Halbzeitschock im EM-Halbfinale Boateng muss raus, Frankreich erhöht
07.07.2016, 21:57 Uhr
Jérôme Boateng sah von der Bank, wie Frankreich erneut traf - nach katastrophaler deutscher Abwehr.
(Foto: dpa)
Die Anfangsphase gehört Frankreich, danach dominiert Deutschland das EM-Halbfinale. Dann der Schock kurz vor dem Pausenpfiff: Aussetzer Schweinsteiger, Handelfmeter, Tor. In der 2. Halbzeit dann der nächste Schock: Boateng muss verletzt raus. Kurz darauf fällt ein Tor - nicht für Deutschland.
Die Chancen von Fußball-Weltmeister Deutschland im Halbfinalduell mit Frankreich werden immer kleiner, die Personalsorgen immer größer. Nach den Ausfällen von Mario Gomez und Sami Khedira (beide verletzt) und dem gesperrten Mats Hummels muss die DFB-Elf seit der 62. Minute nun auch noch auf den bislang überragenden Abwehrchef Jérôme Boateng verzichten. Der Münchner zog sich ohne Einwirkung eines Gegenspielers bei einem langen Pass eine Verletzung am rechten Oberschenkel zu, für ihn kommt Shkodran Mustafi. Der Spanien-Legionär bildet nun gemeinsam mit Benedikt Höwedes die Innenverteidigung.
Damit wird die Aufgabe für Deutschland gegen die konterstarken Franzosen nicht leichter, die kurz nach Boatengs Auswechslung auf 2:0 erhöhten. Eingeleitet wurde das Tor durch einen schweren Patzer von Jungstar Joshua Kimmich, dann tanzte Paul Pogba an der Strafraumgrenze Mustafi aus, flankte. Torwart Manuel Neuer kam mit einer Faust an den Ball, konnte aber nicht richtig klären. Antoine Griezmann (72.) stocherte den Ball über die Linie, es war sein sechstes EM-Tor.
Und es war sein zweiter Treffer im laufenden Spiel. Mit dem Pausenpfiff hatte Griezmann den EM-Gastgeber durch einen verwandelten Handelfmeter. Nach einer Ecke war DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger der Ball bei einem Kopfball von Patrice Evra an die Hand gesprungen, die er über dem Kopf gehalten hatte.

Antoine Griezmann brachte das DFB-Team in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit per Elfmeter in Führung.
(Foto: REUTERS)
Die Szene war ähnlich unnötig wie der im EM-Viertelfinale verschuldete Handelfmeter von Jérôme Boateng gegen Italien. Doppelt bitter: Deutschland war bis bis dahin besser gewesen.
Löw baut auch taktisch um
Mit seiner Aufstellung hatte Bundestrainer Joachim Löw dann doch mal wieder überrascht. Dass Schweinsteiger beginnen würde, hatte der Bundestrainer bereits am Vorabend verraten, und doch stand beim Anpfiff dann auch noch Can auf dem Spielfeld. In seinen bisherigen sechs Länderspielen hatte der 22-Jährige stets Rechtsverteidiger gespielt. Diesmal sollte er mithelfen, das Zentrum zu verdichten.
Deutschland kam aber kollektiv erst einmal gewaltig ins Schwimmen. In den ersten Minuten machten die Franzosen wie im Viertelfinale gegen Island (5:2) enorm Druck, die deutsche Mannschaft wirkte längst nicht sortiert und sogar überrascht vom Anfangswirbel. Neuer vereitelte einen Rückstand, als er einen Schuss von Antoine Griezmann parierte. Der Franzose war zuvor an Mesut Özil und Höwedes vorbeigestürmt (7.).
DFB-Elf spielt mit und hat Chancen
Erst nach dieser Szene gelang es der deutschen Mannschaft, das Spiel ein wenig zu beruhigen. Auch das Passspiel wurde besser. Prompt ergaben sich zwei gute Gelegenheiten: Nach Vorlage Cans verpasste Thomas Müller knapp den Ball (13.), kurz darauf war es der französische Torhüter Hugo Lloris, der einen Linksschuss von Can nach Vorlage von Özil glänzend parierte.
Keine Frage, die deutsche Mannschaft war jetzt im Spiel, sie hatte es weitgehend im Griff. Can und Joshua Kimmich waren auf der rechten Seite ein gutes Tandem, auch wenn es bei Kontern der Franzosen ein wenig unsicher wirkte. Der Chef auf dem Spielfeld war jetzt Schweinsteiger. Und er prüfte zwischendurch in der 25. Minute Lloris mit einem geschlenzten Schuss aus gut 20 Metern. Die beste Chancen ergab sich dann aber doch für die Franzosen: Olivier Giroud gewann auf Höhe der Mittellinie ein Kopfballduell gegen Jerome Boatang und lief auf und davon, verfolgt allein von Höwedes - im letzten Moment klärte der Schalker im Strafraum mit einer herausragenden Grätsche (42.).
Quelle: ntv.de, cwo/sid