem, dass es schon lange Einigkeit auch mit den Teams gebe, Rennen eben nicht hinter dem Safety Car zu beenden. Aber wie sollen Fans, die gerade ihren neuen Weltmeister feiern, das alles noch nachvollziehen können?

Max Verstappen hat es verdient

Die Umstände seines zehnten Saisonsieges waren natürlich mehr als glücklich. Verstappen hatte unter normalen Rennumständen keine Chance mehr nach seinem schlechten Start, als Hamilton direkt vorbeigezogen war. Red Bull versuchte zwar alles, zog den Teamkollegen-Joker, als Sergio Perez - alles völlig legitim und einfach nur clever - länger vor einem Reifenwechsel draußen blieb, um Hamilton dann einzubremsen. Das gelang. Verstappen kam ran, konnte aber nichts ausrichten, als Hamilton den Kampf mit Perez gewonnen hatte.

Die Attacke aber in der letzten Runde passte zum Titelträger 2021. "Er hat es im typischen Max-Stil gemacht", kommentierte Teamchef Horner. Verstappen blieb keine Wahl, er nutzte die Gelegenheit, zeigte keine Nerven und fuhr auf den deutlich schnelleren Gummis, die er noch mal bekommen hatte, davon ins Titelglück.

Die Gifterei geht weiter

Der Mercedes-Protest war nachvollziehbar. Ob das Team weiter gegen die Wertung vorgeht, behielt es sich vor, hinterlegte aber schon mal eine entsprechende Absichtsnotiz. Dass der ein oder andere von Red Bull die Proteste von Mercedes zum Anlass für weitere Zoff-Attacken nahm, konnte am Ende dieser Saison nicht mehr überraschen. "Widerlich", hieß es von Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko. "Unwürdige Verlierer" - und noch einiges mehr. Auf die Reaktion von Mercedes wird noch gewartet. Vorbei ist das alles noch lange nicht.

Auch in der Niederlage bleibt Hamilton fair

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Der erfolgreichste Fahrer der WM-Geschichte heißt immer noch Lewis Hamilton, auch mit "nur" sieben Weltmeisterschaften. Im Mercedes-Lager konnte einem der Brite am meisten leidtun in Abu Dhabi. Den achten Titel hatte er fest im Blick, als seine Chancen durch das Safety Car kurz vor Rennende auf ein Minimum schrumpften. Der 103-malige Grand-Prix-Sieger war sichtbar enttäuscht nach Platz zwei im Rennen und damit in der WM, doch er erwies sich als fairer Verlierer im Roulette am Ende einer denkwürdigen Saison, die auch ihn als Weltmeister verdient gehabt hätte.

Vettel fährt hinterher und gewinnt

Auch Sebastian Vettel erhielt einen Pokal. Einen, auf den der Heppenheimer vermutlich gut hätte verzichten können: Der viermalige Weltmeister wurde als Fahrer mit den meisten Überholmanövern des Jahres ausgezeichnet. Dies "glückte" ihm, weil sein Aston Martin im Qualifying in aller Regel erheblich schwächelte. Von weit hinten machte Vettel in den Rennen oft einige Plätze gut, das summiert sich. Mehr als WM-Platz zwölf mit 43 Punkten war allerdings nicht drin. Wehmütig wird sich Vettel an seine Weltmeisterjahre im Red Bull zurückerinnern. Zwischen 2010 und 2013 überholte er deutlich weniger Kontrahenten - weil er meist ganz vorne losfuhr und dort auch blieb. Vorne aber fuhren in dieser Saison ganz andere Fahrer.

Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid

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