Holt Red Bull wirklich auf? Vettel fürchtet einen Mercedes-Bluff
31.03.2014, 12:52 Uhr
Es war eine schweißtreibende Angelegenheit in Malaysia, auch für RTL-Reporter Kai Ebel, hier im Interview mit Sebastian Vettel.
(Foto: imago/Thomas Melzer)
Der erste Podiumsplatz schon im zweiten Rennen, und das nach verpatzten Tests und einem katastrophalen Auftakt in die Formel-1-Saison: Sebastian Vettel fordert die dominierenden Silberpfeile heraus - so scheint es. Doch Mercedes hat wohl noch etwas in der Hinterhand.
Sebastian Vettel fährt schon wieder im Angriffsmodus. Der 26-Jährige und sein Team freuten sich nach der Nullnummer zum Saisonauftakt nicht nur über die ersten WM-Zähler in Malaysia, sondern auch über die deutlichen Fortschritte, die der RB10 in den vergangenen Wochen gemacht hat. "Schaut euch doch an, wo wir vor eineinhalb Monaten standen", sagte Vettel. "Da waren wir von zehn Runden am Stück weit entfernt."
Jetzt bestand sein Auto die Feuertaufe beim Sauna-GP in Kuala Lumpur. "Das war eines der schwierigsten Rennen, was die Temperaturen und die Belastung für das Auto betrifft", sagte Vettel, dessen Auto sogar noch ein bisschen mehr schaffte. Während des Rennens war der viermalige Champion in der Lage, Druck auf zumindest einen der beiden Silberpfeile auszuüben. "Am letzten Testtag war Sebastian vier Sekunden pro Runde langsamer als ich, vier Wochen später ist er in meinem Rückspiegel", stellte Nico Rosberg erstaunt fest. Am Ende war sein Silberpfeil trotz offensichtlicher Probleme aber dennoch schneller und es reichte für Lewis Hamilton und Rosberg zum ersten Doppelsieg eines Mercedes-Werksteams seit 1955.
Horner rechnet mit Verbesserungen
Trotz des großartigen Ergebnisses schlug Mercedes-Sportchef Toto Wolf angesichts des Entwicklungstempos von Red Bull auch kritische Töne an. "Wir sind natürlich sehr stolz. Wir dürfen aber nicht selbstgefällig werden. Red Bull hing uns heute direkt am Arsch. Und das obwohl sie zwei Drittel der Testfahrten verpasst haben", sagte Wolf. "Das war ein notwendiger Weckruf."
Für die Bullen dagegen ist es ein Motivationsschub. "Es ist unglaublich, was wir in kurzer Zeit geschafft haben", freute sich Teamchef Christian Horner. "Und beim Motor geht noch mehr. Beim Testen war der Antrieb bei 10 Prozent, in Australien waren wir bei 60 Prozent, jetzt vielleicht bei 65 Prozent." Trotz der Homologation der Antriebseinheiten - sprich: an den Motoren darf nicht mehr gebastelt werden - sieht Horner noch viel Verbesserungspotenzial: "Ich glaube, dass die meisten unserer Probleme mit der Software zu tun haben. Deshalb können die notwendigen Schritte trotz der Homologation der Motoren gemacht werden."
Was hat Mercedes noch in der Hinterhand?
Zusätzlich betreibt das österreichische Team auch bei der Weiterentwicklung von Aerodynamik und Chassis einen extremen Aufwand. "Ich habe gehört, dass bei unserem Hauptmitbewerber 60 Kisten mit dem Früh- und dem Abendflug gekommen sind - und das an jedem Tag", stellte Mercedes-Sportchef Wolf erstaunt fest. "Ich weiß nicht wie viel es bei uns waren, aber wahrscheinlich 5 oder 10 Mal weniger." MercedesAMG-Aufsichtsratschef Niki Lauda nahm seine Truppe in die Pflicht: "Man muss wirklich aufpassen, wie schnell die Entwicklung bei Red Bull weitergeht." Schon jetzt sei Red Bull hinter Mercedes mit Abstand die Nummer 2 vor Ferrari als dritter Kraft. Dass die Kräfteverhältnisse schon am kommenden Wochenende in Bahrain kippen könnten, glauben aber weder Lauda noch Vettel.
"Mercedes hat immer eine Antwort in der Hinterhand", warnt Vettel. Auch er ahnt, dass die Silberpfeile ihr ganzes Potenzial möglicherweise noch gar nicht gezeigt haben. Denn auch die Experten bei Red Bull werden bemerkt haben: Rosberg gewann in Australien mit 24 Sekunden vor dem Zweitplatzierten, aber später disqualifizierten Ricciardo. In Malaysia hatte Hamilton 24 Sekunden Vorsprung vor Vettel, dem ersten Nicht-Mercedes-Fahrer. 24 Sekunden - das ist exakt die Zeit, die gereicht hätte, um mit einem weiteren Boxenstopp nicht die Führung zu verlieren.
Das heißt: Mercedes zeigte offenbar nur so viel, wie nötig war, um den Sieg sicher ins Ziel zu bringen. Aussagen der Verantwortlichen bestätigen diese Vermutung. "Es ging darum, das Auto für 56 Runden zu verwalten, ohne dabei Probleme zu haben oder Fehler zu machen", verriet Teamchef Paddy Lowe. Und Wolf ergänzte: "Beim Motor waren wir heute auf der sicheren Seite. Das heißt, dass wir nicht immer voll gefahren sind - vor allem wegen der Kühlung." Was Mercedes wirklich kann, wird sich erst zeigen, wenn Red Bull die Lücke weiter schließen kann. Vettel ist zuversichtlich, bald auf Augenhöhe mit Hamilton und Rosberg kämpfen zu können. "Es sieht im Moment so aus, als würden wir größere Schritte machen als sie", erhöhte der Champion verbal schon einmal den Druck.
Quelle: ntv.de, sport.de